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Auf Nummer sicher gehen

Hygienegerechte Schmierung von Produktionsanlagen
Auf Nummer sicher gehen

Die europäische Gesetzgebung verlangt, dass die Handhabung, Verarbeitung, Verpackung etc. von Arzneimitteln nach den höchstmöglichen hygienischen Maßstäben vonstatten geht. Das betrifft nicht zuletzt auch die bei der Produktion eingesetzten Schmierstoffe. Da die genaue Umsetzung dieser Richtlinien jedoch den Unternehmen überlassen bleibt, empfiehlt es sich, bei der Bestimmung der Nachschmierintervalle oder bei der Umstellung auf H1-Schmierstoffe mit einem Schmierstoffexperten zusammenzuarbeiten.

Die Autorin: Helga Thomas Market Manager Pharma and Chemical Industry, Klüber Lubrication

Wer Fertigarzneimittel herstellt und auf den Markt bringt, muss gewährleisten, dass die Qualität stimmt – und zwar über die gesamte Produktionskette hinweg. Um sicherzu-stellen, dass die Arzneimittel nach gleichbleibend hohen Qualitätsstandards produziert und geprüft werden, gelten die Richtlinien der Guten Herstellungspraxis (Good Manufactur ing Praxis, EU-GMP-Leitfaden Teil I) zur Qualitätssicherung der Produktionsabläufe und -umgebung. Ob die Pharmaunternehmen ihrer Pflicht nachkommen, prüfen die Überwachungsbehörden im Rahmen ihrer turnusmäßigen GMP-Inspektionen. Im Rahmen eines Audits können auch die in der Produktion verwendeten Betriebsstoffe, insbesondere die Schmierstoffe, geprüft werden.
Dabei wird zum einen geprüft, ob die relevanten Dokumente zu den Schmierstoffen, wie Sicherheitsdatenblatt, H1-Registrierung sowie ISO 21469-Zertifizierung, vorhanden sind. Eine Zertifizierung nach ISO 21469 belegt, dass die H1-Schmierstoffe nach hygienischen Regeln produziert wurden und für die Schmierung von pharmazeutischen Produktionsmaschinen entwickelt wurden.
Diese Zertifizierung sorgt im Produktionsalltag auch bei ungeplanten Zwischenfällen für Sicherheit. Wenn beispielsweise ein Hydraulikölschlauch platzt und so das gesamte Produktionsumfeld kontaminiert wird, können auch nach intensiver Reinigung Spuren des Hydrauliköls auf den Maschinen verbleiben. Wird jedoch ein H1-zertifiziertes Hydrauliköl verwendet, sind diese Restspuren unproblematisch und beeinträchtigen die Produktionssicherheit nicht. Neben diesen Dokumenten kann in einem Audit auch die richtige Anwendung und Lagerung der Schmierstoffe sowie die Dokumentation der damit verbundenen Arbeitsabläufe, zum Beispiel die Wartung und Nachschmierung der Produktionsmaschinen, geprüft werden. Alle Arbeitsabläufe müssen in sogenannten SOP (Standard Operation Procedures) dokumentiert werden. Das zentrale Dokument ist dabei ein Wartungsplan, der neben dem Schmierstoff, der Schmierstelle und dem Nachschmierintervall auch die richtige Nachschmiermenge enthält.
Die Anwendung ist entscheidend
Häufig ist jedoch unklar, wie das Nachschmierintervall zu definieren ist und wie groß die Nachschmiermenge sein soll. Auch wenn die Maschinenhersteller dies in ihren Wartungsplänen vorgeben, müssen die spezifischen Betriebsbedingungen wie Temperatur, Druck, Vakuum etc. sowie die jeweiligen Prozessmedien mitberücksichtigt werden, da diese einen großen Einfluss auf das Nachschmierintervall haben. Daher sollten die Nachschmierintervalle direkt im Produktionsbetrieb unter Berücksichtigung dieser Einflussgrößen definiert werden. Bei der Bestimmung des Nachschmierintervalls von Wälzlagern sind neben den Betriebsbedingungen und Prozessmedien auch die Faktoren