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Die Entscheidung muss gut überlegt sein

Mischen im Batchbetrieb oder im kontinuierlichen Fluss?
Die Entscheidung muss gut überlegt sein

Batchbetrieb oder kontinuierliches Verfahren? – Dem Endprodukt eines Mischprozesses sieht man nicht an, wie es hergestellt wurde. Je nach Anwendung kann jedoch ein Verfahren dem anderen überlegen sein, etwa in Hinblick auf die jeweilige Rezeptur, die Prozesszeiten oder Produktionsmengen. Dies sollte bereits bei der Entwicklung und Planung einer neuen Fertigungslinie berücksichtigt werden.

Der Autor: Dr. Thomas Meyer Entwicklung und Verfahrenstechnik, Gebrüder Lödige Maschinenbau

Generell bestehen beim industriellen Mischen zwei Möglichkeiten: das Mischen im Batchbetrieb oder in einem kontinuierlichen Prozess. Selbstverständlich bestehen zwischen beiden Verfahren viele Gemeinsamkeiten. So werden in beiden Fällen mindestens zwei unterschiedliche Stoffe gezielt zu einem möglichst homogenen Gemisch vereint. Die Unterschiede – und die daraus resultierenden Konsequenzen für den Produktionsprozess – liegen dabei vor allem in der Befüllung bzw. Entleerung des Mischers. Diese kann entweder chargenweise – in so genannten Batches – oder kontinuierlich erfolgen.
Mischer für den Batchbetrieb
Batchbetrieb bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man die einzelnen, meist trockenen Komponenten einer Rezeptur in den eigentlichen Prozessraum gibt, die Mischelemente startet und die Vermischung bis zum Erreichen der Homogenität laufen lässt. Die einzelnen Ausgangsstoffe werden dabei bereits vorher – überwiegend nacheinander – verwogen. Außerdem können während des Trockenmischprozesses auch noch Flüssigkeiten wie Aromen und Fette zugegeben werden. Nach Ablauf der notwendigen Prozesszeit wird das Produkt komplett aus dem Mischer ausgetragen. Der gesamte Batchablauf wird mit dem Schließen der Entleerungsklappe abgeschlossen. Danach kann ein neuer Batch gestartet werden.
Im Batchmischer (Bild 1) verläuft die Hauptbewegungsrichtung des Produktes von den Stirnwänden der Mischtrommel zur Mitte, wo sich auch die Entleerungsöffnung befindet. Damit wird eine gute Entleerung ermöglicht. Durch die richtige Wahl der Mischelemente und deren korrekte Anordnung wird sichergestellt, dass das Produkt über den gesamten Mischraum ausgetauscht wird – also auch von der Stirnwand rechts bis zur Stirnwand links und umgekehrt. Die Mischzeit kann quasi frei gewählt werden, sodass eine Anpassung an neue Produkte jederzeit möglich ist.
Kontinuierlicher Mischer
Bei einem kontinuierlichen Mischerbetrieb erfolgt die Verwiegung der Mischgüter durchgehend für alle Komponenten parallel und im Fluss. Die Produkte fließen gemeinsam in den Mischer und durchlaufen diesen – zwangsgetrieben durch die Mischwerkzeuge – vom Einlauf zum Auslauf (Bild 2). In dieser Zeit werden sie homogen vermischt. Nach Abschluss des Mischvorgangs verlassen sie die Maschine durch die Entleerungsöffnung. Auch die Zugabe von Flüssigkeiten ist innerhalb eines solchen Kontimischers an geeigneter Stelle möglich. Die notwendige Mischzeit muss hier bei der Planung des Mischers bekannt sein. Sie wird durch Länge, Volumen des Mischers, der Verwendung eines verstellbaren Wehres sowie in gewissem Maße auch durch die Drehzahl und natürlich die Anordnung der Mischelemente beeinflusst und fixiert. Das Produkt wird durch die Mischelemente geworfen, wodurch sich wellenförmige Produktschwärme quasi in Form einer Springprozession – mit zwei Schritten vorwärts und einem Schritt zurück – ausbilden. Eine Änderung der Verweilzeit ist nur stark eingeschränkt bzw. mit sehr hohem Aufwand möglich.
Mischerbedingte Unterschiede
Das Hauptargument für den Einsatz eines kontinuierlichen Mischers ist die Produktion von großen Durchsätzen. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um das immer gleiche Produkt handelt. Die Baugröße des Mischers reduziert sich in diesem Fall gegenüber einem Batchmischer, da die zu berücksichtigenden Prozesszeiten für Verwiegung, Beschickung und Entleerung entfallen. Dieser manchmal enorme Vorteil bringt aber gleichzeitig eine eingeschränkte Flexibilität in Bezug auf Produktwechsel und Produktionslaufzeiten des Mischers mit sich. Ein Kontimischer sollte so lange wie möglich ohne Stopp laufen, um wirtschaftlich arbeiten zu können – im günstigsten Fall rund um die Uhr. Beim Anfahren und Abfahren einer Produktionslinie kommt es nämlich zwangsläufig zu Produktverlust. Denn der Mischer muss erst stabile Verhältnisse im Innenraum herstellen, bevor ein korrektes Produkt entnommen werden kann. Werden Flüssigkeiten zugegeben, so müssen deren Dosierungen beim Abfahren als erste wieder abgestellt werden, da es sonst zu regionalen Überfeuchtungen und Verschmierungen im Mischer kommen kann. Ab diesem Moment stimmt dann die Rezeptur des ausgetragenen Materials naturgemäß nicht mehr.
Steuerung des Mischprozesses
