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Mikrobenschmaus

Niederdruck-Nassoxidation macht aus schwer verdaulichen Substanzen leicht bekömmliche Organika
Mikrobenschmaus

Das von Bayer entwickelte Niederdruck-Nassoxidationsverfahren Loprox hat sich zur Freude der Mikroorganismen in der biologischen Abwasserreinigung bewährt. Es macht aus schwer verdaulichen Substanzen leicht bekömmliche Organika. Aufgrund der international strenger werdenden Umweltrichtlinien wird das Leben der Mikroben jetzt auch außerhalb Europas leichter. Derzeit baut Bayer Technology Services nämlich die größte Loprox-Anlage für den israelischen Hersteller von Pflanzenschutzmitteln Makhteshim Chemical Works Ltd.

Dr.-Ing. Christoph Blöcher

Gerade die Behandlung von Abwasserströmen, die mäßig bis hoch mit organischen Verbindungen belastet sind, stellt häufig eine besondere Herausforderung dar, weil die organischen Substanzen z. T. biologisch nur schwer abbaubar oder toxisch sind und die Produktion teilweise in Kampagnen gefahren wird, sodass sich Schwankungen in Menge und Zusammensetzung des Abwassers ergeben. Stand der Technik zur Behandlung derartiger Abwasserströme ist die Umsetzung produktionsintegrierter Maßnahmen zur Emissionsvermeidung bzw. -minderung, spezifische Vorbehandlung bestimmter Teilströme und nachfolgend eine zentrale biologische Behandlung. Eine besondere Rolle bei der Vorbehandlung kommt hierbei den oxidativen Verfahren zu. Diese werden eingesetzt, um spezielle Prozessabwässer in einer biologischen Kläranlage zu behandeln. Ziele sind dabei Wirkstoffelimination, Reduktion von Summenparametern wie organische Halogenverbindungen (AOX), Erhöhung der biologischen Abbaubarkeit und Reduktion der Toxizität.
Zwei unterschiedliche Verfahren
Prinzipiell kann man hierbei unterscheiden zwischen Verfahren, die bei Temperaturen bis etwa +100 °C und Oxidationsmitteln wie Ozon oder Wasserstoffperoxid arbeiten (z. B. Fenton-Oxidation), und Verfahren, die unter erhöhtem Druck (bis 220 bar) und erhöhter Temperatur (bis +320 °C) arbeiten und Sauerstoff als Oxidationsmittel nutzen (Nassoxidationsverfahren). Vorteil ersterer ist, dass die Investitionskosten, bedingt durch die moderaten Betriebsparameter, in der Regel geringer ausfallen als für die Nassoxidationsverfahren, die einen höheren apparativen Aufwand bedingen. Nachteil ist jedoch, dass der Verbrauch an Oxidationsmittel in einem bestimmten (für die jeweiligen organischen Verbindungen spezifischen) Verhältnis steht zur organischen Belastung des Abwassers und damit die Betriebskosten für höher belastete Abwässer entsprechend hoch liegen. Bayer Technology Services setzt daher Ozonung oder Fenton-Oxidation immer dann ein, wenn die zu behandelnden Abwasserströme eine geringe bis mäßige organische Belastung aufweisen. Für höher belastete Teilströme wird dagegen das Nassoxidationsverfahren bevorzugt, das zwar eine höhere Investition bedingt, bei dem aber mit Sauerstoff ein um eine Größenordnung günstigeres Oxidationsmittel genutzt werden kann.
Milde Reaktionsbedingungen
Als Nassoxidationsverfahren setzt Bayer Technology Services die von Bayer in den 80er- und 90er-Jahren entwickelte und seither kontinuierlich weiter optimierte Niederdruck-Nassoxidation (Loprox) ein. Die Besonderheit dieses Verfahrens besteht in einer Katalyse des Oxidationsprozesses durch Fe2+-Ionen und – als Co-Katalysator – chinonbildende organische Substanzen. Letztere können häufig aus dem Abwasser selbst generiert werden. Mit diesem Verfahren lassen sich biologisch schwer abbaubare oder toxische organische Substanzen bei vergleichsweise milden Reaktionsbedingungen (+160 bis +200 °C) soweit zerstören, dass die entstehenden niedermolekularen Rest-Organika anschließend in einer biologischen Kläranlage leicht abgebaut werden können. Das Rohabwasser wird über einen Gegenstrom-Wärmetauscher (Rekuperator) in den Reaktor – eine ein- oder mehrstufige Kolonne – gepumpt, wo es bei Temperaturen bis +220 °C und bei Drücken im Bereich von 5 bis 30 bar mit reinem Sauerstoff oxidiert wird. Der Sauerstoff wird über einen speziellen Injektor zusammen mit dem Abwasser in die Kolonne eingebracht. Die Injektortechnologie gewährleistet einen intensiven Stoffaustausch, wodurch sowohl eine hohe Sauerstoffausnutzung als auch eine schnelle Kinetik erreicht werden. In einem an den Kolonnenkopf angeschlossenen Phasentrennbehälter werden das behandelte Abwasser vom Abgasstrom getrennt. Das behandelte Abwasser fließt vom Kopf der Reaktionskolonne zum Rekuperator, wird hier abgekühlt, anschließend entspannt und dann in eine biologische Kläranlage eingeleitet. Das Abgas wird ebenfalls heruntergekühlt und, je nach Zusammensetzung, an die Umgebung abgegeben oder einer weiteren Behandlung zugeführt. Durch die frei werdende Reaktionswärme und die Wärmerückgewinnung im Rekuperator benötigt der Prozess normalerweise keine zusätzliche Heizenergie mehr, sondern kann autotherm betrieben werden. Als Werkstoff können je nach Abwasserzusammen- setzung und Reaktionstemperatur Email, Titan oder Teflon-Auskleidungen eingesetzt werden.
Rundumpaket
Das Loprox-Verfahren hat seine Zuverlässigkeit sowohl in technischer Hinsicht als auch in Bezug auf die Behandlungseffizienz in einer Vielzahl von Anwendungen nachgewiesen. Beispiele sind die Anlagen in La Felguera (Spanien) für Abwasser aus der Pharmaproduktion, in Cilegon (Indonesien) für Abwasser aus der Farbenproduktion oder in Leverkusen für Abwasser der chemischen Industrie. Auch die älteste Anlage, 1985 in Betrieb genommen (und noch immer mit der ersten Kolonne ausgestattet), läuft nach wie vor zur vollsten Zufriedenheit des Kunden. Den Auftrag zum Bau der bisher größten Abwasseranlage auf Basis des Niederdruck-Nassoxidationsverfahrens hat Bayer Technology Services im vergangenen Jahr von Makhteshim Chemical Works Ltd., Israels führendem Hersteller und Exporteur von Pflanzenschutzmitteln, erhalten. Bayer Technology Services wurde mit der Ausführung des Extended Basic Engineering, der Lieferung von Hauptanlagenkomponenten, Engineering Services im Detail-Design und der Bauphase inklusive Inbetriebnahme beauftragt. Durch gezielt eingesetzte Labor- und Pilotierungsversuche wurde das Verfahren als optimal ausgewählt und entsprechend dimensioniert. Die Anlage, die in der Prozesskette der biologischen Abwasseraufbereitungsanlage vorgeschaltet ist, unterschreitet die Maßgaben der neuen israelischen Richtlinien für Abwasserqualität deutlich. Hinsichtlich der Anwendung umweltfreundlicher Technologien etabliert sich MCW damit als eines der führenden Unternehmen.
cav 401

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