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Denkanstöße

Industrielle Pumpensysteme bieten ein hohes Energieeinsparpotenzial
Denkanstöße

Die weltweite Energieversorgung mit Öl und Gas wird zunehmend schwieriger. Weiterhin nehmen mit steigendem Verbrauch von fossilen Brennstoffen die CO2-Emissionen zu. Da Pumpen etwa 20 % der global produzierten elektrischen Energie verbrauchen, haben die Pumpenindustrie und die angeschlossenen Fachverbände sehr früh Industrie und Handel über Einsparpotenziale informiert. Durch einfache Kostenrechnung kann der Betreiber ermitteln, ob die preiswerteste Pumpe langfristig auch die effizienteste für sein Pumpensystem ist.

Dipl.-Ing. Jürgen Ahlfeldt

Wird ein Pumpensystem aus einzelnen Komponenten, z. B. Motor, Pumpe, Rohrleitungen, Armaturen, Regelungen und Überwachung, individuell zusammengebaut, gilt es als offenes System. Bei offenen Systemen ist die Beurteilung des geringsten Energieverbrauches komplex und erfordert hohen Sachverstand. Experten schätzen, dass Pumpensysteme älterer Bauart bis zu einem Drittel an Strom verschwenden. Um die maximal mögliche Energieeinsparung zu erzielen, kann jedoch nicht nur eine Anlagenkomponente optimiert werden, sondern die Energieeinsparung ist von allen Komponenten sowie vom Zusammenspiel aller Komponenten untereinander abhängig. Bei älteren Pumpensystemen ließen sich durch einfache Optimierungsarbeiten bereits bis zu 20 % an Energie einsparen. Darüber informieren die Fachverbände der Pumpenhersteller Industrie und Gewerbe. Richtlinien für offene Systeme gibt es jedoch noch nicht.
Pumpen richtig dimensionieren
Bei Auslegung eines Pumpensystems sollten die einzelnen Komponenten nicht überdimensioniert werden. Aus den Fallbeispielen 1 und 2 ist ersichtlich, wie die Betriebskosten einer Pumpe bei einer zu großzügig ausgelegten Förderhöhe das Betriebsergebnis verschlechtern. Im ersten Beispiel wurde der Volumenstrom mit 100 m³/h vorgegeben, der Gegendruck der Anlage mit 4,9 bar (49 m) berechnet. Anhand von Kennlinien wurden eine geeignete Pumpe ausgewählt und Leistungsbedarf und Laufraddurchmesser bestimmt (Bild 1). Gewählt wurde die Ausführung MPC 80–65–160 mit einem 22-kW-Motor und einem Wirkungsgrad von 91 %. Der ermittelte Laufraddurchmesser liegt bei 188 mm, der Leistungsbedarf beträgt 18,8 kW.
Sicherheitszuschläge führen dazu, dass Pumpenlaufräder häufig überdimensioniert sind. Überschüssige Förderhöhe wird dann in der Regel durch eine Blende oder ein Drosselventil abgebaut, das bedeutet jedoch Vernichtung von Antriebsenergie. Akzeptiert der Betreiber dies nicht, dann besteht für ihn u. a. die Möglichkeit, das Laufrad soweit abzudrehen, bis sich der Schnittpunkt von Anlagen- und Pumpenkennlinie im gewünschten Auslegepunkt treffen (Bild 2). Dabei verschlechtert sich normalerweise der Wirkungsgrad von Pumpe und Antrieb. Energie einsparen lässt sich in der Regel aber trotzdem. Im Fallbeispiel 1 stellte der Betreiber fest, dass die Förderhöhe der Pumpe nicht 49 m, sondern lediglich 39 m betragen muss. Er entscheidet sich für eine Laufradanpassung durch Abdrehen. Das Laufrad im Fallbeispiel 2 wird auf 171 mm abgedreht, der Leistungsbedarf der Pumpe beträgt jetzt nur noch 15,9 kW. Bei einer Pumpenlaufzeit von 18 500 h und einem Strompreis von 0,08 Euro/kWh ergibt sich durch den kleineren Laufraddurchmesser eine Einsparung an Antriebsenergie von 4736 Euro.
Vorteil der Drehzahlanpassung
Durch Drehzahlregelung lässt sich der Betriebspunkt einer Pumpe optimal auf die Anlagenkennlinie einstellen. Da die neuen Frequenzumformer sehr leistungsstark und effizient sind, ist ihr Einsatz nicht nur bei schwankenden Förderhöhen sinnvoll, sondern auch eine interessante Alternative für die Optimierung von Pumpensystemen. Frequenzumformer lohnen sich selbst dann, wenn sich durch die Drehzahlreduzierung der Wirkungsgrad der Pumpe in einen Bereich des schlechteren Wirkungsgrades verschiebt (Bild 3). Aufbauend auf das erste Fallbeispiel wird das Einsparpotenzial bei einer Drehzahlreduzierung ermittelt (Fallbeispiel 4, unten).
