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Grüne Chemie in Sicht

Massedurchflussmessgeräte leisten ihren Beitrag zu umweltfreundlichen Prozessen
Grüne Chemie in Sicht

Die Einführung neuer Verfahren birgt immer einige Überraschungen. Da ist es gut, wenn sich die Anlagenbetreiber auf ihre Messgeräte verlassen können, wie ein aktuelles Beispiel zeigt. Beim umweltfreundlichen HPPO-Verfahren zur Herstellung von Propylenoxid, das mit einer um 75 % reduzierten Abwassermenge punktet, arbeiten Coriolis-Massedurchflussmessgeräte seit dem Start zuverlässig und sorgen für einen effizienten Prozess.

Ralf Haut

Prozesse in der chemischen Industrie werden ständig verbessert und optimiert. Immer wieder versuchen Ingenieure und Techniker die Produktqualität zu verbessern, die Ausbeute zu erhöhen oder den Einsatz von Energie und Rohstoffen zu minimieren. In der Regel handelt es sich dabei um viele kleine Schritte, die einen Prozess zu seinem Optimum führen. Dagegen wirkt die Entwicklung des Hydrogen-Peroxide-Propylenoxid-Verfahrens, besser bekannt als HPPO-Verfahren, wie ein Quantensprung. Denn die jahrelangen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten haben die direkte und selektive Oxidation möglich gemacht. Bislang wurden großtechnisch vorzugsweise zwei andere Wege genutzt: Die indirekte Oxidation und das Chlorhydrinverfahren, die jedoch entscheidende Nachteile mit sich brachten. Das größte Problem liegt in den zwangsläufig entstehenden Koppelprodukten. Diese mussten entweder rückgeführt oder technisch genutzt werden. Pro Tonne Propylenoxid entstehen z. B. beim Chlorhydrinverfahren zwei Tonnen Kalziumchlorid. In Fällen, in denen für die Nebenprodukte kein eigener Markt geschaffen werden kann, hat man große Abfallmengen zu entsorgen.
Bei dem neuen Verfahren hatten die beiden Teams aus BASF und Dow sowie Evonik und Uhde vor einigen weiteren Firmen als Erste den Durchbruch erzielt. Basierend auf einer direkten Oxidation bietet es nun ganz neue Chancen. Sowohl in Bezug auf die Umweltverträglichkeit, aber auch auf die Wirtschaftlichkeit hat das HPPO-Verfahren entscheidende Vorteile. Besonderer Pluspunkt ist die Einfachheit des Verfahrens. Es werden nur zwei Einsatzstoffe benötigt: Wasserstoffperoxid und Propylen. Sie reagieren mittels Katalysator zu Propylenoxid und Wasser, darüber hinaus entstehen bei diesem Verfahren praktisch keine Nebenprodukte.
Zudem verringert es die Abwassermenge um 70 bis 80 % im Vergleich zu den vorgenannten Verfahren. Auch der Energieverbrauch sinkt. Bis zu 35 % weniger wird mit dem HPPO-Verfahren verbraucht. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist der Aspekt der Wirtschaftlichkeit. So sind die Anlagen bereits im Bau günstiger, da sie eine geringere Fläche und weniger Infrastruktur benötigen und keine Abnehmer für Koppelprodukte vorhanden sein müssen.
Überall zur Stelle
Im HPPO-Verfahren ist eine stattliche Anzahl an Messgeräten nötig, um den Prozess optimal an seinen Betriebspunkten zu betreiben. Ganz entscheidend ist dabei die Durchflussmesstechnik, mit deren Hilfe die Edukt- und Produktströme genau dosiert und überwacht werden. Bei der Auswahl der Technologie, aber auch des Lieferanten, legten die Betreiber besonderen Wert auf die Genauigkeit und Reproduzierbarkeit sowie die Breite des Produktspektrums. Krohne Messtechnik hat in Europa und in Asien bereits Propylenoxid-Anlagen mit Durchflussmessgeräten ausgestattet. Insbesondere das Coriolis-Masse-Durchflussmessgerät Optimass 7300 wird in sehr großen Stückzahlen im HPPO-Verfahren eingesetzt, wo je nach Anlagengröße deutlich mehr als 100 Messstellen ausgerüstet werden müssen. Die Coriolis-Geräte überzeugen durch ihre hohe Genauigkeit und die Robustheit. Viele der gemessenen Produkte sind nichtleitende Flüssigkeiten wie z. B. Methanol oder hochviskose und inhomogene Mischungen. Für diese schwierig zu messenden Produkte ist der Optimass 7300 mit seinem einzelnen geraden Messrohr ohne Strömungsteiler oder Einbauten nicht nur aufgrund der leichten Reinigbarkeit hervorragend geeignet. Ein weiterer Vorteil des Messgerätes ist die Unempfindlichkeit gegenüber der Einbaulage oder äußeren Einflüssen. Weder Schwingungen der Rohrleitung noch Umgebungs- oder Medientemperaturänderungen haben einen Einfluss auf das Messergebnis. Letzteres ist zurückzuführen auf eine Kalibrierung bei drei unterschiedlichen Temperaturen, bei der die Daten für die integrierte Temperaturkompensation erfasst werden. Für den Einsatz in den HPPO-Anlagen war auch die große Palette an Nennweiten entscheidend, die für das Coriolis-Massedurchflussmessgerät zur Verfügung stehen. In den Nennweiten von DN 6 bis DN 80 misst Optimass 7300 Massedurchflüsse von 9,5 bis 560 000 kg/h. Für kleinere Produktströme und Dosieraufgaben werden Optimass 3300 eingesetzt; bei Temperaturen über +150 °C wird Optimass 8300 eingesetzt. Die für einige Aufgaben erforderlichen speziellen Adapterrohre hat Krohne als Teil der Systemlösung mitgeliefert.
