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Modularisierung in der Prozessindustrie steigert Flexibilität

Von der digitalen Angebotserstellung bis zur Anlagenlieferung
Modularisierung in der Prozessindustrie

Erworbenes Wissen und Erfahrungen aus Anlagenprojekten werden in der Regel unsystematisch für weitere Projekte recycelt. Eine standardisierte Form, das intellektuelle Kapital einzusetzen, beißt sich oft mit den spezifischen Anforderungen, die komplexen Projekten zugrunde liegen. Ein Ansatz, die individuelle Welt der Anforderungen und die Welt der Standards, Regeln und Normen miteinander zu verbinden, ist die Modularisierung.

Das Erstellen von Angeboten ist einer der spannendsten Hebel zur Optimierung des wirtschaftlichen Erfolgs im Anlagen- und Projektgeschäft. Dies liegt vor allem daran, dass sich Digitalisierung, zentral organisiertes Wissen und lösungsorientierte IT-Ansätze in Kombination besonders dafür eignen, den großen Herausforderungen in diesem Umfeld zu begegnen. Zunehmende Komplexität bindet mehr Ressourcen, höchste Qualität muss über sämtliche Bereiche gewährleistet sein und die Zeitpläne der Kunden müssen eingehalten werden – diese Punkte gelten nicht nur für das Engineering und die Inbetriebnahme, sondern auch für die Angebotsphase.

OEMs (Original Equipment Manufacturers), und EPCs (Engineering, Procurement and Construction) setzen dabei auf unterschiedliche IT-gestützte kommerzielle und technische Systeme, um Lösungen für ihre Anlagen zu finden. Dabei können Anlagen, die dasselbe produzieren, aufgrund von geographischen, klimatischen oder ökologischen Bedingungen unterschiedliche Anforderungen aufweisen. Trotz aller Unterschiede startet eine Planung nicht bei null, sondern man bedient sich bei vorhandenem Wissen in Form von Vorlagen aus bestehenden Projekten. Copy-and-paste ist meist das Mittel der Wahl. Dies führt jedoch zur inhärenten Fehlerübertragung wie Schwächen in der Struktur oder im Layout, zu einer unbeabsichtigten Übertragung der ursprünglichen Projektrahmenbedingungen oder einem unbeabsichtigten Over- bzw. Under-Engineering. Ein Brückenschlag zwischen Spezialisierung und Standardisierung ist notwendig, um diese Fehler zu vermeiden.

Modularer Aufbau erhöht Flexibilität

In der Fertigungsindustrie werden Konzepte wie Modulbauweise, Plattformentwicklung oder das Baukastensystem seit Jahren umgesetzt. Besonders anschaulich ist das Beispiel der Einführung des modularen Querbaukastens (MQB) des VW-Konzerns. Auf dessen Basis entstand 2012 der Audi A3 und der VW Golf 7 und sorgte durch seinen modularen Aufbau für eine Kostensenkung von 30 %. Die Idee, die diesem Konzept zugrunde liegt, ist industrieunabhängig und versucht die Wiederverwendbarkeit von entwickelten Modulen zu erhöhen, indem Standardlösungen verwendet werden. Konkret bedeutet dies für Anlagen in der chemischen Industrie, dass der Prozess durch einzelne, miteinander verbundene Module realisiert wird. Jedes Modul kann dabei für eine prozesstechnische Grundoperation zuständig sein. Es bietet größere Flexibilität, wenn es um einen Einsatz in verschiedenen Projekten und Bereichen geht. Der Informationsgehalt der Modulvorlagen reicht je nach Anwendungsfall von funktional bis hin zu einem voll ausspezifizierten Modul. Eine unkontrollierte Erhöhung der Vorlagenanzahl wird verhindert. Die Auswirkung der Modularität lässt sich bereits in den ersten Projektphasen erkennen. Durch diese Vorgehensweise wird ein Planungsgrad erreicht, der sich in der Regel mit herkömmlichen Methoden erst gegen Ende der Projektlaufzeit erreichen lässt. Zudem ist es dadurch möglich, Planungs- und Investitionskosten zu senken.

Schnittstellenprobleme vermeiden

Die Voraussetzungen für eine praxistaugliche Modularisierung bestehen vor allem in der Definition der Modul-Funktionen sowie dem Aufbau von Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Softwarelösungen. Wichtig dabei ist, eine Diversität in der Toollandschaft zu vermeiden. Sonst werden Risiken, die man durch den modularen Zugang reduziert, mit möglichen Schnittstellenproblemen getauscht.