Im Fallbeispiel 3 soll die Förderhöhe der Pumpe mittels Frequenzumformer auf 39 m reduziert werden. Die Pumpe hat einen Laufraddurchmesser von 188 mm. Die Förderhöhe beträgt 49 m bei n = 2900 min-1, der Leistungsbedarf 18,8 kW. Mit (n1/n2)2 = H1/H2 errechnet sich n1 zu 2587 min-1 und p1 gemäß p1/p2 = (n1/n2)3 zu 13,3 kW. Bei einer Drehzahlreduzierung um 313 min-1 reduziert sich der Leistungsbedarf der Pumpe auf 13,3 kW. Dies entspricht bei einem Preis von 0,08 Euro/kWh und einer Betrisebszeit von 18 500 h einer Einsparung an Antriebsenergie von 8 880 Euro. Gesamtenergetisch müsste natürlich auch der Leistungsbedarf des Frequenzumformers berücksichtigt werden; wird aber in dem Beispiel vernachlässigt.
Hohe Wirkungsgrade sinnvoll
Bei Pumpensystemen machen die Energiepreise in der Regel den weitaus größten Teil der Jahresgesamtkosten aus. Die steigenden Energiepreise zwingen die Betreiber, nur noch Pumpen mit hohen Wirkungsgraden einzusetzen. Somit ist bei künftigen Pumpenkäufen nicht mehr der vermeintlich günstigste Kaufpreis ausschlaggebend, sondern die zu erwartenden Kosten durch den Energieverbrauch. Weiterhin ist im Zuge der Energieverknappung eine optimale Abstimmung zwischen Pumpe und Anlage erforderlich. Planer sollten Pumpen so auswählen, dass sie im Bereich des besten Wirkungsgrades arbeiten. Im Fallbeispiel 4 wird bei einem Vergleich von zwei Pumpen deutlich, was ein Wirkungsgradunterschied von 10 Prozentpunkten auf das Betriebsergebnis ausmacht. Pumpe 1 hat einen Wirkungsgrad von 71 %, Pumpe 2 von 61 %. Der Leistungsbedarf von Pumpe 1 beträgt 18,8 kW, von Pumpe 2 jedoch 21,9 kW. Bei einer Laufzeit von 18 500 Stunden spart der Betreiber bei Einsatz von Pumpe 1 ca. 5 042,00 Euro.
Utopie oder Vision
Möglicherweise wird der Gesetzgeber auf Grund der Energieverknappung und des zunehmenden CO2-Ausstoßes Zulassungsgrenzwerte für einzelne Pumpenbauarten festlegen. Von den Pumpenherstellern dürfen dann nur noch die Pumpen in den Verkehr gebracht werden, die mindestens den Grenzwert erfüllen. Eine Kennzahl für eine Pumpenbaureihe könnte die spezifische Drehzahl sein. Sie macht zwar keine Aussage über die tatsächliche Antriebsdrehzahl, sondern sie dient zur Klassifizierung einer Pumpenbauart. Aus der spezifischen Drehzahl lassen sich Rückschlüsse auf Pumpenbauform, Pumpenwirkungsgrad und Pumpenkennlinie ziehen. Kreiselpumpen mit Radialrädern haben eine spezifische Drehzahl zwischen 8 und 45 l/min. Je höher die spezifische Drehzahl ausfällt, umso höher sind Pumpenwirkungsgrad und das Verhältnis von Förderstrom zu Förderhöhe.
Hohe Wirkungsgrade lassen sich mit Hilfe der numerischen Strömungsberechnung (Computational Fluid Dynamics, CFD) erzielen. Die Berechnungsergebnisse zeigen Details, die messtechnisch kaum zu erfassen sind. Verwandt zur Strömungssimulation ist die Finite-Elemente-Methode (FEM).
Der Pumpenhersteller Munsch setzt bei der Entwicklung seiner Pumpen konsequent die numerische Strömungsberechnung CFD ein. Munsch konnte besonders hohe Pumpenwirkungsgrade realisieren, da die Berechnung der Strömung nicht wie üblich stationär, sondern instationär erfolgte. Durch die visualisierten Strömungen werden Wirbel und Ablösungen sichtbar, Strömungsverhältnisse lassen sich wesentlich genauer vorhersagen.
In Bild 4 sind die farblich visualisierten Drücke in Laufrad und Spiralgehäuse der Munsch-Chemiepumpe NP 150–125–250 dargestellt. Im Laufrad steigt der Druck kontinuierlich an. Die Hauptaufgabe der Spirale besteht darin, die am Spiraleintritt vorhandene Geschwindigkeitsenergie möglichst verlustfrei in Druck umzusetzen. Im Bild erkennt man einen nach außen zunehmenden Druck. Vor der Zunge bildet sich ein Staupunkt. In Bild 5 ist eine Vielzahl von Stromfäden zu erkennen. Ein Stromfaden entsteht, wenn man den Weg eines Flüssigkeitstropfens verfolgt.
