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Der Reinheit das Wasser reichen

Sieben unterschiedliche Elastomere mit FDA-Zulassung im Test
Der Reinheit das Wasser reichen

Nicht zuletzt die Achema 2003 hat gezeigt, dass der Markt für Reinstwasser-Anlagen kontinuierlich wächst. Allerdings sind die Dichtungssysteme dieser Anlagen Extrembedingungen ausgesetzt, denen nicht jeder Dichtungswerkstoff gewachsen ist: Der schädigende Einfluss von Reinstwasser auf Dichtungen kann in Anlagen für die Pharmaindustrie und Biotechnologie signifikante Produktverluste verursachen. Eine gemeinsam von einem renommierten Pharmaunternehmen und dem Dichtungshersteller Busak+Shamban durchgeführte Studie zeigt jetzt neue Perspektiven für die Werkstoffwahl.

Dr. Burkhard Ledig

Wasser und Energie sparende Aufbereitungstechnologien haben überproportionale Wachstumschancen. Insbesondere für die Pharmaindustrie und Biotechnologie werden vollentsalztes Wasser (VE-Wasser) sowie WFI-Wasser (Water-for-Injection) zunehmend zur Standardanforderung. In der Pharmaindustrie stehen in punkto Wasserqualität vor allem die Restleitfähigkeit, der TOC-Gehalt (Total organic carbon) sowie die Keimzahl im Vordergrund. Die diesbezüglich verbindlichen internationalen Standards sind in den Pharmakopeien Europharm und USP 24 definiert. Bei der Herstellung der erforderlichen Wasserqualitäten hat sich eine deutliche Verlagerung von der chemischen zur physikalischen Aufbereitung durchgesetzt: Marktdominierend sind ökonomisch und ökologisch optimierte Anlagen und Prozesse, die den Einsatz von Chemikalien reduzieren oder sogar überflüssig machen. So erfolgt die Reinstwasser-Gewinnung inzwischen hauptsächlich durch die Umkehrosmose mittels Membranfiltration.
Qualitätssichernde Werkstoffe
Sowohl bei der Herstellung als auch bei der Verarbeitung ist der zerstörerische Einfluss von Reinstwasser auf Werkstoffe ein maßgebliches Kriterium, das von Anfang an berücksichtigt werden muss, um Rekontaminationen und kostspielige Produktionseinbußen zu vermeiden. Eine weitere Herausforderung richtet sich vor allem an die Dichtungstechnik: Heißes VE-Wasser hat die Eigenschaft, selbst solche Dichtungswerkstoffe zu schädigen oder zu zerstören, die den Vorschriften der amerikanischen Food and Drug Administration FDA entsprechen. Die Konsequenzen aus dem Einsatz unpassender Dichtungswerkstoffe können drastische Ausmaße annehmen: Angegriffene Dichtungen, Volumenquellung und Extrusion verunreinigen die Produkte und unterstützen die Bildung von Toträumen, in denen sich unerwünschte Keime ansiedeln. Aufgrund der hochpreisigen Wirkstoffe, die in der pharmazeutischen Produktion verarbeitet werden, und den immensen Anforderungen an die Produktgüte besteht die zentrale Anforderung an reinstwassergerechte Dichtungen, Membranen und Bälge darin, die Qualität der Produkte zu sichern und jegliche Rekontamination des VE-Wassers zu unterbinden. Zudem wächst in der Pharmaindustrie die Nachfrage für Werkstoffe mit einer USP-Class-VI-Zulassung.
Elastomere im Langzeittest
Ein großes, weltweit vertretenes Pharmaunternehmen verwendet in seinen Anlagen VE-Wasser bei 90 °C in Edelstahlrohrleitungen. Dabei zeigte sich, dass die bisher verwendeten FDA-konformen EPDM-Dichtungen schon nach kurzer Zeit zerstört wurden. Busak+Shamban, das in unternehmenseigenen Testeinrichtungen umfassende Werkstoffprüfungen auch für komplexe Einsatzbereiche durchführt, hat diesen Einfluss in Kooperation mit dem Pharmaunternehmen genauer untersucht: Dazu wurden aus seiner Werkstoffdatenbank mit derzeit über 2000 Rezepturen sieben Elastomerwerkstoffe für einen Langzeittest ausgewählt, darunter auch der neu entwickelte EPDM-Werkstoff E7518. Die Auswahl umfasst folgende Werkstoff-Qualitäten:
  • 3 Ethylen-Propylen-Dien-Werkstoffe (E7002, E7502, E7518)
  • 2 Fluorelastomerwerkstoffe (V8605, V04/07)
  • 2 Isolast-Perfluorelastomerwerkstoffe (J9515, J9516)
Alle untersuchten Werkstoffe entsprechen den FDA-Richtlinien 21 CFR 177.2600 (e,f) oder 21 CFR 177.2400 (d) und lassen sich für sämtliche Standardformate sowie Kundenformteile in der Steriltechnik verarbeiten. Drei der Werkstoffe (E7502, J9515 und J9516) besitzen darüber hinaus seit kurzem eine USP-Class-VI-Zulassung.
