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Carbon Footprint in der Wasseraufbereitung

Klimaschutzziele messbar machen
Carbon Footprint in der Wasseraufbereitung

Viele produzierende Unternehmen suchen technische Lösungen, um Ressourcen effizienter zu nutzen. Doch der Vergleich von Verfahrensalternativen ist nicht immer leicht. Mit der Berechnung des Carbon Footprints für Wasseraufbereitungsanlagen liefert Berkefeld ein objektives Indiz für sparsame Lösungen, denn energieeffiziente Technologien und ein optimierter Chemikalienverbrauch sind die Schlüssel zu geringeren CO2-Emissionen.

Der Autor: Volker Alps Vertriebsleiter Industrie, VWS Deutschland

Der Carbon Footprint ist die Gesamtheit an Treibhausgasemissionen, die direkt oder indirekt durch eine Person, ein Unternehmen, ein Produkt oder ein Ereignis verursacht werden. Zu den Treibhausgasen zählen u. a. Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) oder Stickstoffoxid (N2O). Die Emissionen werden für alle Treibhausgase einheitlich in Tonnen CO2-Äquivalenten (CO2-e) angegeben. Eine Tonne CO2-e entsteht etwa bei der Verbrennung von 400 kg Kohle oder einer 4000 km langen Fahrt mit einem Kleinwagen. Die Berechnung des Carbon Footprints hat in den vergangenen Jahren auch in der Prozessindustrie zunehmend an Bedeutung gewonnen – aus gutem Grund. Der CO2-Wert einer Anlage bemisst deren Klimaauswirkungen und ist zugleich ein guter Indikator für ihre Ressourceneffizienz.
Carbon Footprint berechnen
Das Veolia-Wassertechnikunternehmen Berkefeld berechnet seit 2009 den Carbon Footprint seiner Anlagen zur Wasseraufbereitung und Abwasserreinigung. Für alle standardisierten Anlagenkomponenten wird der Carbon Footprint bereits in den Angebotsunterlagen aufgeführt. Geht es um maßgeschneiderte Systeme, kann eine vergleichende Carbon-Footprint-Analyse eine sinnvolle Entscheidungshilfe bei der Wahl zwischen alternativen Verfahrenslösungen sein.
Die Berechnung des Carbon Footprints basiert auf der international anerkannten Gesamtbilanz für Kohlenstoff und berücksichtigt alle direkten und indirekten Klimagasemissionen, die während des Lebenszyklus der Anlage entstehen. Dazu wird die Anlage virtuell in ihre Bestandteile zerlegt und der Carbon Footprint der verschiedenen Materialien unter Berücksichtigung der Art der Energieerzeugung softwaregestützt errechnet. Wie eine solche Analyse im Detail aussieht, zeigt das Beispiel der Umkehr-osmoseanlage MegaRO (Typ 320 x 5) zur Entsalzung von Brauch- und Prozesswasser in Industriebetrieben. Für Bau und Installation der Anlage werden neun Materialien quantifiziert erfasst, unter anderem 645 kg C-Stahl und 113 kg Aluminium. Diese Mengen werden mit den jeweiligen Emissionen aus der Herstellung der Materialien multipliziert.
Die Emissionswerte stammen aus international anerkannten Quellen, etwa aus der ELCD-Datenbank der europäischen Kommission, der französischen Energieagentur ADEME oder des Weltklimarats IPCC. Bei Differenzen zwischen den Datenbanken werden Mittelwerte für die Berechnung herangezogen. Demnach entstehen bei der Produktion eines Kilogramms C-Stahl 3,29 kg CO2-e, für die benötigte Stahlmenge fallen also 2,12 t CO2-e an. Die ermittelte Menge Aluminium bedingt einen Klimagasausstoß von 1,35 t CO2-e bei einem Emissionswert von 11,89 kg CO2-e pro kg Material. Einschließlich aller Materialien entstehen bei der Konstruktion der MegaRO-Anlage rund 19 t CO2-e.
Energie- und Chemikalienverbrauch
