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Entscheidungshilfe

Kriterien für die Wahl der richtigen Rührwerksdichtung
Entscheidungshilfe

Nicht nur Betriebsparameter wie Druck, Temperatur und Gleitgeschwindigkeit sind bei der Wahl des Dichtsystems zu berücksichtigen, sondern oft auch Anforderungen hinsichtlich Explosions- und Umweltschutz oder Betriebssicherheit. In der Lebensmittel- und Pharmaindustrie kommen Aspekte wie GMP, FDA-konforme Werkstoffe und Hygienic Design hinzu. Kompetente Beratung ist daher ebenso wichtig wie das frühzeitige Einbinden des Dichtungsherstellers.

Kerstin Bechtel, Peter Berghofer

Die gängigsten Dichtsysteme für Apparate mit rotierenden Wellen sind Lippendichtungen und Gleitringdichtungen. Für einfache Anwendungen mit niedrigen Drücken bis 6 bar, Temperaturen bis 200 °C und Gleitgeschwindigkeiten bis 2 m/s sind beide Lösungen prinzipiell geeignet. Für Vakuumanwendungen werden standardmäßig Gleitringdichtungen, entweder trocken laufend oder flüssig geschmiert eingesetzt. Lippendichtungen sind hierfür nicht geeignet. Für anspruchsvollere Betriebsparameter, z. B. Drücke >6 bar und Gleitgeschwindigkeiten >2 m/s ist nur der Einsatz einer flüssig geschmierten Gleitringdichtung uneingeschränkt zu empfehlen. Zusätzlich zu den Einsatzgrenzen sind weitere Aspekte bei der Auswahl des geeigneten Dichtsystems zu beachten, beispielsweise die Lebensdauer, die Überwachungsmöglichkeiten der Dichtung oder die Eignung für TA Luft oder Atex. Die wichtigsten Auswahlkriterien sind in der Tabelle aufgeführt. Die Lebensdauer der Dichtung ist entscheidend für die Wahl des Dichtsystems. Je länger die Lebensdauer, desto höher die Verfügbarkeit der Anlage und desto geringer die Reparatur- und Ersatzteilkosten. Bei Lippendichtungen und trocken laufenden Gleitringdichtungen rechnet man mit einer durchschnittlichen Lebensdauer von zwei Jahren. Flüssig geschmierte Gleitringdichtungen dagegen haben eine deutlich höhere Lebensdauer von 7 bis 10 Jahren. Sie haben sich seit Jahren als zuverlässige Wellenabdichtungen in Rührwerken und anderen Sonderapparaten bewährt.
Die Überwachung der Leckage ist bei allen hier betrachteten Dichtungstypen in Cartridge-Ausführung z. B. über eine Drainagebohrung möglich. Ergänzend dazu kann bei der SeccoMix von Burgmann, als Beispiel für eine trocken laufende Gleitringdichtung, im Stillstand die Verschleißhöhe gemessen werden. Bei einer Lippendichtungscartridge setzt eine zuverlässige Leckageüberwachung eine intakte Dichtungsfunktion der atmosphärenseitigen Lippendichtung voraus, was nicht immer garantiert werden kann. Für den Betreiber ist dies entweder überhaupt nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand zu überprüfen.
Mit niedrigen Emissionen
Durch die Verschärfung des Umweltschutzes, u. a. durch die TA Luft als Umsetzung verschiedener europäischer Richtlinien wie der Luftqualitätsrahmen-Richtlinie in nationales Recht wird der Einsatz von Dichtsystemen mit möglichst niedrigen Emissionen immer wichtiger. In der TA Luft sind Rührwerke und Sonderapparate mit rotierenden Wellen nicht explizit erwähnt, grundsätzlich ist aber trotzdem das Emissionsminimierungsgebot zu beachten. Bei oben angetriebenen Apparaten mit rotierenden Wellen wird im Regelfall die Gasphase abgedichtet. In diesem Fall erfüllen Mehrfachdichtsysteme mit gezielter Abführung der Leckage an ein Gassammelsystem in Anlehnung an die Vorgaben für Verdichter oder gesperrte Dichtsysteme die Anforderungen der TA Luft.
Bei Apparaten mit Unten- oder Seitenantrieb, wo das flüssige Prozessmedium direkt an der Dichtung ansteht, ist eine Anlehnung an die Vorgaben für Pumpen sinnvoll. Das heißt, es müssen entweder hermetisch dichte Antriebe oder Mehrfachgleitringdichtungen mit druckloser oder druckbeaufschlagter Vorlageflüssigkeit eingesetzt werden. Für die hier betrachteten Dichtsysteme bedeutet das, dass für oben angetriebene Apparate alle Systeme geeignet sind, wenn die Dichtungen gesperrt werden oder eine gezielte Absaugung der Leckage an ein Gassammelsystem erfolgt. Für Apparate mit Unten- oder Seitenantrieb sind dagegen nur Mehrfachgleitringdichtungen mit entsprechender Vorlage einzusetzen.