Drehzahlkennwert, Lagertyp, Einbausituation und Dichtungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus können die Prozessmedien, wenn sie z. B. Lösemittel oder chemisch reaktive Substanzen enthalten, ein Wälzlagerfett so verändern, dass es massiv in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. In diesen Fällen sollte der chemische Aufbau des Wälzlagerfettes so ausgewählt werden, dass es resistent, d. h. chemisch beständig gegen das Prozessmedium ist. Die Spezialschmierstoffhersteller bieten dazu Beratung an und können zur Ab- sicherung chemische Analysen durchführen.
Umstellung auf H1-Schmierstoffe
Zur Vorgehensweise bei der Umstellung von Industrieschmierstoffen auf H1-Schmierstoffe gibt es mittlerweile Empfehlungen von Organisationen wie der EHEDG (European Hygienic Engineering & Design Group), einer Expertengemeinschaft von Maschinen- und Komponentenherstellern. Auch ist es sinnvoll, bei der Umstellung von Produktionsmaschinen auf H1-Schmierstoffe auf die Unterstützung eines Schmierstoffexperten zurückzugreifen.
Wichtig ist, dass Maschinen wie Kompressoren oder Hydraulikanlagen, die lange Zeit mit Industrieölen betrieben wurden, von möglicherweise aus diesen Ölen stammenden Rückständen gereinigt werden. Dazu sollte das System zunächst auf Betriebstemperatur gebracht werden. Anschließend werden cirka 10 % des Altöls abgelassen und durch ein hierfür entwickeltes Reinigungskonzentrat ersetzt. Das System muss dann cirka 60 Stunden unter Betriebsbedingungen laufen, anschließend wird das Öl komplett abgelassen. Danach sollte ein Spülvorgang mit einem H1-registrierten Öl durchgeführt werden, das dann ebenfalls vollständig abgelassen wird. Das benutzte H1-Spülöl kann gegebenenfalls noch als Spülöl für andere Systeme verwendet werden.
Bevor die gereinigte Maschine mit frischem H1-Öl befüllt wird, müssen unbedingt noch die Ölfilter ausgetauscht werden. Tut man dies nicht, wird das Frischöl mit Verunreinigungen aus dem alten Ölfilter kontaminiert. Zur Dokumentation der durchgeführten Arbeiten ist es wichtig, dass nach Abschluss der Umstellung von dem Frischöl eine Ölanalyse durchführt wird. Damit wird belegt, dass alle Arbeiten ordentlich durchgeführt worden sind.
Wechselwirkungen mit anderen Stoffen
Generell gilt bei der Umstellung auf ein neues Schmieröl, dass vorab die Mischbarkeit mit dem Vorgängeröl geklärt werden sollte. Mineralöle, Weißöle, synthetische Kohlenwasserstofföle sowie Esteröle sind in der Regel miteinander mischbar. Andere Öltypen wie Silikonöle, perfluorierte Öle (PFPE) sowie Polyglykolöle sind untereinander nicht mischbar.
Auch die Verträglichkeit mit den Dichtungen sollte geprüft werden. Wird von einem unpolaren Öl – Mineralöl, Weißöl oder synthetischem Kohlenwasserstoff – auf ein polares Öl umgestellt – Esteröl und viele Polyglycolöltypen sind polar – kann es zum Quellen oder Schrumpfen der Dichtungen kommen. Dies kann vermieden werden, indem die Dichtungen durch solche ersetzt werden, bei denen zuvor die Verträglichkeit des Dichtungselastomers mit dem neuen Öl geprüft wurde.
Bei der Umstellung auf ein neues Schmierfett ist die Entfernung des Altfettes besonders wichtig, da Fette im Vergleich zu Ölen komplexere System sind. Daher gilt hier die Regel, grundsätzlich das alte Fett möglichst vollständig zu entfernen, bevor die Nachschmierung mit dem neuen Fetttyp erfolgt. Dann ist die volle Leistungsfähigkeit des neuen Schmierstoffs gegeben.
prozesstechnik-online.de/cav0713423
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