Auch die Art der Verwiegung bzw. Dosierung unterscheidet sich bei Batch- und Kontimischern: Für den Batchbetrieb kann man notfalls (bis auf Kleinstkomponenten) alle Rohstoffe auf einer Waage nacheinander abwiegen und in einem Vorbehälter sammeln. Man kann sogar den Mischer selbst auf Wägezellen stellen und ihn als Waage benutzen. Dabei ist selbstverständlich immer das Auflösungsvermögen der Waage zu beachten. Dieses Auflösevermögen kann bei der kontinuierlichen Prozessführung die Auswahl von geeigneten Dosierern für Pulver und Flüssigkeiten enorm einschränken. Je nach geforderter Genauigkeit können diese an die Grenzen ihrer physikalischen Auflösung geraten. Außerdem bedeutet die Ermittlung einer Durchflussrate immer die Zugrundelegung einer Erfassungsperiode. Diese muss korrespondieren mit der Verweilzeit im Mischer. Ein Kontimischer kann Schwankungen in der Dosierung – in gewissem Maße – durch die Vermischung während der Verweilzeit ausgleichen und trotz Dosierschwankungen gleichmäßige Rezepturtreue gewährleisten.
Für die Steuerung bedeuten die zwei unterschiedlichen „Mischverfahren“: Ein Batchmischer lässt sich noch gut im Handbetrieb fahren. Genauso ist aber auch der vollautomatische Betrieb mit Rezepturverwaltung umsetzbar. Eine Kontiproduktionsanlage verlangt dagegen einen gewissen Grad an Automatisierung. Ein Eingriff in einen Batchbetrieb ist relativ einfach. Bei einem Kontiprogramm ist dies erheblich aufwendiger.
Dazu zählt auch die Anpassung an neue Produkte: Ein Batchmischer verfügt über relativ einfache und gut zugängliche „Regelstrecken“, während diese beim Kontimischer komplexer verknüpft sind. Deshalb kann man einen Batchmischer auch im Produktionsmaßstab notfalls im „Try and Error“-Verfahren laufen lassen und bei Bedarf in den Prozessablauf eingreifen. Im Kontiverfahren ist dies dagegen nicht möglich.
Generell gilt: Die Reinigungsmöglichkeiten von Produktionsanlagen sind abhängig von den Produkten und der Zusammenstellung der einzelnen Prozesskomponenten. Dennoch ist ein Batchmischer im Normalfall einfacher zu reinigen, weil sich die Anlagenkomponenten einfacher trennen lassen. Außerdem ist die Maschine in der Regel leichter zugänglich. Bei der komplexen Verkettung der einzelnen Komponenten im Kontibetrieb ist dies schwieriger, da auch die Trennung meist nicht einfach möglich ist. Häufig muss dann die gesamte Prozesskomponentenkette komplett gemeinsam gereinigt werden.
Entwicklung und Planung
Bei der Entwicklung eines neuen Produktes sollte man bereits bei der Zusammenstellung der Rezeptur die jeweiligen Möglichkeiten von Batch- und Kontiverfahren in Betracht ziehen. Ausführliche Tests im Labormaßstab sind hierbei unerlässlich. Kompetente Hersteller verfügen dafür über ein eigenes Technikum. In der Testphase werden alle grundlegenden Konstruktionsdetails festgelegt. Mit Abschluss der Tests sind bereits wesentliche Grundlagen für einen späteren erfolgreichen Betrieb des Mischers gelegt. Dies erleichtert sowohl den Projektingenieuren die Arbeit bei der Realisierung der Anlage als auch den Produktionsverantwortlichen, die später die Anlage betreiben.
Ein kontinuierlicher Prozess bedarf immer einer genaueren Analyse des Prozesses im Vorfeld, da die Umsetzung allgemein komplexer ist. Die Vermischung von Erzen mit Zuschlag-stoffen mit einer Durchsatzleistung von mehreren Dutzend Tonnen pro Stunde ist wirtschaftlich nur kontinuierlich zu betreiben. Das Herstellen von Gewürzmischungen mit mög-licherweise Hunderten von Rezepturen und mehrfachen Rezepturwechseln pro Schicht ist dagegen nur im Batchbetrieb sinnvoll.
Praxisbeispiele
Das Beispiel eines mittelständischen Arzneimittelherstellers in Süddeutschland zeigt die spezifischen Vorteile einer Anlage im Batchbetrieb: Lödige realisierte dort eine anwendungsspezifische Lösung zur Produktion eines pulverförmigen anorganischen Wirkstoffes mit spezieller Hydratstufe. Die Basis des Lödige-Konzepts bildet ein Horizontaltrockner, wie er sich in ähnlichen Situationen bereits vielfach bewährt hat. Auf dieser Grundlage plante und realisierte Lödige eine kompakte 20-Liter-Anlage mit vollständiger Peripherie.
Ein kontinuierlich arbeitender Pflugschar-Mischer kommt dagegen beispielsweise beim russischen Futter- und Düngemittelhersteller Balakovo Mineralnie Udobrenia (BMU) zum Einsatz (Bild 3). Dort steht die Umsetzung großer Produktionsmengen im Fokus: 20 t hochwertiges Monocalciumphosphat (MCP) pro Stunde stellt das Unternehmen her. Das Ergebnis ist ein kontinuierlicher „All-in-one“-Prozess. Das heißt, sämtliche Prozessphasen der MCP-Herstellung können in einer einzigen Maschine erfolgen.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Unterschiede bieten Batch- und Kontimischer individuelle Vorteile. Die Entscheidung, welches Verfahren im konkreten Fall das Beste ist, hängt deshalb von einer genauen Analyse der jeweiligen Aufgabenstellung ab. Im Mittelpunkt stehen dabei die Mischkomponenten und deren Eigenschaften, aber auch Rezeptur, Prozesszeiten, Produktionsmengen und Qualitätsanforderungen.
Halle 6.0, Stand D1
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