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Strom sparen mit System

Im Maschinenpark stecken häufig ungenutzte Einsparpotenziale zum Erzielen von Wettbewerbsvorteilen
Strom sparen mit System

Die chemische Industrie ist eine der energieintensivsten Branchen. Rund fünf Prozent des gesamten deutschen Energieverbrauchs gehen zu ihren Lasten. Die Energiekosten machen dabei im Durchschnitt etwa fünf Prozent der Herstellungskosten aus, wobei der Anteil im Bereich der Grundstoffchemie schnell 50 % und mehr betragen kann. Der größte Brocken entfällt dabei auf Stromanwendungen. Hier können enorme Einsparpotenziale erzielt werden.

Annegret-Cl. Agricola, Tobias Hülsemann

Die Steigerung der Energieeffizienz ist für Unternehmen eine Möglichkeit, um auf internationalen Märkten Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Um steigenden Energiekosten entgegenzuwirken, können Entscheider in der Chemieindustrie unter anderem auf optimierte Prozesse setzen. Neue Synthesewege, Reaktionen bei niedrigen Temperaturen durch Katalysatoren und der Einsatz von Rohstoffen mit höherem Reinheitsgrad tragen dazu bei, den Energieverbrauch zu reduzieren. Vielfach nutzen Unternehmen auch bereits Kraft-Wärme-Kopplung.
Was in Unternehmen häufig noch wenig Aufmerksamkeit erfährt, sind die erheblichen Energieeffizienzpotenziale bei den in Neben- oder Hilfsprozessen häufig eingesetzten Querschnittstechnologien wie Druckluft-, Förder-, Kälte-, Luft-, oder Pumpentechnik. Beispiel Pumpen: Sie sind in der Chemieindustrie unersetzlich, um die vielfältigen Medien zu fördern. In großen Chemiekonzernen sind nicht selten Tausende im Einsatz. Dass diese Systeme häufig Energie in großen Mengen vergeuden, bleibt vielfach unerkannt. Wer hier den Hebel ansetzt, stößt auf ein weites Feld für wirkungsvolle Energieeffizienzmaßnahmen, die Kapitalrenditen zwischen 20 und 50 % erzielen.
Stromfresser Pumpen
Die Unilever Deutschland Produktions GmbH stellt im Werk Mannheim Seifenprodukte her. Dafür werden am Standort zirka 200 Pumpen betrieben, von denen der größte Teil Prozess- und Zirkulationspumpen sind. Durch Investitionen in Energieeffizienz in Höhe von 295 000 Euro konnte das Unternehmen den Stromverbrauch seiner Pumpensysteme um 37 % reduzieren und so Kosteneinsparungen von 74 000 Euro pro Jahr erzielen. Die Kapitalrendite der Maßnahmen lag damit bei 21 %.
Wie kam es zu diesem Erfolg? Im Zuge einer vertiefenden Energieanalyse wurden Maßnahmenvorschläge für eine Rückkühlanlage und deren Zirkulations- und Prozesspumpensystem erarbeitet. Die analysierten Pumpensysteme wurden bisher mechanisch gedrosselt betrieben. Durch druckseitig angebrachte Schieber kam es dabei jedoch zu einer Verschiebung des Betriebspunktes der Pumpen in einen wenig effizienten Arbeitsbereich. Basierend auf Leistungs- und Volumenstrommessungen wurde ein Regelkonzept für das betrachtete Gesamtsystem erstellt. Das Konzept sieht die Aufhebung der mechanischen Drosselung vor. Die vorhandenen Schieber lassen sich, ausgestattet mit Motorventilen, in den Regelungsprozess einbinden. Mithilfe von Frequenzumrichtern kann, abhängig von den Anforderungen der laufenden Produktion, dynamisch auf veränderte Volumenströme reagiert werden. Bereits vorhandene Durchflussmesser können als Messwertaufnehmer in eine Regelung eingebunden und die Drehzahl der Pumpen entsprechend angepasst werden. So kann das Unternehmen im Jahr über 900 000 kWh Strom einsparen.
Dabei war es nicht nur der Kosteneffekt, der das Unternehmen überzeugt hat, wie Asmus Wulf, Werksdirektor bei Unilever Mannheim, feststellt: „Wir sind auch dazu verpflichtet, unseren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Deshalb ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, dass wir uns mit dem Thema Energieeffizienz beschäftigen.“
Bei der Identifizierung der möglichen Energieeffizienzmaßnahmen wurde Unilever durch eine Kampagne der Initiative EnergieEffizienz der Deutschen Energie-Agentur (dena) unterstützt. Die Initiative EnergieEffizienz ist eine Aktionsplattform für die effiziente Stromnutzung in allen Verbrauchssektoren, die von der dena sowie den Unternehmen EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall Europe getragen und durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert wird.
Unterstützung für KMU
