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Comeback in der Abwasseranalytik

Der Totale Sauerstoffbedarf ist wieder im Kommen
Comeback in der Abwasseranalytik

Der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) stellt den wohl bekanntesten Abwasserparameter dar. Durch das anstehende Verwendungsverbot des beim CSB-Aufschluss eingesetzten, stark toxischen Kaliumdichromats, gewinnen zukünftig alternative Parameter und Methoden an Bedeutung. Hierzu zählt der Totale Sauerstoffbedarf (TSB), dessen Bestimmung automatisiert und ohne den Einsatz giftiger Substanzen möglich ist.

Die Abwasseranalytik stellt einen Teilbereich der chemischen Analytik dar und beschäftigt sich mit der qualitativen und quantitativen Untersuchung von Substanzen im Wasser. Der chemische Sauerstoffbedarf stellt hierfür einen wichtigen Verfahrensparameter dar. Er kennzeichnet die Menge an Sauerstoff, die zur chemischen Oxidation der gesamten im Wasser enthaltenen organischen Substanzen verbraucht wird. Der CSB wird zur Produktions- und Kläranlagensteuerung eingesetzt und dient als Grundlage für die Berechnung der Abwasserentgelte. Aufgrund seiner genormten Bestimmung im Deutschen Einheitsverfahren (DEV) eignet sich der CSB nur unzureichend für die automatisierte und schnelle Überwachung oder Prozesssteuerung. Eine Alternative stellt der totale Sauerstoffbedarf dar, der in Deutschland weitestgehend in Vergessenheit geraten ist.

