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Automatisierungsplattform für die Liquida-Produktion

Prozess- und Gebäudeautomation aus einem Guss
Automatisierungsplattform für die Liquida-Produktion

Engelhard Arzneimittel ist auf die Produktion freiverkäuflicher Arzneimittel spezialisiert. Das bekannte Hustenmittel Prospan beispielsweise vertreibt der Hersteller in mehr als hundert Ländern. Mit dem Neubau der Produktionsgebäude und der Fertigungsanlagen für Liquida schafft das Pharmaunternehmen das Fundament für eine nachhaltige Produktion – unterstützt durch die Automatisierungsplattform PC-based Control und die Applikationsingenieure von Beckhoff.

Bei Engelhard Arzneimittel am Standort in Niederdorfelden bei Frankfurt arbeiten rund 450 Personen, davon etwa 100 in der Produktion. Mit dem Bau eines neuen Verwaltungs- und eines Produktionsgebäudes reagierte das Unternehmen 2019 auf die gestiegene Nachfrage. Effizienz und Nachhaltigkeit standen bei der Planung der Gebäude mit im Fokus: Das 2020 fertiggestellte Produktionsgebäude mit einer Fläche von rund 10 000 m² unterschreitet in seiner Energiebilanz nicht nur den KfW55-Standard, die neue Liquida-Fertigung wird auch zu 100 % mit Ökostrom betrieben.

Für das komplette Automatisierungsprojekt ist Rüdiger John als Head of Engineering verantwortlich – unterstützt von der Beckhoff-Anlagentechnik. Schon bei der Implementierung von Beckhoff-Technik in die Alt-Anlage im Jahr 2014 hat den Ingenieur die Flexibilität der offenen Automatisierungsplattform PC-based Control überzeugt.

Die Produktionsanlage in Niederdorfelden ist für die Produktion aller liquiden Arzneimittel konzipiert. Rüdiger John: „Das Spektrum reicht vom Hustensaft Prospan über andere Liquida, die wir zum Beispiel in kleine Beutel abfüllen, bis hin zu Hustentropfen. Auch Mundspüllösungen für Zahnarztpraxen oder Suspensionen für Säuglinge hat Engelhard im Sortiment. „Wir analysieren gerade, ob es sinnvoll ist, auch diese Produkte auf der Anlage zu produzieren“, sagt der Engineering-Leiter. Schließlich setzt jeder Produktwechsel umfangreiche Reinigungszyklen in Gang. Hier zeigt sich bereits eine Besonderheit der Anlage: „Wir haben die verschiedenen Reinigungszyklen genauso wie Rezepturen für die Liquida-Herstellung in der Twincat-Steuerung angelegt und in die mit Twincat HMI realisierte Rezeptursteuerung implementiert“, betont Stefan Maßmann von der Beckhoff-Anlagentechnik, der zusammen mit seinen Kollegen Andreas Wieners und Jürgen Bolte das Automatisierungsprojekt betreut.

IP 67-geschützte Module

Allein die fünf Ansatztanks in Niederdorfelden haben ein Volumen von jeweils 2 x 10 000 l und 3 x 5000 l. Hinzu kommen weitere Behälter für Grundsubstanzen und Zwischenlagerung. In diesem Produktionsbereich kommen überwiegend IP 67-geschützte Ethercat-Module zum Einsatz, mit denen die zahlreichen Signale der Sensoren und Aktoren eingesammelt werden.

Damit die Prozesse einwandfrei laufen, setzt Rüdiger John auf die Automatisierungsplattform PC-based Control von Beckhoff, nicht zuletzt auch aufgrund seiner Erfahrungen beim Bau der Produktionshalle selbst: Hier hat Elektro Beckhoff, ein Unternehmen der Beckhoff Gruppe, einen Großteil der elektrotechnischen Installationen ausgeführt.

Die Aggregate für die Prozesswärme und -kälte, die für die Hustensaftproduktion notwendig ist, sind über Wärmetauscher mit der Anlage gekoppelt. Natürlich werden darüber auch die Produktionshallen selbst und die Büros klimatisiert. Diesen Spagat zu meistern ist nicht ganz einfach. „Bei der regelungstechnischen Auslegung und Optimierung war und ist es von Vorteil, dass die verschiedenen Gewerke mit PC-based Control inklusive Twincat automatisiert sind“, betont Andreas Wieners.

