Wasserrecycling spielt in der chemischen Industrie noch eine untergeordnete Rolle. Allerdings sind Unternehmen, die ihre Produktionen ins Ausland verlagern, in immer mehr Regionen mit Wassermangel konfrontiert. Membranverfahren bieten eine Möglichkeit, um die Ressourceneffizienz zu erhöhen. Ein Beispiel dafür ist die ölverarbeitende Industrie in Singapur, die bereits heute recyceltes Wasser nutzt.
Obwohl die klimatischen Verhältnisse hohe Niederschlagsmengen mit sich bringen, bestehen aufgrund der geringen Landesfläche – Singapur ist mit 697 km2 kleiner als Hamburg – kaum Möglichkeiten, Regenwasser in Reservoirs zu sammeln. Deshalb ist das Land auf Frischwasserimporte des Nachbarn Malaysia angewiesen. Mit der Newater-Initiative des staatlichen Wasserversorgers versucht der Stadtstaat, sich auf dem Gebiet der Wasserversorgung von Importen unabhängig zu machen. Deshalb soll der Anteil des wiederaufbereiteten Wassers sukzessive steigen. Momentan werden u. a. mit Wasserrecycling 30 % des nationalen Bedarfs gedeckt. Diese Entwicklung ermöglicht der technologische Fortschritt. Membranen, die bei der Wasseraufbereitung eine entscheidende Rolle spielen, werden immer leistungsfähiger. Dabei nutzen Betreiber von Wasseraufbereitungsanlagen Verfahren wie die Umkehrosmose oder Ultrafiltration, bei denen Abwässer mit hohem Druck durch die Membranen gepresst werden. Während die kleinen Wassermoleküle ihren Weg durch die Membranen finden, bleiben beispielsweise größere Salzmoleküle hängen. Auch Bakterien oder Viren können die Membranwand größenbedingt nicht durchdringen. Das entstandene Permeat wird wieder in den Produktionskreislauf eingespeist.
Alles steht und fällt mit den Membranen
Die Qualitätsstandards bei aufbereitetem Abwasser unterliegen besonders strengen Kontrollen. Um das Wasserrecycling möglichst wirtschaftlich und qualitativ hochwertig zu gestalten, ist die Wahl der richtigen Membranen und des entsprechenden Prozesses obligatorisch. So unterscheiden sich die Prozesse durch unterschiedliche Drücke oder die molekulare Zusammensetzung der Abwässer. Damit variieren auch die Anforderungen an die verwendeten Komponenten. Wählen die Betreiber nicht die passenden Membranen aus, bleibt Qualität und Quantität des gewonnenen Permeats hinter den Erwartungen zurück. Ursache hierfür können organische Ablagerungen (Biofouling) sein. An Rohren und Membranen bildet sich ein Biofilm, der als Nährboden für Bakterien dient. Es kann zu Verstopfungen kommen. Dann müssen Komponenten früher als erwartet ausgetauscht werden oder der gewünschte Output wird mittels zusätzlichem Energie- und Chemikalieneinsatz erreicht. Also steigen die Betriebskosten.
Der Markt für Membranen, die in der Wasseraufbereitung verwendet werden, ist noch nicht ausgereift. TÜV SÜD sieht die Notwendigkeit, Produkte nach anerkannten Standards zu beurteilen und hat ein eigenes Zertifikat für Membranen entwickelt. Dazu wurden verschiedene Aspekte bestehender Standards betreffend Qualität, Material, Robustheit und Performance zusammengeführt, analysiert und Vergleichskriterien entwickelt. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse unterstützt TÜV SÜD die Betreiber bei der Wahl oder der Konfiguration geeigneter Komponenten. Darüber hinaus werden Vorbehandlungsschritte oder Instandhaltungsstrategien an die Eigenheiten der Anlagen angepasst und beispielsweise Biofouling reduziert. Gleichzeitig erhöht sich die Nutzungsdauer der Membranen, was wiederum Kosten für ungeplante Instandsetzungen spart.
Ein Thema fürs Management
Wasserrecycling-Systeme bieten die Möglichkeit, nicht nur das aufbereitete Wasser, sondern auch feste und gelöste Stoffe zurückzugewinnen. Die werden aus dem Abwasser herausgefiltert und wieder in die Produktion integriert. Das trägt dazu bei, Wertstoffkreisläufe zu schließen. Unter dem Label „Der grüne Punkt“ haben gesetzliche Regelungen hierzulande die Wiederverwertung von Verpackungen vorangetrieben. Es ist an der Zeit, auch beim Wasser in diese Richtung zu denken.
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Dr. Andreas Hauser
Bereichsleiter Water Services,TÜV SÜD
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