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Klassenkampf im Abwasser

Vermeidung von Schwefelwasserstoff
Klassenkampf im Abwasser

Schwefelwasserstoff entsteht in Fäulnisprozessen durch anaerobe Bakterien. Das Nutriox-Konzept bietet einen dauerhaften Schutz gegen diese Fäulnisprozesse, indem im Abwassersystem ein konstant anoxisches Milieu erzeugt wird. Dieses bevorzugt anoxische Bakterien, während anaerobe Bakterien aufgrund der verschlechterten Umweltbedingungen den Kürzeren ziehen.

Die Autorin: Dr. Marina Ettl Senior Application Development Manager, Yara

Schwefelwasserstoff (H2S) entsteht, wenn es beim Abbau organischer Nährstoffe durch Abwasserbakterien zu Sauerstoffmangel kommt. Unter solchen, nun anaeroben Bedingungen wird der Nährstoffabbau von anderen Bakteriengruppen übernommen, der Abbau bleibt unvollständig und es entstehen übel riechende und toxische Verbindungen wie z. B. Schwefelwasserstoff, Mercaptane, organische Säuren oder Amine. Die Bildung von H2S und anderen Geruchsstoffen ist von verschiedenen Faktoren abhängig, beispielsweise von der Temperatur und der Konzentration organischer Inhaltsstoffe. Daher enthalten Abwässer verschiedener Industriebereiche bei erhöhten Werten des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) und häufig hohen Temperaturen, die durch Produktionsprozesse entstehen, entsprechend hohe Sulfidkonzentrationen. Das im Abwasser gelöste Sulfid gast dann unter bestimmten Voraussetzungen als giftiges H2S in die Atmosphäre aus, wodurch die Gesundheit der Arbeitskräfte gefährdet werden kann. Die starke Giftigkeit von H2S veranlasst derzeit die EU, strengere Richtlinien zum Arbeitsschutz zu erlassen, um in Zukunft Arbeitsunfälle in diesem Bereich zu verhindern.
Hohe Sachschäden durch Korrosion
Die Gefährdung oder Geruchsbelästigung der Mitarbeiter am Arbeitsplatz ist ein wichtiger Grund, etwas gegen die Fäulnisprozesse in industriellen Abwässern zu unternehmen. Aber auch wirtschaftliche Gesichtspunkte sollten in diesem Zusammenhang beachtet werden: Aufgrund der chemischen Reaktion des ausgasenden Schwefelwasserstoffs mit Sauerstoff entsteht Schwefelsäure. Schwefelsäure verursacht extrem starke Korrosionsschäden, wodurch z. B. Metallteile, Beton oder auch elektronische Einrichtungen stark angegriffen werden. Durch Schwefelkorrosion kann es zu hohen Sachschäden, aber auch zum totalen Produktionsstillstand kommen. Laut Anwenderangaben können korrosionsbedingte Reparatur- und Instandhaltungskosten schnell im Bereich von 10 000 bis 50 000 Euro im Jahr liegen. Bei Schäden im Bereich der Kanalisation fallen diese Beträge weit höher aus.
Angefaultes Abwasser verursacht Probleme, einerseits innerhalb des Betriebes, andererseits im Bereich der Abwasserableitung und -behandlung. In der betriebseigenen Kläranlage können beispielsweise biologische Abbauprozesse durch angefaultes Abwasser gehemmt werden. Im Falle der indirekten Abwassereinleitung kann es im Bereich der Zuleitung in das kommunale Netz hingegen zu Überschreitungen der Sulfid- oder H2S-Messwerte kommen. Ein anaerober Zustand des Abwassers sollte also möglichst im Vorfeld verhindert werden.
Anaerobe Bedingungen verhindern
Zu diesem Zweck hat Yara das Nutriox-Konzept entwickelt. Mit dem Konzept wird eine bedarfsgerechte Chemikaliendosierung mit technischem Service und Know-how kombiniert, um eine langfristige Unterdrückung von Fäulnis im Abwassersystem zu gewährleisten. In der ersten Phase des Nutriox-Konzepts wird eine genaue Problemanalyse durchgeführt. Umfangreiche Messungen werden von den Experten als Grundlage komplexer Simulationen verwendet, um eine optimale Dosierstrategie zu entwickeln. In enger Abstimmung mit dem Auftraggeber werden die Ergebnisse der Simulation dann in einer Nutriox-Projekt-Dosierung umgesetzt. Während der Projektphase werden unterschiedliche Dosierstrategien getestet. Die Dosiermenge wird von einem Dosiercontroller gesteuert. Der Controller berücksichtigt dabei die für den jeweiligen Einsatzfall relevanten Parameter (z. B. Abwasserfluss, Abwassertemperatur, pH-Wert, etc.), um zu jedem Zeitpunkt eine bedarfsgerechte Produktzugabe sicherzustellen. Die Dosiermenge kann außerdem an eine H2S-Messung gekoppelt werden (Feedbackdosierung): Bei steigender Gaskonzentration erhöht sich die Nutriox-Dosierung automatisch; sinkende H2S-Werte führen entsprechend zu einer Verringerung der Dosiermenge. Eine Feedbackdosierung kann auch Signale von weit entfernten Messpunkten verarbeiten, die über ein GPRS-Signal zur Dosierstelle übertragen werden.
Die Nutriox-Dosierung wird ständig überwacht. Alle relevanten Parameter werden mittels Modemanbindung an das Internetportal eNutriox gesendet und gespeichert. Sowohl der betreffende Anwender als auch der zuständige Yara-Mitarbeiter hat Zugang zu dem Portal, sodass Dosierung und H2S-Emissionen kontrolliert werden können. Der Controller IDA 100 ermöglicht dem Anwender eine Anpassung der Dosierparameter, im Bedarfsfall direkt auf der Internetplattform. Gleichermaßen können die relevanten Daten aber auch auf das Prozessleitsystem des Kunden übertragen werden, was im Falle einer Alarmmeldung eine sofortige Reaktion vor Ort ermöglicht, beispielsweise bei einem Ausfall der Dosierpumpe.
Harter Verdrängungswettbewerb
Das Nutriox-Produkt selbst ist eine Calcium-Nitrat-Lösung. Die Wirkungsweise erfolgt über biochemische Prozesse, indem im Abwasser vorhandene Bakterien das Nitrat als Sauerstoffquelle und somit zur eigenen Energieversorgung nutzen (anoxischer Stoffwechselweg). Die anaeroben Stoffwechselvorgänge haben eine geringere Energiebilanz als anoxische Prozesse, daher wird die anaerobe Bildung von H2S unterdrückt; gleiches gilt für andere Geruchsstoffe, die gar nicht erst gebildet werden.
Im Grunde muss man es sich wie einen Konkurrenzkampf zwischen zwei verschiedenen Bakteriengruppen vorstellen: Sofern die Umweltbedingungen für anoxische Bakterien günstig sind (z. B. durch Nitratzugabe), sind diese Bakterien den anaeroben Bakterien überlegen und verdrängen diese.
prozesstechnik-online.de/cav1011452
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