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Aus Biogas wird Erdgas

Wirtschaftliche Aufbereitung mit dem BCM-Verfahren
Aus Biogas wird Erdgas

Die Herstellung von Biogas aus organischen Abfällen der chemischen Industrie und der Lebensmittelindustrie hat sich etabliert. Eine Alternative zur Verstromung dieses Biogases im Blockheizkraftwerk ist die Aufbereitung zu Biomethan und dessen direkte Verwertung oder Einspeisung in das Netz. Oft diskutierte Verfahren hierfür sind die Druckwechseladsorption und die Druckwäsche. Mit dem BCM-Verfahren steht jetzt ein umweltfreundliches und wirtschaftliches Verfahren zur Verfügung.

Dr.-Ing. Lothar Günther, Dr. Jörg Hofmann, Dr. Mike Wecks

Die Hauptbestandteile von Biogas sind Methan und CO2. Um aus Biogas Biomethan machen zu können, muss zunächst das CO2 aus diesem Gemisch entfernt werden. Hierfür stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, die sich sehr stark in ihrem Wirkungsgrad unterscheiden. Die beispielsweise beim BCM-Verfahren von DGE erreichbaren Arbeitskapazitäten sind mit bis zu über 70 g CO2/l in der Waschlösung um den Faktor 100 höher als vergleichsweise bei Wasser. Die einfache Wasserwäsche kann damit allein aus chemisch-physikalischen Gründen nicht mit dem BCM-Verfahren konkurrieren.
Bei der CO2-Wäsche mit dem Produkt Genosorb 1753 stellt sich bei Normaldruck eine vergleichbare Beladung des Waschmittels mit 6 g/l ein. Dies ist zwar gegenüber Wasser deutlich besser, aber um den Faktor 10 schlechter als beim BCM-Waschverfahren. Die Konsequenz ist, dass erheblich größere Waschmittelmengen und Drücke für die vollständige Abscheidung des CO2 erforderlich sind. Darüber hinaus absorbiert dieses Waschmittel CH4 und CO2 im Verhältnis 1:15,5. Sind so z. B. in einem Biogasstrom von 100 Nm³/h 40 Vol.-% CO2 enthalten, so werden auch 2,58 Nm³/h an Methan mit ausgewaschen. Dies ist ökologisch unbefriedigend, da die Umweltschädigung von Methan 21-fach höher ist als die von CO2.
Bei der Druckwechseladsorption (PSA) wird das Biogas auf einen Druck von 2 bis 6 bar komprimiert. Der hierfür erforderliche Energieaufwand ist enorm. Es muss weiter berücksichtigt werden, dass das Biogas gekühlt werden muss, da sich dieses durch die Kompression deutlich erwärmt. Wirtschaftlich arbeitet die Druckwechsel-adsorption dann, wenn das CO2-Gas mithilfe einer Vakuumpumpe abgesaugt wird. Mit dem CO2 entweichen aber auch 4 bis 6 Vol.-% des Methans. Im Biogas sind jedoch neben den bekannten Verunreinigungen an Wasserstoff auch organische Spuren im Bereich bis zu 1000 ppm oder darüber enthalten. Diese Spuren sind z. B. Terpene mit über 100 ppm, Thiole mit über 10 bis 100 ppm, organische Schwefelverbindungen, Siloxane usw. Diese Verbindungen müssen vor Eintritt in die PSA entfernt werden. Wird dies nicht vorgenommen, so tritt schnell eine Verringerung der Arbeitskapazität ein, die zu verschlechterten Ausbeuten und somit zu geringeren Methangehalten im Biomethan und zu Verlusten führt. Die Alternative ist die Anordnung eines Reserveadsorbers zur Vermeidung von Stillständen und der Austausch der Aktivkohle, da diese mit der PSA nicht ausreichend regenerierbar wird. Diese Verfahrensführung funktioniert sicher, jedoch sind die Ergebnisse aufgrund der unterschiedlichen organischen Spuren im Biogas nicht einfach auf eine andere Biogasanlage übertragbar. Wichtig ist hier vor allem, dass die An- und Abfahrzustände einer Biogasanlage sowie der Störfall mit dem Einbruch der Biologie berücksichtigt werden. Allein diese Zustände können den Verbrauch an Aktivkohle stark verändern. Die PSA muss daher immer auf jeden Einzelfall gesondert zugeschnitten betrachtet werden. Die Fragen der Garantie für die Abscheideleistung sind hier immer an die bestehenden Betriebsbedingungen der Biologie im Fermenter gebunden. Wie dies praktisch und analytisch realisiert werden soll, werden künftige Ergebnisse zeigen. Verfahrensbedingt sind jedoch die bestehenden Methanverluste bei der Regeneration, die mit 3 bis 5 % angegeben werden. Eine wirtschaftliche Verwertung dieses Regenerationsgases ist nicht möglich. Damit ist die ökologische Sinnfälligkeit dieser Reinigungsmethode mindestens sehr fraglich.