Breite Werkstoffauswahl
Entscheidendes Argument für den Einsatz der Krohne-Geräte war neben der umfassenden Auswahl an Coriolis-Masseprodukten die breite Werkstoffauswahl für die unterschiedlichen Aufgaben. Der Optimass 7300 ist in den vier Werkstoffvarianten Edelstahl, Hastelloy, Titan oder Tantal lieferbar. Besonders der letzte Werkstoff ist für schwierige Anwendungen interessant. Bislang war es aus Werkstoffgründen nicht möglich, ein Coriolis-Messgerät mit geradem Tantalmessrohr anzubieten. Dabei wird eine Tantallegierung mit 10 % Wolfram für eine höhere Festigkeit des Messrohres verwendet. Diese Werkstoffvariante kommt an Messstellen zum Einsatz, bei denen Sicherheit an erster Stelle steht und für alle Komponenten die höchstmögliche chemische Beständigkeit verlangt wird. Tantal wird auch eingesetzt, wenn die Messstoffzusammensetzung nicht genau planbar ist.
In den HPPO-Anlagen wird hauptsächlich auf die Varianten Edelstahl (Standard) oder Titan zurückgegriffen. So wird das Ausgangsprodukt Propylen mit Geräten gemessen, deren Messrohr aus Titan besteht. Diese Gerätevariante punktet auch aufgrund ihrer höheren Genauigkeit: die Titanausführung besitzt die Eichzulassung nach OIML R 117-1 für Masse- und Volumendurchfluss in der Genauigkeitsklasse 0.3. Das PED-zertifizierte, druckfeste Gehäuse bis 100 bar bietet dem Betreiber erhöhte Prozesssicherheit.
Diese Werkstoffalternative wird ebenfalls bei der Messung des Gasgemisches aus Propylenoxid und Propylen hinter dem Reaktor gewählt sowie zur Messung des Stickstoffstromes und des Aldehydgemisches. Dagegen greift man bei der Rückgewinnung des Methanols und bei der Dosierung der Phosphatlösung am Dampfgenerator auf die Standardvariante Edelstahl zurück. Eine besondere Behandlung benötigen die Messgeräte bei der Messung von Wasserstoffperoxid. Hier wird Edelstahl als Werkstoff mit nachfolgender Passivierung gewählt, da das Titan katalytisch auf H2O2 wirkt und seinerseits davon angegriffen wird.
Auch Ultraschall erforderlich
Nicht nur Masse-Geräte werden benötigt: Im HPPO-Verfahren sind weitere Krohne-Messgeräte im Einsatz, zum Beispiel das Ultraschall-Durchflussmessgerät UFM 3030, das das flüssige Gemisch in der Destillation misst. Der Grund für die Platzierung dieses Messgerätetyps an dieser Stelle liegt in dem äußerst geringen Strömungswiderstand. Die Kolonnen in der Anlage arbeiten mit Naturumlauf, der nur aufgrund der Konvektion, also der Temperaturunterschiede, stattfindet. Fremdenergie, etwa für Pumpen, wird nicht benötigt. Darüber hinaus sind mehrere Dutzend Ultraschallmessgeräte dieses Typs im Einsatz, z. B. für die Messung von demineralisiertem Wasser oder für heiße Produktgemische. UFM 3030 ist ein 3-Strahl-Ultraschall-Durchflussmessgerät für Flüssigkeiten und misst unabhängig von elektrischer Leitfähigkeit, Viskosität, Temperatur, der Dichte und Druck. Drei Messpfade ermöglichen eine zuverlässige, vom Strömungsprofil unabhängige Messung. Optional sind Druck- und Temperatureingänge zur Berechnung von Standardvolumendurchfluss oder Massedurchfluss entsprechend API 2540 oder nach Anwenderspezifikation integrierbar. Da es keine beweglichen Teile oder Einbauten gibt, entsteht praktisch kein Druckverlust. Der freie Rohrquerschnitt mit glatter Oberfläche wirkt Ablagerungen entgegen. Die Betriebs- und Wartungskosten sind minimal.
Ausblick
Wasser als einziges nennenswertes Nebenprodukt – das ist der Traum eines jeden Forschers oder Entwicklers in der Chemie. Der wirtschaftliche Erfolg und die Umweltfreundlichkeit des HPPO-Verfahrens werden dazu führen, dass die herkömmlichen Verfahren verdrängt werden. Die überdurchschnittlichen Wachstumsraten der Chemikalie Propylenoxid sprechen für sich. Durch den Einsatz von hochgenauer Messtechnik können auch komplexe Verfahren präzise gesteuert werden. Mit der Bereitstellung optimaler Messlösungen ist hier die Vision von einer grünen Chemie ein gutes Stück näher gerückt.
Halle A4, Stand 323
Online-Info www.cav.de/0910435
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