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Dauerhaft dicht

Elastomerkonstruktionen für Ventilöffnungen in Glasreaktoren
Dauerhaft dicht

Glasreaktorgefäße finden breite Anwendung in der Pharmaproduktion. Sie sind nicht nur gegen viele aggressive Stoffe beständig, sondern kontaminieren außerdem nicht den Prozess. Bei Ventilen für Glasreaktorgefäße ist die Dichtungstechnik lange Zeit hinter der von Stahlgefäßen zurückgeblieben, da die Maßtoleranzen an Ein- und Auslässen wesentlich größer als bei Stahl sind. Eine Elastomerdichtungskonstruktion ist für diesen Zweck ideal, denn ihre Flexibilität überbrückt die Ungenauigkeiten der Glasöffnungen.

John Kerwin

Glasreaktoren können bei atmosphärischem Druck betrieben werden, bei hohen Temperaturen oder auch unter Vakuum. Sie umschließen nicht nur chemische Reaktionen, sondern werden auch zum Mischen, Erwärmen, Lagern, Auskristallisieren und Verdampfen benutzt. Im Allgemeinen haben Reaktionsgefäße aus Glas oder mit Glasbeschichtung ein Fassungsvermögen zwischen 1000 und 11 000 l. Die Gefäße verfügen außerdem meist über eine Temperaturisolierschicht, Ein- und Auslassventile und verschiedene Öffnungen zur Sondierung, Injektion und Be-/Entlüftung. Beim Anschluss von Ventilen und Sonden stellt sich das Problem großer Toleranzen bei den Abmessungen der Öffnungen, die sich durch die Herstellung des Glasgefäßes ergeben. Dichtungen aus Elastomeren sind für diesen Zweck ideal, denn ihre Flexibilität überbrückt die Ungenauigkeiten der Glasöffnungen und sorgt für eine wirksame Abdichtung. Es gibt zahlreiche Elastomertypen, von denen jeder gegen eine andere Prozessumgebung oder auch gegen mehrere gleichzeitig beständig ist. Die Auswahl umfasst Beständigkeiten gegen hohe Temperaturen, niedrige Temperaturen, Öle und Fette, Treibstoffe, Lösemittel, Sauerstoff und Ozon, eine breite Palette von Chemikalien und pH-Werte von sauer bis basisch. Unter den betreffenden Prozessbedingungen muss das Elastomer seine Betriebseigenschaften wie Festigkeit, Maßhaltigkeit und Elastizität beibehalten.
Wahl des Polymers
Die Wahl des richtigen Gummis ist notwendigerweise immer ein Kompromiss. Kein Gummi hat alle chemischen, thermischen und mechanischen Eigenschaften, die er brauchen würde, um jedem API-Herstellungsprozess gerecht zu werden. Dem Konstrukteur/Hersteller der Dichtung stellen sich zwei Optionen: Entweder wählt man den Polymertyp nach den erwünschten primären Eigenschaften und mildert die anderen, ungünstigeren Eigenschaften durch Beimischen verschiedener Stoffe so gut es geht ab, oder man sucht einen Polymertyp mit einem guten Kompromiss aus Eigenschaften und verbessert durch vorsichtiges Beimischen eine oder mehrere dieser Eigenschaften noch etwas. Je anspruchsvoller der Prozess, desto geringer wird dabei die Auswahl der verfügbaren Elastomere. Auch eine erforderliche Konformität mit internationalen Lebensmittel-, Trinkwasser- und toxikologischen Standards wie z. B. FDA, Food Contact Notification (FCN) oder United States Pharmacopeia (USP Klasse VI) schränkt die Auswahl weiter ein.
Perfluorelastomere verfügen über die beste Kombination aus chemischen und Hochtemperatureigenschaften (Bild 1). Der große Anteil von Fluor (70 %) gibt dem Polymer die Beständigkeit gegen Chemikalien und thermische Oxidation. Wegen der inhärenten, hohen Werkstoffkosten und der momentan begrenzten Fertigungskapazitäten können FFPM-Elastomere im Vergleich zu anderen Polymeren teuer erscheinen. Dies muss jedoch gegen die Produktivitätsvorteile abgewogen werden, die man erhält, wenn die Glasreaktorgefäße ohne ständigen Dichtungswechsel für eine größere Zahl von Prozessen und Lösemitteln eingesetzt werden können. FFPM-Elastomere haben nicht alle dieselbe Vernetzungsstruktur. Bei Einsatz der patentierten Technik der pseudo-lebenden Polymerisation (PLP) entsteht eine stark fluorhaltige Vernetzung, die ihrerseits erheblich zur Verbesserung der Chemikalienbeständigkeit beiträgt und gleichzeitig gute mechanische Eigenschaften und Dichtwirkung gewährleistet.
