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Das Energiesparmodell

Eindampfen und Destillieren mithilfe mechanischer Brüdenverdichtung
Das Energiesparmodell

Eindampf- oder Rektifikationsprozesse sind sehr energieintensive Verfahren. Es liegt daher auf der Hand, dass in Anbetracht steigender Energiekosten nach Lösungen gesucht wird, um bei vertretbarem Gesamtkostenaufwand Energie einzusparen. Durch den Einsatz mechanischer Büdenverdichtung lassen sich bei manchen Anwendungen sehr große Einsparpotenziale bei den spezifischen Energiekosten erzielen.

Bei allen Prozessen der thermischen Trenntechnik mit einem Phasenübergang zwischen flüssig und gasförmig, muss die entsprechende Verdampfungsenthalpie aufgebracht werden, die anschließend, falls ein flüssiges Produkt erwünscht ist, wieder abzuführen ist. Die nutzbare Temperaturdifferenz auf den Heizflächen ist meistens durch die möglichen Konzentrattemperaturen nach oben hin und durch ein wirtschaftliches Kondensationsniveau nach unten begrenzt. Es stellt sich daher häufig die Frage, wie die Nettoenergiebilanzen sinnvoll gestaltet werden können. Mehrstufenanlagen und Anlagen mit mechanischer Brüdenverdichtung (Bild 1) sind zwei Beispiele für eine energiesparende Anlagenkonzeption und sollen im Folgenden hinsichtlich ihres Einsparpotenzials verglichen werden. Die thermische Brüdenverdichtung mit Strahlverdichtern, kann in beiden Kategorien zusätzlich mit Vorteil eingesetzt werden, um den Energieverbrauch zu senken, wenn beim Heiz- oder Regeldampf ein genügend hohes Druckgefälle zum Prozess hin besteht und der Verlust von Frischdampfkondensat in Kauf genommen wird. Eine eigene Kategorie bildet sie jedoch nicht, da der zu realisierende Kostenvorteil zu gering ist.