CSB-Bestimmung gemäß DEV
Bei der heute dominierenden Dichromat-Methode wird der chemische Sauerstoffbedarf auf Umwegen bestimmt, indem der Probe ein chemisches Oxidationsmittel zugesetzt und dessen Verbrauch bestimmt wird (DIN 38409-41 und -44). Die wesentlichen Nachteile dieser Methode sind:
  • mit einer Analysezeit von ca. 2,5 h sehr langsam
  • für jede Messung wird Kaliumdichromat und Chrom-Schwefelsäure verwendet, ein Gefahrenpotenzial für Personal und Umwelt
  • Proben werden Quecksilber- und Silberverbindungen zugesetzt
  • anorganische Verbindungen können oxidiert werden und stören den Messwert, speziell Chlorid
Trotz der gefährlichen Chemikalien ist die Oxidation in einigen Fällen nicht vollständig, was oft zu deutlichen Unterbefunden führt. Es sind Wiederfindungsraten zwischen 0 und 100 % bekannt.
TSB-Bestimmung gemäß ASTM
Der TSB verfolgt den gleichen Grundgedanken wie der CSB. Er kennzeichnet die Menge an Sauerstoff, die dazu benötigt wird, um alle organischen Probeninhaltsstoffe thermisch zu oxidieren. Der Parameter existiert seit über 40 Jahren. Noch in den Siebzigerjahren wurde er von einigen Herstellern in Form von Analysegeräten angeboten. Während sich der CSB in dieser Zeit als Abwasserparameter durchsetzte, geriet der TSB in Deutschland in Vergessenheit. In den USA hingegen ist er standardisiert (ASTM D6238-98). Über die Gründe, die zum weitgehenden Verschwinden des TSB in Deutschland führten, können hier nur Vermutungen angestellt werden. Höchstwahrscheinlich waren die damaligen Preise für TSB-Geräte im Verhältnis zu den nasschemischen CSB-Laborkosten sowie die notwendigen Steuer- und Auswerteeinheiten im Vergleich zu heute deutlich zu hoch. Durch den technischen Fortschritt gibt es heute Hersteller, die TSB-Geräte für Online- als auch für Laborapplikationen zu akzeptablen Preisen anbieten.
Zur Bestimmung des TSB wird die Probe thermisch oxidiert und der dabei entstehende Sauerstoffverbrauch direkt in der Gasphase gemessen. Hierzu wird die Probe, ähnlich wie in der TOC-Analytik, einem Verbrennungsofen zugeführt. Dieser Ofen muss kontinuierlich von einem Trägergas im „geschlossenen System“ durchströmt werden, d. h. der Ofen und das Analysesystem müssen immer geschlossen bleiben. Es darf während der Probeninjektion kein Gasaustausch mit der Umgebung stattfinden. Im Ofen wird die Wasserprobe explosionsartig verdampft und die zu oxidierenden Bestandteile werden bei einer entsprechend hohen Temperatur verbrannt. Durch den Verbrauch an Sauerstoff entsteht im Trägergas eine kurzzeitige Reduzierung der Sauerstoffkonzentration, die mit einem Sauerstoffdetektor gemessen und mithilfe von Datenverarbeitung auf den ursprünglichen Sauerstoffbedarf in der Probe umgerechnet wird. Dieser Vorgang dauert je nach Applikation rund 1 bis 3 min. Somit existiert hier eine saubere, sehr schnelle Analysemethode, um den Sauerstoffbedarf einer Wasserprobe zu bestimmen.
Im Gegensatz zum CSB wird beim TSB der theoretische Wert zu 100 % für die verschiedenen organischen Verbindungen gefunden. Somit weicht der TSB-Wert vom CSB-Wert systembedingt etwas ab, d. h. die Belastung wird vollständig erfasst. Darüber hinaus wird der TSB im Gegensatz zum CSB nicht von Chlorid-Konzentrationen beeinflusst. Die CSB-/TSB-Geräte der LAR sind sogar für die Messung von höchsten Salzkonzentrationen von bis zu 300 g/l ausgelegt.
Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass es bei sehr niedrigen TSB-Konzentrationen auch Faktoren gibt, die den Messwert verfälschen können. Zum einen kann durch die vollständige Verbrennung Sauerstoff für die Oxidation von Anorganik verbraucht werden; dies ruft einen höheren Messwert im Verhältnis zu organischen Parametern hervor. Zum anderen werden von einigen anorganischen Stoffen bei der Verbrennung Sauerstoffmoleküle freigesetzt, die zu einer Reduzierung des Messwertes für die organische Verbrennung führen. In der Regel sind diese Störungen selten und minimal. Sie können aufgrund der jeweiligen Messwerte der Anorganikverbindungen rechnerisch kompensiert werden.
TSB – sauberer und schneller CSB-Ersatz
Bezüglich Analysengeschwindigkeit, Automatisierung und der Möglichkeit zur Online-Analytik weist die nasschemische CSB-Bestimmung Limitierungen auf. So gab es in Deutschland bereits in den letzten Jahren eine Tendenz, den CSB durch den TOC (total organic carbon) zu ersetzen bzw. Korrelationen zwischen CSB und TOC einzuführen.
Jeder Stoff hat einen spezifischen Korrelationsfaktor. Demzufolge hat ein Stoffgemisch den gewichteten Mittelwert der einzelnen Faktoren. Der Korrelationsfaktor zwischen dem theoretischen CSB-Wert und dem TOC erstreckt sich mindestens zwischen 2 und 6. Korrelationen eignen sich jedoch nur bei Proben mit gleichbleibender Probenmatrix. Andernfalls werden die Messergebnisse durch Unter-/Mehrbefunde beeinflusst. Die Aufnahme des Korrelationsfaktors 4 in der deutschen Abwasserverordnung fand keine breite Akzeptanz. In den aktuellen europäischen Richtlinien konnte eine ähnliche Tendenz nicht festgestellt werden, sodass der CSB-Wert wieder an Bedeutung gewann.
Wurden als Hauptgründe des CSB-Ersatzes durch den TOC die Gefährlichkeit der Methode und die schlechte Automatisierbarkeit herangezogen, dann muss nach dem heutigen Kenntnisstand doch der TSB als CSB-Ersatzmethode von besonderer Bedeutung sein.
Neben der gewünschten Sauberkeit und Schnelligkeit ist der TSB letztendlich der gewünschte Wirkungsparameter, der ohne Einschränkungen alle organischen Wasserinhaltsstoffe vollständig erfasst. Der apparative Aufwand eines TSB-Analysators entspricht in etwa dem eines TOC-Gerätes, wobei hier keine analytischen Problemstellungen durch den anorganischen Kohlenstoff entstehen. Die Analyseverläufe sind ähnlich. Das jeweilige Ergebnis liegt in wenigen Minuten vor. Außerdem können die beiden Parameter TSB und TOC in einem Gerät realisiert werden. Die TSB-Analytik stellt demnach eine innovative und effiziente Alternative zu nasschemischen CSB-Verfahren dar.

Dr. Werner Arts
Vorstand, LAR Process Analysers
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