Ob Membranpumpe oder Membrankompressor – das Herz dieser Verdrängermaschinen ist immer eine chemisch, mechanisch oder auch thermisch hoch belastete Membran. Mit optimierten Bauformen, speziellen Materialkombinationen und PTFE-Schutzfolien sowie exakt abgestimmten Gewebeeinlagen konnte Freudenberg die Standzeiten von Pumpenmembranen um ein Vielfaches steigern. Berechnungsprogramme, FE-Analysen und Materialuntersuchungen vereinfachen individuelle Optimierungen auch an bereits vorhandenen Pumpenkonstruktionen.
Dipl.-Ing. Matthias Meerwein
Moderne Berechnungs- und Simulationswerkzeuge machen eine umfassende Optimierung der Membranstandzeit möglich. Hierzu werden sowohl die Bauform wie auch die Membrangeometrie, die Elastomerwerkstoffe, die Gewebeeinlagen, die PTFE-Schutzfolie, ein Einlegeteil und auch der Verbund aus den Einzelkomponenten auf das jeweilige Anforderungsprofil einer Pumpe und deren Einsatzspektrum angepasst. Mit Hilfe von FE-Analysen lassen sich für verschiedene Pumpentypen und Einsatzbereiche Membranformen finden, die sowohl im Abrollverhalten wie auch unter hoher Druckbelastung keinen punktuellen Spitzenbelastungen mehr ausgesetzt sind. Diese Berechnungs- und Simulationswerkzeuge führen gerade bei bestehenden Pumpenbaureihen zu neuartigen Lösungen. Die immer noch weit verbreitete, traditionelle Membran-Tellerform wird heute durch eine spannungsoptimierte Sickenform ersetzt. Diese Membranformen sind so errechnet, dass alle in den verschiedenen Arbeitszyklen auftretenden Belastungen der Membranen Minimalwerte erreichen. Damit ist ein erster wesentlicher Schritt zu einer Verlängerung der Standzeit erreicht.
Auch wird die Membrangeometrie an die jeweiligen konstruktiven Besonderheiten jeder Pumpenbaureihe angepasst. Dazu ist es nötig, die Wulsteinspannung am Außendurchmesser ebenso wie die jeweilige Förderraumgeometrie zu berücksichtigen. Damit kann jede Membran so gestaltet werden, dass sie in allen Betriebszuständen einem möglichst geringen Lastkollektiv ausgesetzt wird. Membranform und -geometrie werden zusammen auf minimierte Belastungsmuster ausgelegt.
Werkstoffe intelligent kombiniert
Mit über 800 Compoundrezepturen aus rund 350 verschiedenen Elastomeren bietet Freudenberg eine breite Werkstoffbasis für Membranen. Ein speziell für Membranwerkstoffe ausgelegtes Mischwerk und die Entwicklungskooperationen mit führenden Polymer- und Chemikalienherstellern sichern diesen hohen Standard in der Membrantechnik. Hinzu kommt das umfangreiche Freudenberg-Know-how über die Verbindung von Elastomeren mit Geweben, Metallen und Kunststoffen zu einem festen Verbund. Auf diese Weise können geeignete Elastomere, optimale Verstärkungsmöglichkeiten und somit die ideale Materialkombination für Membranen hergestellt werden.
Der Einsatz von FEM zur Membranoptimierung setzt ein tief greifendes Werkstoffverständnis voraus. Die häufig verwendeten Modellansätze nach Neo-Hooke oder Mooney-Rivlin stoßen bei der Beschreibung großer Membranverformungen sehr schnell an ihre Grenzen. Daher wurden bei Freudenberg eigene Materialmodelle für die Beschreibung des quasi-statischen und viskoelastischen Werkstoffverhaltens entwickelt. Diese Modelle bilden das experimentell beobachtbare Materialverhalten in einem breiten Anwendungsbereich sehr genau für die Berechnung und Simulation von Elastomermembranen ab. Diese eigenen Materialmodelle wurden jetzt durch ein PTFE-Materialmodell unter Berücksichtigung des nicht-linearen Verhaltens dieses Werkstoffes erweitert. Damit ist es nun auch möglich, mit PTFE-Folie beschichtete Membranen rechnerisch exakt zu beschreiben und in die Membranauslegung einfließen zu lassen. So wird eine für die Lebensdauer entscheidende quantitative Bewertung auch eines komplexen Membranverhaltens bereits in der Entwicklungsphase möglich.