Neuste Entwicklungen in der Turbulenzmodellierung (SAS-Modelle) erlauben es, die Strömung lokal noch feiner aufzulösen. Bild 6 zeigt Strukturen im Strömungsfeld. Die Visualisierung der Strömung kann feinste Wirbel und Ablösungen zeigen. Verlustbehaftete Zonen werden erkennbar.
Durch die hierbei eingesetzte CFD-Rechenmethode stehen Pumpenbetreibern Kunststoffpumpen zur Verfügung, die mit ihren Hydrauliken nahezu das Optimum des Machbaren erreichen. Das Resultat der CFD-Rechenmethode bedeutet für den Pumpenbetreiber nicht nur Reduzierung der Energiekosten, sondern darüber hinaus:
  • Verbesserung des Saugverhaltens durch niedrige NPSH-Werte
  • Verschleißminimierung bei abrasivem Fördergut
  • Absenkung des Geräuschpegels.
Betriebskosten rücken in den Fokus
Bei einer Chemieanlage macht der Kaufpreis einer Pumpe ca. 3 bis 8 % des Gesamtpreises aus. Beim Pumpenkauf wird jedoch häufig nur der Anschaffungspreis, aber nicht die zu erwartenden Betriebskosten verglichen, obwohl sie bis zu 80 % der Gesamtkosten während der Pumpenlebenszeit ausmachen können. Auf Grund der steigenden Energiepreise werden Planer und Betreiber von Pumpensystemen künftig ihre Kaufentscheidungen von den zu erwartenden Betriebskosten der Pumpen abhängig machen müssen. Dabei wird die Betrachtung der Lebenszykluskosten, auch Life-Cycle-Cost (LCC) genannt, an Bedeutung gewinnen. Bei dieser betriebswirtschaftlichen Kostenbetrachtung lässt sich feststellen, ob die Pumpe des preisgünstigsten Anbieters sich nicht über die gesamte Lebensdauer zur teuersten Pumpe entwickeln wird. Alle Kosten, die für Beschaffung, Installation, Betrieb, Instandhaltung, Außerbetriebnahme anfallen, werden bei der Berechnung erfasst. In der Beschaffungsphase können zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Pumpen gleicher Bauart die anfallenden Kosten für Installation, Instandhaltung und Außerbetriebnahme entfallen. Entscheidend sind Anschaffungspreis und Betriebskosten über die gesamte Lebenszeit der Pumpe. Die weiteren Kosten sind weiche Faktoren und können bei Pumpen gleicher Bauart als identisch angesetzt werden. Im Fallbeispiel 5 wird die Wirtschaftlichkeit von zwei Kreiselpumpen mit unterschiedlichen Anschaffungspreisen und unterschiedlichen Wirkungsgraden miteinander verglichen. Hier die Randbedingungen:
  • Förderstrom: 100 m³/h
  • Förderhöhe: 45 m
  • Motor: 22 kW
  • Motorwirkungsgrad: 91 %
  • Betriebszeit: 8 500 Stunden/Jahr
  • Energiekosten: 0,08 Euro/kWh
Pumpe 1 kostet 6000, Pumpe 2 8000 Euro. Pumpe 1 hat einen Wirkungsgrad von 61 % und einen Leistungsbedarf von 20 kW, bei Pumpe 2 beträgt der Wirkungsgrad 71 %, der Leistungsbedarf 17,3. Die Energiekosten betragen bei Pumpe 1 14 945, bei Pumpe 2 12 927 Euro. Nach dem ersten Betriebsjahr haben sich bei Pumpe 2 die höheren Investitionskosten durch die niedrigeren Betriebskosten bereits amortisiert. Weiterhin wird der Betreiber in den nachfolgenden Jahren pro Jahr 2000 Euro einsparen.
Wirtschaftlichkeitsberechnungen wirken nachhaltig
Steigende Energiepreise und die Forderung nach Reduzierung des CO2-Ausstoßes verlangen von jedem Betreiber, dass er sich mit den Energieeinsparpotenzialen in seinem Pumpensystem vertraut macht. Betriebswirtschaftliche Erfolge werden sich jedoch nur einstellen, wenn die Pumpenindustrie Gelder zur Erforschung und Entwicklung von hocheffizienten Hydrauliken investiert, Betreiber während der Projektierung bereits ihren Fokus auf die Lebenszykluskosten ( LCC) richten und durch eine entsprechende Vertragsgestaltung mit dem Anlagenbauer nur Pumpen mit hohen Wirkungsgraden zulassen und Einkäufer sich nicht vom niedrigsten Pumpenpreis beeinflussen lassen, sondern die LCC in den Mittelpunkt ihrer Kaufentscheidung rücken.
cav 439

Weitere Informationen zu den Pumpen
Umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte
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