Das BCM-Verfahren
Das BCM-Verfahren erlaubt eine wirtschaftliche Biomethanerzeugung. Vor allem dann, wenn, wie beispielsweise beim BCM-3-Verfahren, die Wäsche so gesteuert wird, dass die Desorption des Kohlendioxids bei höheren Drücken erfolgt. Der entscheidende Vorteil dieser Verfahrensweise besteht darin, dass dann eine geringere Wassermenge verdampft und damit eine deutlich geringere Energie für die Regeneration der Waschlösung gegenüber konventionellen Verfahren nötig ist. Ein weiterer Vorteil dieses Verfahren ist, dass die eingesetzte Wärme für die Regeneration wieder als Abwärme zurückgewonnen wird. Die für die Regeneration der Waschlösung erforderliche Energie muss jedoch auf einem Temperaturniveau von möglichst 150 bis 200 °C zur Verfügung gestellt werden. Sie kann mittels Dampf einer entsprechenden Druckstufe oder Thermalöl bereitgestellt werden. Ein entscheidender Vorteil des BCM-Verfahrens besteht darin, dass die Entfernung des CO2 aus der Waschlösung nahezu vollständig erfolgt und somit sehr hohe Arbeitskapazitäten unter Normaldruck für die Waschlösung erreicht werden. Eine Einspeisung in das Netz eines Verbrauchers ist jetzt möglich, wenn die Rahmenbedingungen dafür gegeben sind. Die direkte Verwendung von Biomethan im eigenen BHKW ist mit erheblichen Kostenvorteilen ohne Einschränkungen sofort für jeden Biogasbetreiber möglich.
Hohe Reinheit
Der Verfahrensvergleich zwischen BCM-Verfahren, Druckwasserwäsche, Wäsche mit Genosorb und PSA zeigt den deutlichen Vorteil des BCM-Verfahrens. Die notwendigen Servicekosten des BCM-Verfahrens lassen sich hier mit unter 0,5 cent/kW angeben und können vom Betreiber selbst realisiert werden. Die notwendigen Kosten für die Investition liegen im Vergleich zum BHKW maximal bei 80 bis 90 %. Die Standzeit einer Biogasreinigungsanlage beträgt bis zu 25 Jahre.
Mit dem vorgestellten BCM-Verfahren kann das Biogas zu folgender Qualität wirtschaftlich aufbereitet werden:
Die technische Herstellung von Biomethan könnte nach dem derzeitigen Erkenntnisstand deutlich gesteigert werden, wenn dazu die Förderung analog dem EEG erfolgt. Eine wie in der Schweiz bestehende einfache Lösung ist sicher vorteilhaft. Wenn für jede kWh an Biomethan, die in das Erdgasnetz eingespeist wird, eine Vergütung von 5 cent erfolgt, kann hier sofort eine wirtschaftliche Biomethanverwertung erreicht werden. Das bestechend Einfache daran ist, dass der Staat und der Biogasbetreiber Subventionen und Betriebskosten sparen. In Deutschland gibt es über 2000 Biogasanlagen. Setzt man hier eine durchschnittliche elektrische Leistung von 200 kWh an, so ergibt sich daraus eine elektrische Leistung, die einem Kraftwerk vom 400 MW Leistung entspricht. Betrachten wir aber die Nebeneffekte, mit dem Auslastungsgrad der Abwärmenutzung und vor allem die bei der Biogasverstromung im BHKW um den Faktor 40 höheren Emissionen als bei konventionellen Kraftwerken, so ist dies eher ernüchternd und kontraproduktiv für den Umweltschutz.
Praxisbeispiel
Ein einfaches Beispiel soll den gegenwärtig realisierbaren wirtschaftlichen Betrieb mit dem BCM-Verfahren verdeutlichen. Bei einer Produktion von 100 Nm³/h Biogas ohne weitere Zuschläge wie NaWaRo, KWK und Technologiebonus erwirtschaftet man mit einem BHKW einen Erlös von 11,04 Euro/h, wobei mit den Zuschlägen NaWaRo und KW ein Erlös von 26,02 Euro/h erreicht wird. Wird dagegen das Biogas zu Erdgas aufbereitet und in das Netz zu 3 cent/kWh abgegeben, ergibt sich ein Erlös von 13,83 Euro/h, der durch den KWK- und Technologiebonus noch deutlich höher ist. Damit ist bereits heute die Erdgaseinleitung wirtschaftlich.
cav 432

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