Einsatz in Ex-Bereichen
Bei Atex-Anwendungen ist grundsätzlich eine Gefahrenbewertung vom Betreiber der Anlage durchzuführen. Kritisch für den Einsatz in explosionsfähiger Umgebung sind vor allem Rührwerke mit Obenantrieb, da hier auch innerhalb des Behälters eine explosionsfähige Atmosphäre vorliegen kann. Die trocken laufende Rührwerksdichtung SeccoMix ist für den Einsatz in allen Zonen freigegeben. Die Eignung wurde durch eine Baumusterprüfung belegt. Die Temperaturüberwachung der potenziellen Zündquelle, durch eine direkte Messung der Gleitringtemperatur mit einem PT 100, ist möglich.
Bei einem Einsatz von Lippendichtungen in Zone 0 ist eine Überwachung der potenziellen Zündquelle zwingend erforderlich. Dies ist praktisch aber nicht realisierbar, da kein Temperaturfühler direkt unter der Lippe angebracht werden kann. Die Temperaturmessung benachbarter Bauteile ist nicht akzeptabel, da die Messwertverfälschung zu groß ist. Hiermit ist die Forderung der Atex 95 nicht erfüllt, dass eine Überschreitung der Grenztemperatur zuverlässig verhindert wird und geeignete Gegenmaßnahmen rechtzeitig ergriffen werden können. Alternativ zur Temperaturüberwachung kann ein primärer Explosionsschutz (Inertisierung) erfolgen, wobei dieser dann entsprechend überwacht werden muss.
Für hohe radiale Wellenauslenkungen
Ein weiterer Aspekt, der bei der Auswahl der Dichtung zu berücksichtigen ist, sind radiale Wellenauslenkungen. Für Rührwerke gemäß DIN sind maximale radiale Wellenauslenkungen in der DIN 28161 festgelegt. In der Praxis allerdings sind oft auch höhere Werte anzutreffen. Die SeccoMix ist für solche Einsatzfälle prädestiniert. Sie kann Auslenkungen von ±1,5 mm im Bereich der Dichtung aufnehmen, ohne dass die Funktion der Dichtung negativ beeinflusst wird.
Lippendichtungen sind für große radiale Wellenauslenkungen generell nicht geeignet. Hier führen schon geringfügige Wellenauslenkungen zu Undichtigkeiten und zu deutlich erhöhtem Verschleiß. Es gibt aber Dichtungslösungen, wo die radiale Auslenkung über aufwendige konstruktive Maßnahmen, wie zusätzliche Hilfslager, von der Dichtstelle zwischen Lippen und Welle abgehalten wird. Zusätzlich werden so genannte Ausgleichselemente, z. B. O-Ringe eingesetzt, die als Verbindungsglied zwischen Dichtungsgehäuse und Befestigungsflanschen die radiale Auslenkung der Welle aufnehmen. Allerdings ist bei großen Wellenauslenkungen die intakte Dichtungsfunktion dieser Ausgleichselemente mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr gewährleitstet. Bei kritischen Medien, z. B. hinsichtlich TA Luft kann das für den Betreiber ein großes Problem darstellen. Hinzu kommt, dass die Dichtheit der Ausgleichselemente entweder gar nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand überprüft werden kann.
Selbst mit Hilfe dieser aufwendigen kons-truktiven Lösungen sind dann laut Herstellerangaben nur radiale Auslenkungen von ±2 mm im Bereich des Rührorgans zugelassen, was mit den Angaben in der DIN 28161 vergleichbar ist. Flüssig geschmierte Gleitringdichtungen wie die Burgmann M481 K(L)-D erfüllen diesbezüglich ebenfalls die Anforderungen der oben genannten DIN Norm.
FDA-konforme Dichtsysteme
Rührwerke und Sonderapparate werden oft in der pharmazeutischen oder Lebensmittelindustrie eingesetzt. Hier werden in der Regel mindestens FDA-konforme Werkstoffe verlangt, manchmal sogar Dichtungen in Sterilausführung gemäß Hygienic Design. FDA-konforme Werkstoffe sind für alle hier angesprochenen Dichtungstypen erhältlich. Manchmal kann der Abrieb der Kohlegleitringe ein Problem für den Betreiber darstellen. Hier wird bei der SeccoMix eine so genannte Leckagetasse eingesetzt, worin der Abrieb aufgefangen wird und damit nicht ins Produkt gelangt. Zusätzliche Sicherheit können neue Gleitwerkstoffe aus Kunststoff oder SiC mit einer speziellen Beschichtung bieten, die derzeit in der Erprobungsphase sind. Wird dagegen eine wirkliche Sterildichtung gefordert, dann sind spezielle Gleitringdichtungen, die dem Hygienic Design entsprechen, einzusetzen. Lippendichtungen erfüllen diese speziellen Anforderungen bauartbedingt nicht.
cav 452

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