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Dade Behring setzt auf PVDF

Leistungsfähiges Pharmawasserkonzept für Marburg
Dade Behring setzt auf PVDF

In den letzten Jahren hat Dade Behring, das weltweit größte Unternehmen, das sich ausschließlich auf klinische Diagnostik konzentriert, drei neue Anlagen zur Aufbereitung von Purified Water in Betrieb genommen. Die PW-Anlagen versorgen über mehrere Ringleitungssysteme insgesamt sechs Gebäude am Standort Marburg. Da viele der dort produzierten diagnotischen Produkte eine hohe Sensitivität gegenüber Metallionen aufweisen, kam der Wahl des Werkstoffes für Behälter und Rohre besondere Bedeutung zu.

Dipl.-Ing. Ulrich Träger

Dade Behring bietet eine breit gefächerte Auswahl an Produkten, Systemen und Dienstleistungen, die den täglichen Anforderungen von medizinischen Labors Rechnung trägt. Das heutige Unternehmen ist aus Gesellschaften hervorgegangen, die sich seit mehr als 100 Jahren als Innovatoren in der klinischen Diagnostik einen Namen gemacht haben. Dade Behring wurde 1997 infolge einer Fusion zwischen der Dade International und der Behring Diagnostics-Einheit der Hoechst AG gegründet. Zuvor wurden in diesen Gesellschaften die Diagnostiksparten der DuPont Company, Syva Company und Baxter Healthcare zusammengefasst. Jetzt steht Dade Behring mit Erträgen von nahezu 1,7 Mrd. US-Dollar im Jahr 2006 unter den größten Diagnostikunternehmen der Welt an 6. Stelle. Das Unternehmen beschäftigt weltweit ca. 6400 Mitarbeiter, 1150 alleine am Standort Marburg, wo die Produktentwicklung und Herstellung der Produktbereiche Gerinnungsdiagnostik, Plasmaproteindiagnostik und Infektionsdiagnostik angesiedelt sind.
Ausgangslage
Der Standort Marburg verfügte über mehrere zentrale Ionentauscheranlagen und kontinuierlich gewachsene Verteilsysteme für vollentsalztes Wasser, deren Nutzungszeit durchweg zehn Jahre und mehr überschritten hatte. Zur eigentlichen Erzeugung von Purified Water (PW) wurden mehrere dezentrale Reinstwassersysteme eingesetzt, die Einhaltung der geforderten Qualität wurde durch ein entsprechendes Monitoring-Programm dokumentiert. Da die Aufbereitungsleistung nicht mehr auf den tatsächlichen Bedarf abgestimmt und das gesamte System nicht dem aktuellen Stand der Technik entsprach, entschied das Unternehmen sich Ende 2000 zu einem komplett neuen Aufbau GMP-gerechter Wassersysteme, die folgende Kriterien erfüllen mussten:
  • Wasserqualität gemäß Pharm. Eur und USP 24
  • Konformität gegenüber den aktuellen FDA-Richtlinien für PW-Systeme (insbesondere Guide to Inspection of High Purity Water Systems)
  • Berücksichtigung der ISPE Baseline „Guide Water and Steam System“
  • Verbesserung der Versorgungssicherheit und Prozesskontrolle
  • Reduktion der Zapfstellen und des daraus resultierenden Monitoring
Sorgfältige Werkstoffwahl
Zur Umsetzung wurden in drei Projektphasen insgesamt drei PW-Anlagen zur Aufbereitung von Purified Water realisiert, die über mehrere Ringleitungssysteme insgesamt sechs Gebäude versorgen. Die Aufbereitungsleistungen der drei Anlagen liegen im Bereich von 800 bis 5600 l/h. Das erzeugte PW wird über vier Kaltloop-Systeme und ein Heißloop-System in den einzelnen Gebäuden verteilt.
Bereits im Vorfeld der Anlagenplanung wurden die verschiedenen Rohrleitungswerkstoffe, aber auch die möglichen Werkstoffe zur Fertigung der notwendigen Lagerbehälter diskutiert und bewertet. Die von Dade Behring am Standort Marburg hergestellten Diagnostika weisen eine hohe Sensitivität gegenüber Metallionen auf. Aus diesem Grund wurde im Vorfeld der Realisierung geprüft, wie sich die Werkstoffe Edelstahl 316 l und PVDF in Verbindung mit hochreinem Wasser auf ein mögliches Leach-Out verhalten. Zunächst wurden an verschiedenen, bereits installierten PW-Systemen mit unterschiedlichen Werkstoffkombinationen entsprechende Proben genommen und über die ICP-MS, ICP-AES und GFAAS auf 31 Elemente analysiert. Neben etablierten PW-Anlagen aus Edelstahl 316 l wurden vor allem auch Proben aus dem Bereich der PW-Anlagen aus PVDF gezogen. Die Auswertung der Analysen zeigte teilweise signifikante Unterschiede, beispielsweise bei Natrium und Kupfer. Aufgrund des geringen Leach-out des hochreinen Werkstoffs PVDF distanzierten sich diese Systeme gegenüber den in 316L ausgeführten Anlagen deutlich. Im Vergleich zu den Grenzwerten für Schwermetalle der Pharm. Eur. muss hier jedoch festgehalten werden, dass sich die Unterschiede überwiegend im zweistelligen ppt-Bereich bewegen.