Mit einem umfangreichen Informationsangebot unterstützt die Initiative insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Steigerung der Energieeffizienz und motiviert sie, bestehende Einsparpotenziale auszuschöpfen. Der Fokus liegt dabei auf elektrisch angetriebenen Arbeitsmaschinensystemen. Häufig ist Unternehmen gar nicht bewusst, wo in ihrem Betrieb Energieeffizienzpotenziale schlummern. Hier setzt das Angebot der Initiative an. Interaktive Tools im Internet, wie zum Beispiel ein Lebenszykluskosten-Rechner für Pumpen, helfen beim Identifizieren von Energieeffizienzpotenzialen und geben Hinweise auf entsprechende Maßnahmen zu deren Erschließung. Detaillierte Fact-Sheets mit Experten-Know-how zu den verschiedenen Technologien zeigen, wo Unternehmen konkret ansetzen können, um die Energieeffizienz zu steigern. Überzeugende Best-Practice-Beispiele stellen vor, wie Unternehmen bereits erfolgreich Energieeffizienzprojekte umgesetzt und dabei zweistellige Kapitalrenditen erwirtschaftet haben.
Für den Energieverbrauch eines Systems ist der Gesamtwirkungsgrad entscheidend. Grundsätzlich gilt daher: Die höchsten Stromspareffekte werden erzielt, wenn das System im Ganzen optimiert wird und nicht nur einzelne Systemkomponenten isoliert betrachtet werden. Zur Steigerung der Energieeffizienz in den Unternehmen setzt die Initiative EnergieEffizienz deshalb gezielt auf die Optimierung von Gesamtsystemen. Dabei ist immer Schritt für Schritt vorzugehen. Das komplette Pumpensystem ist zu analysieren und der tatsächliche Förderbedarf zu bestimmen. Am Förderbedarf wird die Dimensionierung zum Beispiel der Pumpe, des Kompressors oder des Ventilators ausgerichtet. Hierbei ist die Feinabstimmung aller Komponenten, zu denen unter anderem auch der Antrieb, die Ventile, die Armaturen und die Rohrleitungen zählen, besonders wichtig. Aber es geht natürlich auch nicht ohne den Einsatz moderner energieeffizienter Technik, wie Steuerungs- und Regelungstechnik oder Hocheffizienzmotoren.
Das entscheidende Kriterium für die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen ist ihre Wirtschaftlichkeit. Denn jede Entscheidung für energieeffiziente Technologien ist auch eine Investitionsentscheidung. Um die Wirtschaftlichkeit der geplanten Investitionen zur Energieeffizienzsteigerung genau bewerten zu können, ist eine Lebenszykluskostenanalyse erforderlich. Dabei werden die verschiedenen Kostenarten eines Systems über seinen gesamten Lebenszyklus betrachtet. In der Regel zeigt sich dabei, dass die Energiekosten mit 40 bis über 80 % den größten Kostenanteil ausmachen. So verursachen beispielsweise die Stromkosten einer Druckluftanlage rund 75 % der Lebenszykluskosten. Die Stromeinsparung ist also der wesentliche Hebel, um die Kosten zu reduzieren.
Auch die Baxter GmbH wurde im Rahmen der Initiative EnergieEffizienz bei der energetischen Optimierung ihrer Pumpensysteme unterstützt. Das Unternehmen entwickelt und produziert Arzneimittel und Medizintechnik. Im Werk Plattling stellt es insbesondere Infusionslösungen her. Die hierzu eingesetzten Pumpen verursachen etwa 16 % des gesamten Stromverbrauchs und arbeiten mit einer Gesamtleistung von 100 kW. Das betriebliche Heizungssystem mit seinen Hauptpumpen und das Prozesswärmesystem wurden bei der Beratung auf Energieeffizienzpotenziale hin analysiert.
Das Heizungssystem versorgt die Büroräume mit Wärme und unterstützt die Arbeit der Klimaanlage. Eine Dampfkesselanlage stellt die benötigte Wärmeenergie zur Verfügung, zwei redundant betriebene Pumpen sorgen für die Verteilung. Die Analyse ergab, dass der Energieverbrauch der Pumpensysteme durch den Einsatz von Frequenzumrichtern zu senken ist, die die Pumpendrehzahl dem Förderstrom, der aus dem Wärmebedarf resultiert, anpassen.
Erfolgreiche Analyse
Das Prozesswärmesystem dient der Versorgung der Produktion mit erhitztem Wasser für die Herstellung der Infusionslösungen. Aus betriebshygienischen Gründen ist in den Leitungen ein Mindestvolumenstrom aufrechtzuerhalten. Dieser Volumenstrom wird, unabhängig vom tatsächlichen Bedarf, permanent von den Pumpen zur Verfügung gestellt. Die tatsächlich benötigte Menge wurde zum Zeitpunkt der Untersuchung durch die Drosselung mittels eines Handventils eingestellt. Im Zuge der Analyse wurden der Volumenstrom und die Leistungsaufnahme im gedrosselten und im ungedrosselten Zustand ermittelt. Die Differenz der Messwerte zeigte eine mögliche Volumenstromreduzierung auf. In Zeiten, in denen keine Produktion stattfindet, kann die bisherige Drosselung aufgehoben und der Volumenstrom durch eine Verringerung der Pumpendrehzahl mithilfe von Frequenzumrichtern reduziert werden. Das Unternehmen kann mit diesen Energieeffizienzmaßnahmen die Energiekosten der untersuchten Pumpensysteme um über 15 % senken.
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