Die Softwarelösung Comos unterstützt mit dem Ansatz der Objektorientierung und seiner offenen Systemarchitektur diesen funktionalen Gedanken. Die Software speichert und verwaltet alle engineering- und angebotsrelevanten Komponenten – vom Leistungspaket bis zum Maschinenteil – in einer zentralen Datenbank. Damit lässt sich das Wissen aus unterschiedlichen Bereichen, wie beispielsweise der Verfahrens- und der Elektrotechnik, fachübergreifend bündeln. Mit dem Ansatz des Modularized Engineering werden Standardfunktionen wie Template-, Graybox-, Option-, Merge- und E-Block-Techniken kombiniert und über
eine grafische Oberfläche, dem „Rule-Designer“, mit Intelligenz versehen. Der „Rule-Designer“ arbeitet auf Basis eines Funktionsplans. Das heißt, die anlagenspezifischen Regeln werden durch Drag & Drop mit einfachen logischen Elementen wie z. B. Und/Oder/Nicht-Operatoren erstellt. So kann jeder Anwender, auch ohne Programmierkenntnisse, Regeln grafisch erstellen, ändern und archivieren. Die Software führt den User. Durch visuelles Programmieren werden Templates aufgebaut, in denen durch einfache Eingabe fertige Funktionspläne erstellt werden.

Konkret speichert und verwaltet Comos alle für das Engineering und die Angebotserstellung erforderlichen Komponenten, von Serviceintervallen bis hin zu sämtlichen technischen Einrichtungen, in der zentralen Datenbank. Dabei werden Kenntnisse aus unterschiedlichsten Disziplinen interdisziplinär zusammengeführt. Mithilfe von Projektvorlagen werden alle einzelnen Komponenten eines Moduls mit ihren Konfigurationsregeln um benutzerdefinierte Varianten oder Optionen erweitert. Die Regeln definieren Abhängigkeiten zwischen den Komponenten oder sie legen anhand auswählbarer Projektparameter (länderspezifische oder Umweltvorschriften, Klimabedingungen usw.) fest, welche Komponenten im Vorschlag berücksichtigt werden müssen. Enthalten sind dabei auch Informationen, die zur Skalierbarkeit eines Moduls notwendig sind. Die Regeln werden einfach per Drag & Drop in einem grafischen Editor definiert, anstatt einzelne Regelsätze mit viel Aufwand zu programmieren.

Kürzere Markteinführungszeit

Die Vorteile der Modularität wirken ab der Planungsphase über den gesamten Lebenszyklus einer Anlage. Die Wiederverwendung von Engineering-Daten und ein konsistentes Datenhandling sorgen für eine kürzere Markteinführungszeit durch schnellere und exaktere Angebote sowie einer Beschleunigung im Engineering. Der Schlüssel des Qualitätsgewinns in der Konfiguration ist maßgeblich durch den objektorientierten Planungsansatz, eine genaue Definition von Regelsätzen und standardisierte Module bedingt. Dabei ist das Durchspielen von Planungsvarianten mit einem geringen Aufwand möglich. Dies schafft einen sehr guten Ausgangspunkt für valide Angebote inklusive exakter Projektkalkulation und -dokumentation sowie passender Aufstellungspläne mit genauer Abschätzung von Raumbedürfnissen.

Darüber hinaus wird durch dieses Vorgehen der Grundstein für das weitere disziplinenübergreifende Engineering auf Basis einer integrierten Datenbank gelegt. Dies ermöglicht durch eine frühzeitige Verknüpfung von Prozesssimulation, Funktions- und
Automatisierungsplanung den Aufbau eines digitalen Zwillings einer Anlage.

Modulares Engineering konserviert und speichert, dank entsprechender Workflows und Systeme, unsystematische Daten. Daten, die zu Informationen verdichtet werden, bilden die Grundlage für die Speicherung, Pflege und Vermehrung von intellektuellem Kapital. Daraus entstehendes Wissen lässt sich für weitere Projekte jederzeit abrufen und bedeutet für jedes Planungsunternehmen einen enormen Vorsprung. Die Einführung solcher Planungsansätze ist notwendig, um zu intelligenten und modularen Anlagen zu gelangen. Sie gewährleisten nachhaltig eine Flexibilisierung der Produktion über einfache Kapazitätserweiterungen und liefern damit eine Antwort auf die steigende Nachfrage.

Siemens Industry Software GmbH, Essen


Autor: Siegmund Broja

PRM Comos Modularized Engineering, Siemens
Industry Software, Essen


Auf einen Blick:   Comos Modularized Engineering

  • Regelbasierte Planung von Neuprojekten schließt fehlerhafte Übernahme von Altprojekten aus
  • Eine zentrale Datenablage bündelt Wissen vieler Gewerke
  • Ein systematischer und strukturierter Rückfluss von Know-how aus jedem Projekt für künftige Projekte ist die Basis für ständigen Wissensaufbau
  • Die Vertriebs- und Projektdokumentation wird automatisch aktuell gehalten
  • Änderungen lassen sich schneller und fehlerfrei
    umsetzen
  • Die Regeln im Konfigurator sind grafisch generierte Elemente und somit besser erkenn- und bedienbar als zeitaufwendige, ressourcenbindende Programmierungen
  • Bei OEMs führen Varianten von Anlagen oder Maschinen schnell zu hoher Komplexität, die mithilfe standardisierter Templates reduziert werden können
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