Ein Beispiel für die Silonutzung ist die Kunststoffrecyclingindustrie, bei der Kunststoffe gesammelt, gewaschen, zerkleinert, entstaubt und als Mahlgut einem Extruder zugeführt werden. In diesem konkreten Fall sollte das inhomogene geschredderte Kunststoffgranulat in einem Silo mit einer Mischschnecke homogenisiert und gleichmäßig verteilt werden. Das Silo wurde in hochwertiger Ausführung von der Firma Eichholz Silo- und Anlagenbau aus Aluminium gefertigt. Den gewünschten Schneckenantrieb von unten hatten die Silospezialisten bisher nur bei kleineren Anlagen verwendet. Deshalb war es während der Konstruktionsphase wichtig, die maximale Auslenkung des über 15 m langen, dünnwandigen Schneckenrohres aus Edelstahl und die Abstützungen so festzulegen, dass keinesfalls eine zu starke Durchbiegung und dadurch eine drohende Schädigung der Antriebswelle auftreten kann.
Die spezielle Herausforderung war, dass die Schnecke mittig sitzt und deshalb der Siloeinlass exzentrisch erfolgen muss, was zu einer ungleichmäßigen Belastung des Schneckenrohres führt. Für solche Szenarien existieren keine standardisierten Lastannahmen und keine Normen, mit denen eine betriebssichere Konstruktion erstellt werden kann. Deshalb hatte Eichholz die Berechnungsexperten von Cadfem beauftragt, anhand von Simulationen die erforderlichen Antworten auf die Fragen der Konstrukteure zu liefern. Mit der Simulation konnte die Belastung und Durchbiegung des Rohres für unterschiedliche Konstruktionsvarianten und Lastfälle ermittelt und verglichen werden, um daraus eine korrekte Dimensionierung der Bauteile festzulegen und somit jederzeit einen sicheren Betrieb zu gewährleisten.
Simulation im Auslegungsprozess
In einem ersten Schritt wurden zwischen allen Projektbeteiligten die Zielgrößen, die Eingangsparameter und die zu untersuchenden Szenarien vereinbart. Danach erfolgte die Analyse des Schüttgutes und die für die Partikelsimulation notwendige Materialkalibrierung. Wichtige Kenngrößen sind zum Beispiel der Reibungskoeffizient des Schüttgutes, der mithilfe des Schüttgutwinkels ermittelt werden kann, und die Schüttdichte. Mit den von Eichholz zur Verfügung gestellten 3D-CAD-Daten der Geometrie des Silos konnten digitale Modelle erstellt werden, um im Anschluss die gewünschten Simulationen durchzuführen. In diesem konkreten Fall wurde die dynamische Wechselwirkung zwischen dem Schüttgut und den Bauteilen mit der Software Rocky DEM (DEM – Diskrete Element Methode) untersucht, und die mechanische Belastung der Bauteile mit Ansys Mechanical (FEM – Finite Element Methode) berechnet.
Der Befüllvorgang wurde mit einer maximalen Anzahl von 1,3 Mio. Partikel (DEM) simuliert, wobei die Partikeldynamik mit einem Skalierungsmodell physikalisch korrekt wiedergegeben wurde. Für jeden Füllstand stellten sich mit einer Setzungssimulation des Materials die statischen Schüttwinkel ein und die Bewegung des Schüttgutes kam zum Erliegen. Anschließend konnten für die verschiedenen Füllstände die kritischen Lastpunkte und statischen Lasten ermittelt werden. Diese Ergebnisse wurden in Ansys importiert und weiterverarbeitet, sodass sich damit die Spannungen und Verformungen des Schneckenrohres ermitteln ließen. Außerdem wurden die ermittelten Lasten an den Statiker (Ingenieurbüro Grote) übergeben, der die simulierten Lasten in seine Auslegung einbeziehen konnte.
Auf Basis dieser Ergebnisse ließ sich die Befestigung des Schneckenrohres korrekt dimensionieren und positionieren, sodass die Durchbiegung des Rohres zu keinem Zeitpunkt die Welle beeinträchtigte. Das gilt auch für den dynamischen Befüllungs- und Entladungsprozess. Aufgrund des Einsatzes einer Mischschnecke findet die Entladung des Silos sehr gleichmäßig statt. Folglich hat der Entladungsprozess, der ebenfalls exzentrisch erfolgt, keinen Einfluss auf die statischen Lasten am Schneckenrohr und ist daher unkritisch.
Mehrwert für die Anwender
Die FEM-Berechnungen auf Basis der DEM-Simulationsergebnisse zeigten aber auch, dass die Blechstärke der oberen Abstützung zu gering war und deshalb der Befestigungsring der Belastung nicht standhalten würde. Die Materialstärke des Rings musste von 8 auf 12 mm erhöht werden, was zu einer Halbierung der lokalen Spannungen führte. Wäre die konstruktive Anpassung ohne Simulationen durchgeführt worden, hätte Eichholz über den Bau eines kostspieligen Prototypen das Verhalten des Silos testen müssen. Bei dieser Trial-und-Error-Methode wäre viel zusätzliche Zeit notwendig gewesen. Mit den Simulationen und aufgrund der engen Kooperation zwischen Eichholz, dem Ingenieurbüro Grote und den Simulationsspezialisten von Cadfem konnten Kosten eingespart werden und der Eichholz-Kunde war in der Lage, alle Silos schneller in Betrieb zu nehmen.
Cadfem Germany GmbH, München
Statement
Mit der Simulation konnten wir ein Verständnis dafür entwickeln, wie sich die Lasten im Inneren des Silos verteilen und damit aufwendige Testaufbauten einsparen. Dies hat das Projekt beschleunigt und schafft Sicherheit für uns und unsere Kunden.
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