Bild 2 zeigt das Ergebnis von Tests eines solchen Polymers in einer chemisch aggressiven Testflüssigkeit im Vergleich zu einem Standard-FPM-Fluorelastomer und einem anderen, typischen FFPM-Perfluorelastomer. Man sieht, wie viel beständiger PLP-FFPM gegen Quellung ist, ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung von Ventildichtungen. Das Diagramm illustriert die bessere Beständigkeit von FFPM und insbesondere PLP-FFPM gegen aggressive Schmiermittel. FPM beispielsweise quillt bei 200 °C nach 1000 h um fast 60 %, während FFPM nur um 8 % und PLP-FFPM nur um 3 % quillt. Verschiedene Typen dieses Perfluorelastomer-Typs wurden zudem unter Einhaltung der FDA-Richtlinien entwickelt und umfassend extraktionsgetestet, um die Konformität mit den FDA-Vorschriften zu gewährleisten.
Dicht eingepasst
Ein Ventil muss dicht in die Öffnung des Glasreaktorgefäßes eingepasst sein. Wegen seiner großen chemischen Beständigkeit wird innerhalb des Ventils und des Gefäßes oftmals PTFE eingesetzt. Da dieser Werkstoff aber keine Elastizität besitzt, kann er nicht als einziger Dichtwerkstoff genutzt werden. Wie bereits gesagt, ist diese Öffnung nicht notwendigerweise exakt kreisförmig und auch nicht in engen Toleranzen gefertigt. Ein Elastomer, das als Dichtwerkstoff effektiv sein soll, muss daher diese Mängel ausgleichen. Bild 3a zeigt eine typische Ventildichtungskons-truktion mit einem O-Ring um einen PTFE-Ventilanschluss. Vorteile dieser Konstruktion sind die einfache Herstellung der Dichtung und des Dichtungssitzes und der einfache Einbau.
Dabei ist jedoch eine eng sitzende Verbindung mit ausreichend Druck auf die Dichtung notwendig, und es ist nicht immer möglich, gleichförmige Dichtkräfte über die gesamte unregelmäßige Oberfläche des Glasstutzens zu erzielen. Es kommt zu vorzeitigem Dichtungsversagen und Undichtigkeit. Der vielleicht größte Nachteil dieser Konstruktion ist, dass die Dichtung bei der Montage wegrollt, was ebenfalls zur Zerstörung der gewünschten Dichteigenschaften und zu Leckagen führt und manchmal erst entdeckt wird, wenn die Undichtigkeit bereits aufgetreten ist. Die Dichtungskonstruktion in Bild 3b versucht die Nachteile der Kons-truktion aus Bild 3a zu vermeiden.
Hier sieht man einen Schnitt durch eine Balgkonstruktion mit einer Lufteinlassöffnung und einer Auslassöffnung, über die der Balg nach der Montage aufgeblasen werden kann. Hierdurch wird die Abdichtung einer unregelmäßigen Glasoberfläche erleichtert. Der aufgeblasene Balg passt sich der Form des Glases an. Das Problem, dass die Dichtung wegrollt, kann nicht mehr auftreten. Die Konstruktion ist jedoch teuer in der Herstellung. Und auch hier kommt es zu Ausfällen, weil die dynamische Bewegung des Balgs an den Ventilkanten, wo die Belastung am größten ist, die Dichtung aus ihrem Sitz lösen kann. Die Belastung wird mit der Zeit immer größer und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Dichtung einreißt.
Optimiertes Design
Die Dichtungskonstruktion von PPE Precision Polymer Engineering (Bild 3c) besteht aus einem breiten Band mit mehreren Rippen, ist relativ einfach mit konventionellen Formwerkzeugen herzustellen und leicht in der Ventilbaugruppe zu montieren. Diese Konstruktion kann nicht wie ein einfacher Ring bei der Montage wegrollen und wird auch nicht an den Kanten dynamisch belastet wie die Konstruktion in Bild 3b. Sie ermöglicht eine einfache Montage und verfügt über ausreichende Zuverlässigkeitsreserven. Die positiven Eigenschaften des Elastomerwerkstoffs werden ausgenutzt, weil die Dichtung in einem breiten Kräftebereich auf Druck und auf Zug beansprucht werden kann, ohne dass es zu Spannungsspitzen an kritischen Punkten der Kons-truktion kommt. Durch den Einsatz breiter Rippen ist das Bauteil flexibel genug, um sich leicht montieren zu lassen und verfügt über ein dynamisches Kräfteelement, das über die rein werkstoffbedingten statischen Dichtungseigenschaften eines O-Rings hinausgeht. Die Ventildichtungskonstruktion überbrückt große Umfangstoleranzen und funktioniert auch noch bei Bewegung oder Erschütterung und unter der während des Reaktionszyklus auftretenden thermischen Dehnung. Für diese Ventildichtung wird ein hochfluoriertes FFPM-Elastomer eingesetzt. Dadurch lässt sich die Dichtung leichter mit dem PTFE-Ventilkörper verkleben. Härte und Flexibilität des verwendeten FFPM-Elastomers wurden speziell für diese Ventilanwendung optimiert und das Vernetzungssystem wurde so gewählt, dass die erzielbaren Werkstoffeigenschaften hinsichtlich der bleibenden Druckverformung und der Hochtemperaturfestigkeit maximiert werden. Tests der neuen Ventildichtungskonstruktion ergaben eine deutliche Verbesserung der Dichtungsleistung.
cav 479

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