Definierte PTFE-Schutzfolien erweitern Einsatzspektrum
Mit dem PTFE-Werkstoffmodell ist es möglich geworden, die PTFE-Schutzfolie auf Membranen anwendungsspezifisch anzupassen. Dieser universelle Schutz gegen abrasive und aggressive Medien wird auf der Grundlage vom FE-Analysen sowohl als
- virginales PTFE mit Schichtdicken von 0,1 bis 1,0 mm, wie auch als
- modifiziertes PTFE (TFM) oder als
- Atex-konforme PTFE-Type insbesondere bei Kunststoffmembranpumpen
eingesetzt.
Neben konstruktiven Änderungen sowie einer gezielten Material- und Schutzfolienauswahl trägt in vielen Fällen auch ein neuartiger Membranenaufbau zu Standzeitverlängerungen bei. Moderne Pumpenmembranen können aus bis zu neun verschiedenen Komponenten aufgebaut sein. In die Elastomermembrane werden dazu definiert positionierte Gewebe-, Gestricke- oder Gewirkelagen eingebracht. Die spezifischen Eigenschaften der verschiedenen Verstärkungen verleihen den Membranen höchst differenzierte Charakteristiken. Mit Geweben wird beispielsweise eine hohe Druckfestigkeit, mit Gestricken hingegen eine hohe Flexibilität erreicht. Auf diese Weise kann gezielt die Grenzfläche zur PTFE-Schutzfolie mit einer deutlich höheren Festigkeit ausgestattet werden. Durch die Gewebepositionierung wird zudem die dem Medium abgewandte Seite der Membrane vor Überlast geschützt.
Das Einlegeteil für die mechanische Membranansteuerung zählt auch zu den Komponenten, die bei der Auslegung einer Membrane zu berücksichtigen sind. Die FE-Analyse der Membran führt zu Geometrieoptimierungen dieser Einlegeteile. Zudem wird durch eine optimale Verbindung zwischen metallischem oder Kunststoffeinlegeteil die Standzeit der Membran mit beeinflusst.
Wirtschaftliche Großserienproduktion
In speziellen Pressvorgängen werden die unterschiedlichen Komponenten der individuell ausgelegten Membranen unter Vakuum verpresst und in Form gebracht. Freudenberg fertigt Pumpenmembranen mit Durchmessern von bis zu 1000 mm, die je nach Werkstoffkombination auch unter kritischen Belastungen im Temperaturbereich von – 40 bis + 150 °C eingesetzt werden. Diese Membranen schaffen dabei Differenzdrücke von bis 20 bar. Im druckausgeglichenen Betrieb erreichen die Membranen Förderdrücke bis 250 bar.
Trends in der Membranentwicklung
Durch die konsequente Nutzung dieser konstruktiven Optimierungspotenziale lassen sich neuartige Membrandesigns für sehr hohe Standzeiten realisieren. Gleichzeitig werden über die Materialauswahl und die Kombination von Membran, Verstärkungsgewebe und Schutzfolie neue Einsatzbereiche erschlossen. So werden Membranpumpen mit immer höheren Frequenzen betrieben. Hingegen müssen Membranen in Dosierpumpen gleichzeitig flexibel und besonders drucksteif sein. Die konstant hohe Drucksteifigkeit ist Voraussetzung für eine hohe Dosiergenauigkeit. Um diese Dosiergenauigkeit über lange Zeiträume auf einem höchst möglichen Präzisionsniveau halten zu können, werden diese Membranen gezielt darauf abgestimmt.
Vor allem druckluftgetriebene Doppelmembranpumpen haben den Ruf der universellen Arbeitsmaschinen. Daher setzen immer mehr Pumpenhersteller auf die höchst mögliche Chemikalienbeständigkeit der medienberührten Membranseite. Mit den speziell abgestimmten PTFE-Schutzschichten eröffnen sich diesen Pumpen ein extrem breiter Anwendungsbereich, der von höchster Chemikalienbeständigkeit bis zur Atex-Konformität reicht.
Mit FEM-optimierten Membranen kann der Druckeinsatzbereich und das Selbstansaugverhalten von Verdrängerpumpen verbessert werden. Gleichzeitig lassen sich mit immer größeren Membrandurchmessern höhere Förderleistungen realisieren, die bis zu 300 m³/h pro Pumpenkopf reichen. Andererseits werden mit miniaturisierten Ausführungen neue Einsatzfelder eröffnet. Minipumpen und Minikompressoren werden beispielsweise in der Labortechnik und als Membranvakuumpumpen in der Sterilisation und Trocknung eingesetzt. Die Miniaturisierung ist dabei soweit vorangeschritten, dass heute Mehrschicht-Membranen mit einem Durchmesser von derzeit 5,4 mm als Serienprodukt hergestellt werden können.
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Pumpen im VDMA
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