335 Antriebe, 17 Pumpen und Rührwerke, ca. 240 Messstellen sowie 13 Begleitheizungen geben einen ersten Eindruck von der Dimension der Prozessautomation. Hinzu kommt die Anbindung von Teilaggregaten wie z. B. die Reinstwasserversorgung, der Produkttransfer über vier Molchsysteme, die Abwasserbehandlung oder die zentrale Absaugung, Stickstoff- und Argonbereitstellung sowie das Ethanollager. In diesem Anlagenteil kommen Ethercat-Klemmen der ELX-Serie für den Ex-Bereich zum Einsatz, die die verschiedenen Prozessgrößen abdeckt. Die gesamte Steuerungstechnik ist über Ethercat und diverse I/O-Klemmen, verteilt über mehrere Schaltschränke und IP 67-geschützte Ethercat-Module, vernetzt. Insgesamt sind ca. 460 Ethercat-Slaves installiert, darunter mehrere IO-Link-Master zur Anbindung von RFID-Schreib-Leseköpfen.

Kameras überwachen die Tanks

Eine Besonderheit ist die in die Behälter integrierte Videoüberwachung: Damit lässt sich die Schaumbildung im Tank kontrollieren und die Füllstände auf Plausibilität prüfen, ohne dass die Tanks geöffnet werden müssen. Das vermeidet eine Kontamination der Arzneimittel. Insgesamt 16 Kameras plus Beleuchtung sind in die Anlagenvisualisierung auf Basis von Twincat HMI integriert. Bei Bedarf kann sich jeder Bediener die Live-Bilder an einem der 16 über die gesamte Anlage verteilten Control Panel und Panel-PCs von Beckhoff einblenden lassen.

Jeder Bedienplatz verfügt über einen RFID-Reader, über den sich die Produktionsmitarbeiter vor jedem Eingriff am System anmelden müssen. Zudem wurden die RFID-Chips der Bediener mit RMD-ASICs nachgerüstet, die somit kompatibel mit dem System für die Zutrittskontrolle ins Gebäude sind. Mit ihren Tags loggen sich die Mitarbeiter nicht nur an den Bedienstationen ein und erhalten ihre Berechtigungsfreigaben, sondern kommen damit auch ins Gebäude und in die für sie freigegebenen Produktionsbereiche. Entsprechend den jeweiligen Aufgaben wurden insgesamt zehn Nutzerprofile definiert und in Twincat HMI implementiert.

Manueller Schlauchbahnhof

Hinsichtlich Sicherheit hat sich Engineering-Leiter Rüdiger John etwas Besonderes einfallen lassen – den Schlauchbahnhof. Hier werden die Verbindungen zwischen den Behältern nach wie vor manuell über Schlauchverbindungen hergestellt. Um falsch angeschlossene Schläuche oder fehlende Endverschlüsse sicher zu erkennen, setzen die Automatisierer auch hier auf RFID-Technik. Tags an jedem Schlauch und RFID-Reader an den Leitungsanschlüssen machen alle Komponenten und ihre Position im Prozess eineindeutig identifizierbar.

Dazu sind in der Visualisierung und Steuerung zu jedem Produktionsprozess sämtliche Schlauchverbindungen hinterlegt, die der Mitarbeiter von Hand herstellen muss. Erst wenn alle Schläuche (Tags) an den richtigen Stutzen (RFID-Readern) sitzen, gibt Twincat den nächsten Prozessschritt frei. „Wir können über die Tags an den Schläuchen sogar kontrollieren und sicherstellen, dass nur mediengerechte und zuvor gereinigte Schläuche verwendet werden“, erklärt Stefan Maßmann. Und sollte der Werker doch einmal einen Fehler bei der „Verdrahtung“ machen, erkennt das Twincat sofort anhand der unzulässigen Tag-ID und unterbricht den Prozessschritt so lange bis der Mitarbeiter die richtige Schlauchverbindung hergestellt hat und quittiert.

Von den insgesamt 50 RFID-Readern werden einige im Schlauchbahnhof installiert sein. „Das wollen wir demnächst angehen“, betont Rüdiger John mit Blick auf die nächsten Erweiterungen der Produktion. Auf seiner Roadmap stehen ebenso Themen wie die Anbindung der Produktionsplanung an die Kampagnen und Bedarfsprognosen aus dem überlagerten ERP-System. „Irgendwann wollen wir die Rezepte aus SAP heraus implementieren“, sagt der Engineering-Leiter. Aus seiner Sicht wird mit der Automatisierungsplattform PC-based Control auch diese Anbindung problemlos gelingen.

Beckhoff Automation GmbH & Co. KG, Verl

Halle 7, Stand 406


Autor: Benjamin Bruns

Branchenmanagement Prozessindustrie,

Beckhoff

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