Mehrstufenanlagen
Mehrstufenanlagen nutzen den eingesetzten Heizdampf entsprechend der Anzahl der eingesetzten Stufen. In der Regel ist von einer Stufe zur nächsten ein Druckgefälle realisiert. Die Kopfproduktdämpfe, der unter höherem Druck betriebenen Stufe, dienen dann als Heizdampf für die nächste, bei niedrigerem Druck betriebenen Stufe. Dies ermöglicht auch gleichzeitig die Kondensation des Kopfprodukts auf der Heizseite der nächsten Stufe. Am Ende muss in etwa der gleiche Energiestrom, der als Heizdampf zugeführt wurde, an ein Kühlmedium abgeführt werden. Da die meisten Mehrstufenanlagen mit einem Kondensationsdruck von 150 bis 50 mbar(a) arbeiten, ist dieser Energiestrom jedoch ohne weitere Maßnahmen nicht verwertbar.
Am einfachen Beispiel einer Reinwasserdestillation für 6000 l/h (Bild 2) wird der Effekt einer Mehrstufenanlage verdeutlicht: Je höher die Anzahl der Stufen wird, desto geringer ist die spezifische Energieaufnahme und -abgabe der Gesamtanlage. Die mögliche Anzahl der Stufen ist einerseits physikalisch durch die verfügbare Temperaturdifferenz zwischen Heizmedium und Kondensationsdruck, den maximal möglichen Temperaturen am Medium, und andererseits durch die wirtschaftlich realisierbare Heizflächen gegeben. Die verfügbare Temperaturdifferenz an der Heizfläche jeder einzelnen Stufe sinkt mit steigender Anzahl der thermischen Stufen. Theoretisch braucht man bei einer Einstufenanlage 1 kg Gasphase je kg verdampfte Flüssigkeit, wenn sich die Zusammensetzung der Gasphase nicht ändert. Betrachtet man wässrige Lösungen, bei deren Phasenübergang die Gasphase aus Wasserdampf besteht, dann braucht man theoretisch bei einer vierstufigen Anlage 0,25 kg Dampf je kg verdampftes Wasser. Praktisch ist der Energieeinsatz bei all diesen Prozessen jedoch höher. Es muss aus jeder Heizfläche kontinuierlich Gasphase abgezogen werden, um die Konzentration von unter den angewandten Bedingungen nicht kondensierbaren Gasen gering genug zu halten.
Mechanische Brüdenverdichtung
Im Gegensatz zu Mehrstufenanlagen, wird bei Anlagen mit mechanischer Brüdenverdichtung die abgedampfte Gasphase im einfachsten Fall im gleichen Apparat auf der Heizseite kondensiert. Das notwendige Temperaturgefälle auf der Heizfläche wird über Druckerhöhung durch einen Brüdenverdichter aufgebracht. Damit ist es möglich, die Verdampfungsenthalpie, bis auf die notwendige Ausschleusung der unter den gegebenen Bedingungen nicht kondensierbaren Gase, im Prozess zu halten. Abhängig von den spezifischen prozesstechnischen Anforderungen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Realisierung. Als Brüdenverdichter können Radialgebläse eingesetzt werden. Wegen der, gegenüber Turboverdichtern, geringeren Umfangsgeschwindigkeit können die Laufräder im Betrieb reichlich gewaschen, oder auch kontinuierlich beaufschlagt werden, was einer prozessbedingten Verkrustung wirksam vorbeugt und bei der Verdichtung hilft. Seit den achtziger Jahren werden Ventilatoren beispielsweise für Medien mit geringer Siedepunkterhöhung, wie Zellstoffablaugen aus Sulfitprozessen, Milch oder Pektinlösungen eingesetzt. Ohne besondere Maßnahmen lassen sich Sattdampftemperaturerhöhungen bis etwa 6,5 K erreichen. Dies gilt für Wasserdampf mit einer molaren Masse von 18 kg/kmol. Bei Gasphasen, die über höhere molare Masse verfügen, werden bei gleicher Geometrie entsprechend höhere Sattdampftemperaturerhöhungen erzielt.
GIGKarasek verwendet Brüdenventilatoren, die Umfangsgeschwindigkeiten bis zu 300 m/s und darüber erreichen. Mittlere Siedepunkterhöhungen können somit mit nur einer Maschine bewältigt werden. Besondere Ausführungen erreichen auch 9 K Sattdampftemperaturerhöhung bei Wasserdampf. Für größere Siedepunkterhöhungen werden je nach Gleichgewichtsbedingungen zwei oder drei Maschinen in Serie eingesetzt. Zum Kristallisieren organischer Produkte kann beispielsweise solch eine Lösung erforderlich werden.
Im Vergleich
Der Vergleich des Heizenergiebedarfs einer Vierstufenverdampferanlage gegenüber einer Anlage mit mechanischer Brüdenverdichtung veranschaulicht den Vorteil der mechanischen Brüdenverdichtung (Bild 3). Verglichen wurde hier die Aufkonzentrierung eines Zuckerstoffes mit einer Abdampfleistung von 20 t/h (Bild 4).
Das Prinzip der mechanischen Brüdenverdichtung ist in vielen Fällen auch für Destillationen sehr wirtschaftlich einzusetzen. Der Sumpfverdampfer wird als Fallfilmverdampfer ausgeführt, das Kopfprodukt wird als Gasphase abgezogen, verdichtet und an der Heizfläche des Sumpfverdampfers kondensiert. Im November 2003 wurde eine Destillationsanlage für Iso-Propylalkohol mit mechanischer Brüdenverdichtung gebaut und in Betrieb genommen. Die Anlage benötigt nur etwa 12 % der Energie einer konventionellen, einstufigen Rektifikation. Die Anlage mit einer Kopfdämpfeleistung von 100 t/h arbeitet mit zwei Ventilatoren in Serie.
cav 435

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