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Der Blick fürs Detail

Kleine Veränderungen bewirken große Einsparungen
Der Blick fürs Detail

Die Wasser-, Dampf- und Kälteversorgung eines großen Chemieparks mit seinem weit verzweigten Rohrnetz ist eine energieintensive Aufgabe. Mit einer Fülle ausgeklügelter technischer und organisatorischer Maßnahmen gelingt es der Manager- und Betreiberfirma des Chempark, Currenta, die Energieeffizienz ihrer Anlagen deutlich zu steigern. Hierbei sind es gerade die kleinen Veränderungen, die große Einsparungen bewirken. In einem unternehmensweit angelegten Projekt wird jetzt nach weiteren Möglichkeiten gesucht.

Eine bedarfsgerechte und zuverlässige Energieversorgung ist das A und O in der chemischen Industrie. Wer auf diesem Sektor erfolgreich produzieren will, braucht Strom, Erdgas, Dampf, Druckluft, Kälte und Wasser sowie technische Gase in den passenden Spezifikationen – und vor allem zu günstigen Konditionen. Die Currenta – ein Joint Venture von Bayer und Lanxess – erbringt als Betreiber des Chempark mit Standorten in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen solch hochwertige Versorgungs-Dienstleistungen.

Alleine an Wasser nutzt der Chempark 430 Mio. m3 im Jahr – etwa die fünffache Versorgungsmenge einer Millionenstadt wie Hamburg und rund 0,7 % der jährlichen Abflussmenge des Rheins. Um diesen Bedarf der drei Niederrheinstandorte zu decken, wird das Wasser unmittelbar aus dem Fluss sowie aus über 100 Brunnen mit überwiegend Rhein-Uferfiltrat entnommen. Über ein verzweigtes Netz gelangt das Wasser bis zu den Verbrauchern mit den vielfältigen chemischen Produktionsprozessen. Wassernetz, Anschlussleitungen und Abgabemengen unterliegen dabei einem kontinuierlichen Veränderungsprozess infolge von Erschließungen, Modifizierungen oder Stilllegungen. „Chempark entwickelt sich laufend weiter“, umschreibt die Leiterin der Wasserversorgung, Dr. Ilka Teermann, die Anforderungen, denen sich Currenta stellen muss. „Die Wasserversorgung eines solch großen Chemieparks bedeutet deshalb eine ständige Optimierung der Pumpenschaltungen.“ Zudem bestimmen jahreszeitlich bedingte Schwankungen von Wasserständen und -temperaturen das Geschäft des Dienstleisters. Alleine zwischen Rheinhoch- und -niedrigwasser kann der Förderpegel rund zehn Meter schwanken. Das entspricht einem Druckunterschied von einem Bar. Die entscheidende Leitgröße für die Wasserversorgung stellt dabei stets die Aufrechterhaltung des geforderten Netzdruckes dar. Für die elektrisch betriebenen Pumpen bedeutet dies Schwerstarbeit: Filterwiderstände sind zu überwinden und viele Kilometer Transportwege bis in den letzten Winkel des Rohrnetzes. Der Energiebedarf dafür ist enorm. Deswegen hat man sich bei Currenta Gedanken zur Optimierung des Energieverbrauchs gemacht und dazu ein ganzes Bündel technischer und organisatorischer Maßnahmen initiiert. So ließ sich zum Beispiel der Wirkungsgrad der Pumpen durch eine strömungsgünstige Beschichtung von Pumpenrad und -gehäuse um vier Prozent verbessern. Zum Einsatz kommen dabei moderne Vinylesterharze, lösemittelfreie Epoxydharze oder thermoplastische Kunststoffe.
Ständiger Verbesserungsprozess
Eine weitere Energie-Effizienzsteigerung konnte durch die Reduzierung des Wasserdruckes auf bedarfsgerechtere Werte realisiert werden. In dieser Hinsicht hat sich auch eine werksnahe Versorgung als vorteilhaft erwiesen. Denn: Große Netzlänge kostet Pumpenleistung. So gelang es Currenta, den Chempark Dormagen durch einen Rheindüker näher an Brunnen des Leverkusener Standortes auf der gegenüberliegenden Rheinseite zu bringen. Auch der Einsatz von Frequenzumrichtern bei einer der Hauptpumpen brachte Fortschritte. „Frequenz-umrichter sollte man jedoch gezielt einsetzen“, empfiehlt der Betriebsleiter der Wasserversorgung Leverkusen, Andreas Berg. Denn bei dem komplexen Zusammenspiel einer Vielzahl von Pumpen, die für einen optimalen Netzbetrieb rationell miteinander verschaltet werden, ist ein ausgetüfteltes Pumpkonzept der Betriebsführer der Schlüssel zum Erfolg. „Gerade hier steckt für uns das größte Einsparpotenzial“, betont Dr. Teermann. Bei all den Anstrengungen ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten: Zusammengerechnet neun Prozent Stromverbrauchsreduzierung erbrachten alle Maßnahmen. Ein Benchmark chemischer Betriebe hat zudem bestätigt, dass der Chempark beispielsweise beim Kühlturmbetrieb einen Spitzenplatz im Branchenvergleich einnimmt. „Um den zu behalten, ist es für uns jedoch wichtig, alle Maßnahmen kontinuierlich zu überprüfen und stets flexibel auf Änderungen zu reagieren“, so Dr. Teermann.
Mit Volldampf voraus