Das Konzept der eigentlichen drei PW-Aufbereitungsanlagen wurde anschließend durch die Wilhelm Werner GmbH realisiert, da das Unternehmen weitreichende Erfahrung mit PW-Systemen aus PVDF vorweisen konnte und hier schon Langzeiterfahrungen vorlagen. Neben den etablierten Aufbereitungsverfahren der Enthärtung (qualitätsüberwacht), der Reversen Osmose und CEDI (Elektrochemische Entionisierung) zeichnen sich diese drei Anlagen durch ein der Reversen Osmose vorgelagertes Rezirkulationssystem UV-Plus aus. Mit dieser besonderen Technik kann eine kontinuierliche Betriebsweise mit dem damit verbundenen reduzierten Risiko einer mikrobiologischen Rekontamination bei gleichzeitiger Reduktion des Abwasseranteils sichergestellt werden. Das der Reversen Osmose zugeführte, konditionierte Trinkwasser wird im Produktionsbetrieb über die UV-Desinfektion mit 1200 J/m² Intensität behandelt, im Stand-by-Betrieb steigt die Intensität durch den reduzierten Durchfluss sogar auf 3000 J/m² (vergl. Richtlinie Trinkwasser 400 J/m²).
PVDF auch im Lager- und Verteilsystem
Die vier Kaltloop-Systeme wurden einschließlich der erforderlichen Lagerbehälter konsequent in PVDF-HP realisiert. Jeder Loop wird über zwei redundant ausgelegte Pumpen im Aseptik-Design gespeist, im Vorlauf eines jeden Loop sichert eine zusätzliche UV-Desinfektion mit 1200 J/m² Bestrahlungsintensität die mikrobiologische Reinheit. Durch das breit gefächerte Angebot an Kalt- und Warmmedien wurde jeder Loop weiterhin mit insgesamt drei Doppelboden-Rohrbündelwärmetauschern ausgerüstet. Ein Wärmetauscher sichert im täglichen Produktionsbetrieb eine maximale Wassertemperatur von 20 °C, zyklisch erfolgt weiterhin eine thermische Sanitisierung des gesamten Loops einschließlich Lagerbehälter bei >80 °C. Eine ursprünglich angedachte Ozonisierung der Kaltloops wurde aufgrund der Empfindlichkeit der Produkte verworfen, so dass bereits in der Vorplanung das zuverlässige und bewährte Verfahren der Heißwassersanitisierung präferiert wurde. Ein zweiter positiver Aspekt zeigte sich in dem gegenüber der Ozonisierung deutlich geringeren Validierungsaufwand.
Der konsequente Einsatz des Werkstoffes PVDF für den Loop und die anlageninterne Verrohrung stellt ein wesentliches Merkmal dieser Anlagen und Verteilsysteme dar. Mit einer im Vergleich zum konventionellen Edelstahl mehrfach verbesserten Oberflächengüte von Ra <0,25 µm (auch im Schweißnahtbereich) und den deutlich günstigeren physiologischen Eigenschaften (Ionen- und TOC Leach-out) bietet dieser thermisch stabile Werkstoff einen signifikanten Mehrwert für den Nutzer. Das unter Reinraumbedingungen produzierte und doppelt verpackte Material wird unter hygienischen Bedingungen verarbeitet und installiert und bedarf keiner weiteren Behandlung. Die erzeugte Wasserqualität steht direkt nach dem Systemstart und einer ersten Sanitisierung zur Verfügung. Ein weiterer wesentlicher Vorteil von PVDF sind seine guten thermischen Eigenschaften. PVDF ist einsetzbar im Temperaturbereich von -20°C bis 140 °C. Der Kunststoff ist ein guter Wärmeisolator, seine Wärmeleitfähigkeit liegt bei 0,19 W/mK, der Wert für Edelstahl beträgt 250 W/mK. Daher kann in den meisten heißgefahrenen PVDF-Systemen auf eine Wärmeschutzisolierung verzichtet werden.
Besondere Beachtung galt der Planung und Herstellung der insgesamt ca. 2320 m langen PVDF-Rohrleitungen, verteilt auf vier Loops im Bereich von 345 bis 838 m Länge mit insgesamt 69 Zapfstellen. Aufgrund des gegenüber Edelstahl 10-fach höheren thermischen Ausdehnungskoeffizienten (ca. 0,13 mm/m K) musste die Längenausdehnung der einzelnen Teilstrecken durch Ausgleichschenkel kompensiert werden. Durch den Einsatz von Festschellen und speziellen Gleitschellen konnte die Ausdehnungsrichtung der einzelnen Rohrleitungsabschnitte für den Fall der geplanten zyklischen Sanitisierung exakt vorgegeben werden. Gleichzeitig wurde auch die restlose Entleerbarkeit und Totraumfreiheit des gesamten Systems sichergestellt.
Erfolgreiche PQ
Nach Inbetriebnahme und abgeschlossener Operational Qualification (OQ) erfolgte mit Start der Performance Qualification in Phase I ein vierwöchiger Probebetrieb durch den Betreiber mit Überwachung der einzuhaltenden Betriebsparameter und täglicher Beprobung. Im Anschluß gliederte sich die PQ Phase II (vier Wochen) sowie die PQ Phase III mit einem Jahr Routinemonitoring bis einschließlich Oktober 2003. Die in dieser Zeit durchgeführten Wasseranalysen zeigten überaus zufriedenstellende Messergebnisse (Tabelle).
Der eingesetzte Werkstoff PVDF-HP in Kombination mit thermischer Sanitisierung hat sich bis heute hervorragend bewährt. Nachträgliche Änderungen und Erweiterungen waren auch in der laufenden Produktion leicht durchzuführen.
cav 493

Reinstwasseranlagen von Wilhelm Werner
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