Im Rahmen des Langzeittests lagerten die ausgewählten Werkstoffe über insgesamt 2016 Stunden (84 Tage) gemäß DIN 53521 bei 90 °C im separierten VE-Wasser des Pharmaherstellers. Nach Ablauf der Testzeit erfolgte die Messung von Härte-, Gewichts- und Volumenänderungen sowie von Bruchdehnungs- und Zugfestigkeitsänderungen der Werkstoffe, ebenfalls entsprechend DIN 53521. Die dabei erzielten Daten fließen nun in eine präzise Bewertung der Elastomereigenschaften ein und geben Auskunft über die Qualifikation der Dichtungswerkstoffe für den Einsatz in 90 °C heißem VE-Wasser.
Eindeutige Werkstoff- eigenschaften
Die Auswertung der Studie macht deutlich, dass es innerhalb der untersuchten EPDM-Werkstoffe signifikante Unterschiede gibt. Während der Werkstoff E7002 einen starken Abfall der Bruchdehnung verzeichnet und daher äußerst kritisch als Dichtungswerkstoff in 90 °C heißem VE-Wasser zu bewerten ist, zeigen der Werkstoff E7502 sowie der Werkstoff E7518 nur geringfügige Veränderungen des gemessenen Parameters: Diese Werkstoffe eignen sich daher besonders für den Einsatz in VE-Wasser.
Auch innerhalb der Klasse der getesteten Fluorelastomere fallen Besonderheiten auf: Während V8605 sowohl aufgrund seiner geringen Volumenquellung als auch durch die geringe Änderung von Zugfestigkeit und Bruchdehnung als Dichtmaterial unter den getesteten Bedingungen gut geeignet ist, zeigt V04/07 mit 18 % eine inakzeptabel hohe Volumenquellung. Denn schon bei einer Volumenquellung von mehr als 10 % können Werkstoffe in der Steriltechnik aufgrund ihrer engen Kammerung zerstört werden. Zusätzlich nimmt die Härte im Versuchsverlauf von 79 Shore A auf 67 Shore A ab.
Die beiden Isolast-Perfluorelastomere J9515 und J9516 erzielen sehr gute Testergebnisse: Während Isolast J9515 eine geringfügige Abnahme der Zugfestigkeit von 12 % bei einer Volumenquellung von nur 4 % zeigt, verändern sich diese Eigenschaften beim Werkstoff J9516 nur geringfügig. Der Vorteil: Beide Werkstoffe enthalten keinerlei Inhaltsstoffe, die von VE-Wasser herausgelöst werden könnten.
Testsieger für die Steriltechnik
EPDM-Werkstoffe haben sich auch unter Realbedingungen bereits als ausgezeichnete Lösung für Dichtungssysteme im Bereich der Steriltechnik erwiesen. Im aktuellen Test bewährten sich die Werkstoffe E7502 und E7518 in allen wesentlichen Punkten eindeutig als beste Dichtungsmaterialien in VE-Wasser bei 90 °C. Beide EPDM-Werkstoffe verfügen in der hier verwendeten Zusammensetzung über äußerst geringe Anteile an Weichmachern. Diese Eigenschaften wurden anhand der Versuchsergebnisse als fundamentale Voraussetzung für Werkstoffe bestätigt, die in VE-Wasser zum Einsatz kommen. Da heißes VE-Wasser insbesondere Weichmacher und andere Inhaltsstoffe aus Elastomeren herauslöst, entstehen bei Dichtungswerkstoffen mit höherem Weichmachergehalt maßgebliche Änderungen in punkto Quellung, Bruchdehnung und Zugfestigkeit. Die Werkstoffe E7502 und E7518 zeigen jedoch aufgrund ihrer Compoundierung keinerlei Angriffsfläche für Reinstwasser.
Beständigkeit in CIP-Medien
In die Bewertung der Testergebnisse fließen zusätzliche Erkenntnisse aus früheren Untersuchungen von Busak+Shamban ein, die Auskunft über die Eignung der Werkstoffe zum Einsatz in CIP-Medien geben. Obwohl auch der geprüfte Dichtungswerkstoff V8605 (FKM) sich für den Einsatz in VE-Wasser eignet, hat dieser bereits deutliche Schwächen in alkalischen Reinigungsmedien gezeigt. Da die Beständigkeit in CIP-Medien jedoch von größtem Interesse für die Pharmaindustrie ist und die schädliche Wirkung dieser Medien sich bei Temperaturen um 90 °C nachweislich verstärkt, sollte von einem Einsatz dieses Werkstoffs in Kombination mit heißen, alkalischen CIP-Medien abgesehen werden. Die Testsieger E7502 und E7518 hingegen haben sich bereits in einer groß angelegten Untersuchung über die Beständigkeit in einer Vielzahl von aggressiven CIP-Medien hervorragend bewährt und verfügen auch in dieser Hinsicht über sehr gute Voraussetzungen für einen langlebigen, qualitätssichernden Einsatz in der pharmazeutischen Produktion.
Feldversuch unter Realbedingungen
Aufgrund der hervorragenden Testergebnisse der Werkstoffe E7502 und E7518 hat das kooperierende Pharmaunternehmen entschieden, Dichtungen aus diesen nahezu weichmacherfreien Werkstoffen in eine seiner VE-Wasser-Anlagen einzusetzen und ihre Eigenschaften zwölf Monate lang unter Realbedingungen zu testen. Busak+Shamban steht dem Unternehmen während dieser Zeit beratend zur Seite und wertet die Ergebnisse nach Ablauf des Feldversuchs unter Berücksichtigung internationaler Normen aus. Gleichzeitig soll die Auswertung der Resultate in die Weiterentwicklung von Dichtungssystemen sowie in deren Zertifizierung einfließen.
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