Neben Wasser werden in den Betrieben des Chempark aber auch mannigfaltige andere Energiemedien wie Dampf, Druckluft oder Erdgas bis hin zu Stickstoff und Sauerstoff benötigt. Insgesamt 22 verschiedene Energierohrnetze mit rund 1200 Kilometern Länge in allen drei Standorten. Alleine im Chempark am Standort Leverkusen umfasst das 6-Bar-Dampfnetz 1221 Knoten, 13 Einspeisungen aus Kraftwerken und Abhitzeanlagen sowie 295 Anschlüsse zu Chemparkanwendern. Dieses komplexe Netz betriebs- und energieoptimal zu fahren, erfordert für den Betreiber umfassende Kenntnisse aller Netzzustände. Mithilfe des Netz-Simulationsprogramms Sinetz kann Currenta heute Lastzustände, Wärme- und Druckverluste an allen Netzstellen schnell berechnen. Dadurch gelingt es, den Einspeisedruck so abzusenken, dass alle Chemparkkunden betriebsgerecht versorgt werden und dabei elektrische Energie gespart werden kann. Weil sich die Netze aber ständig verändern, verschiebt sich auch das Optimum permanent. „Wir müssen ständig handeln und befinden uns in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess“, erklärt Edgar Sunder, Rohrnetz-Chef bei Currenta. „Bei all unseren Überlegungen steht natürlich stets die Versorgungssicherheit an erster Stelle.“
Ein besonderes Fingerspitzengefühl entwickelte man bei Currenta für das Aufspüren und Minimieren von Leckageverlusten. Um diese Einbußen zu reduzieren, setzen die Rohrnetz-Experten dort auf moderne, hochtechnisierte Verfahren: Unter anderem mittels Ultraschall-Leckageortung konnten während des laufenden Betriebes 600 zum Teil winzige Leckagen aufgespürt werden. Zwar nur ein geringer Teil des Energieverlustes, doch mittels Thermografie-Verfahren werden zudem laufende Zustandsbewertungen der Isolierungen von warmgehenden Leistungssystemen vorgenommen. Dank Wärmebildkamera konnte auch festgestellt werden, dass gewölbte Auflagerflächen von Rohrhalterungen sowie der zusätzliche Einbau von PTFE-Trennelementen anstelle der sonst üblichen Rohrhalterungen aus Stahl zu geringeren Ableitungsverlusten an den Auflagern führen. Und eine Umwicklung der Metallrohre mit handelsüblicher Alufolie unterhalb der Isolierschicht brachte durch Wärmereflektion nach innen einen weiteren Spareffekt. Ebenfalls dazu beigetragen hat eine Optimierung der Netzschaltungen, was zu einer gleichmäßigeren Netzbelastung führte. Laufende Beobachtungen der Energienetze, wiederkehrende Überprüfung der Funktionsfähigkeit von Kondensomaten, statische Erfassung von Schadenhäufigkeiten bei erdverlegten Rohrnetzen runden das Bild ab. „Die Vielzahl aller Einzelmaßnahmen führt zu einer ständigen Steigerung der Energieeffizienz in der laufenden Betriebsführung“, betont Rohrnetz-Mann Sunder. Um auch künftig mit technischen Innovationen auf diesem Sektor führend zu sein, setzt man auch auf Kooperationen mit Forschungseinrichtungen: So will Currenta in einem Projekt mit der FH Köln die wirtschaftlich optimale Isolierungsstärke für Dampfleitungen entsprechend den aktuellen energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf den Prüfstand stellen.
Cleveres Energiemanager-Tool
Für die Vielzahl der chemischen Prozesse im Chempark wird jedoch nicht nur Dampf benötigt – die angesiedelten Unternehmen haben auch einen immensen Kältebedarf. Den zu decken ist am Standort Leverkusen beispielsweise Aufgabe von drei Kältezentralen. Dort speisen insgesamt fünf Turbo- und zwei Schraubenverdichter in die Kältenetze -5 und -20 °C ein, drei weitere Schraubenverdichter versorgen das -45-°C-Kältenetz. Immerhin 72 MW Verdichterleistung erfordern die weit verzweigten Kühlkreisläufe. Hierzu benötigen die mehrstufigen Turboverdichter zur Zwischenkühlung und Verflüssigung frisches Kühlwasser, das über Kühltürme rückgekühlt wird. Auch witterungsbedingte Einflüsse spielen eine wichtige Rolle für den optimalen Betriebspunkt der Anlagen. Bei der Vielzahl komplexer Parameter ist es nicht einfach, das Optimum zwischen Auswahl der Anlagen, Kühlwassermenge und Antriebsleistung der Verdichter zu finden und damit einen energetisch optimalen Betriebszustand zu erreichen. Das erfordert viel Erfahrung und Feingespür seitens der Anlagenfahrer. Zur Unterstützung haben sich die Currenta-Ingenieure daher den Energiemanager ersonnen – eine intelligente IT-Lösung, mit der sich die aktuell erzeugte Kälteenergie zur aufgewendeten Energie jederzeit übersichtlich ins Verhältnis setzen lässt. In dem Programm steckt vor allem das beträchtliche Know-how der Kälteexperten. Es liefert eine Kenngröße unter Einbeziehung aller Randbedingungen, mit denen der Betriebsführer einen energetisch ungünstigen Betrieb leicht vermeiden kann. Immerhin 140 000 Euro an Energiekosten konnten mithilfe des cleveren Tools bereits im ersten Einsatzjahr eingespart werden. „Unser Energiemanager hilft uns, insbesondere im Kurzfristbereich zu den richtigen Entscheidungen zu kommen und Trends zu erkennen“, erläutert Dr. Johannes Wilhelmi, Leiter der Kälteversorgung. Bei allen nützlichen elektronischen Hilfsmitteln ist jedoch weiterhin die kompetente Einschätzung erfahrener Anlagenfahrer wichtig.
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