Nach derselben Formel errechnet sich auch der Carbon Footprint für den Betrieb des Systems. Dabei wird der Klimagasausstoß für die Herstellung von Ersatzteilen und Verbrauchsmaterialien ebenso ermittelt wie Emissionen aus Chemikalieneinsatz, Abwasser und Energieverbrauch der Anlage im Betrieb. Die Einzelwerte werden addiert und mit der Lebensdauer der Anlage multipliziert. Die Analysen und ein internationaler Vergleich von 45 Wasseraufbereitungstechnologien aus der Veolia-Wassertechnik-Sparte haben nachgewiesen, dass der Löwenanteil der Emissionen beim Betrieb der Anlagen entsteht. Der Anlagenbau und die Entsorgung der Systeme sind im Vergleich fast zu vernachlässigen. Eine weitere interessante Erkenntnis: die größten Einflussfaktoren auf den Carbon Footprint einer Anlage sind ihr Energiebedarf und der Chemikalienverbrauch.
Energiebedingte Emissionen werden mit lokalen Emissionswerten berechnet, da diese je nach Art der Energieerzeugung im Einsatzland der Anlage stark schwanken. Länder mit einem großen Anteil an fossilen Energieträgern im Energiemix erzeugen ungleich höhere Emissionswerte als Länder mit einem hohen Prozentsatz an regenerativen oder nuklearen Energiequellen. Am Beispiel der MegaRO-Anlage mit Standort Deutschland beträgt der Carbon Footprint aus dem Energieverbrauch für eine Betriebsdauer von 20 Jahren knapp 90 % der Gesamtemissionen von 2268 t CO2-e. Wählt der Kunden hier das MegaRO-Modell mit optionaler frequenzgeregelter Pumpe, sinkt der Energiebedarf des Systems durch eine an den schwankenden Betriebsdruck angepasste Pumpleistung deutlich und der Klimagasausstoß verringert sich um 726 t CO2-e. Damit spart der Einsatz von energieeffizienter Technik in 20 Jahren gut 32 % der Treibhausgase und Stromkosten.
Auch der Verbrauch an Dosierchemikalien treibt CO2-Emissionen in die Höhe, denn insbesondere die Herstellung von Bioziden ist energieintensiv. Wie nachhaltig sich ein optimierter Chemikalienbedarf auf den Carbon Footprint auswirkt, belegt das Beispiel des KNG Steinkohlekraftwerks Rostock. Hier wurde die konventionelle Biozid-Desinfektion des Kühlkreislaufs im Naturzugkühlturm (Durchsatz von 50 000 m³/h) durch das MOL-Clean-Verfahren ersetzt. Diese Katalysatortechnologie eliminiert Biofilme bei niedrigerem Chemikalieneinsatz und reduzierte allein dadurch den Klimagasausstoß des Kraftwerks pro Jahr um 41 % von 117 auf 69 t CO2-e.
CO2-Kosten analysieren
Hilfreich sind Carbon-Footprint-Analysen vor allem, wenn der Kunde bei einer Anwendung die Wahl zwischen alternativen Verfahren hat und bei der Investitionsentscheidung langfristige Kosten und Umweltschutz eine Rolle spielen. So wurden beispielsweise drei vergleichbare Verfahren zur Teilentsalzung von Trinkwasser untersucht. Die Studie zeigte, dass der Carbon Footprint von Nanofiltrations- und Umkehrosmoseanlagen um 68 % bzw. 88 % höher ist als beim Ionenaustauscherverfahren Carix. Bei allen drei Verfahren stammt der größte Anteil an Emissionen aus dem Stromverbrauch während des Betriebs.
Mit innovativen Technologien „neutralisierte“ die Papierfabrik Schoellershammer im nordrhein-westfälischen Düren den Carbon Footprint ihrer Abwasseraufbereitung sogar. Die Erhöhung der Produktionskapazitäten machte eine Erweiterung der zweistufigen Anlage erforderlich. Die neue Behandlungsstraße besteht aus einem anaeroben Biobed-Biogasreaktor mit anschließender Belebung und Nachklärung. Das biologische Verfahren eignet sich besonders für Abwässer mit einem hohen Anteil an organischen Verunreinigungen (CSB >1000 mg/l), den es in Biogas umwandelt. Das Biogas wird in einem Blockheizkraftwerk zur Erzeugung von Energie für das Werk genutzt und vermeidet dadurch während einer Lebensdauer von 20 Jahren 31 000 t CO2-e, die sonst für die Stromproduktion angefallen wären. Der Carbon Footprint der Abwasseranlage beträgt für diese Zeitspanne 30 000 t CO2-e. Die vermiedenen Emissionen gleichen die Emissionen für Bau und Betrieb der Anlage also mehr als aus und die Abwasseraufbereitung der Papierfabrik ist CO2-neutral.
prozesstechnik-online.de/cav1012435
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