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Die Ideen gehen noch immer nicht aus

Neue Beispiele für den Einsatz von Fluorkunststoffen
Die Ideen gehen noch immer nicht aus

Dichtungen und Auskleidungen aus hochreinen Fluorkunststoffen widerstehen aggressiven Chemikalien auch bei hohen Temperaturen. Neue Entwicklungen wie vor Ort konfektionierbare Dichtbänder aus mikrozellularem expandiertem PTFE und universell einsetzbare Schlauchleitungen mit Auskleidungen aus PTFE, die extrem enge Biegeradien zulassen, bringen der allgemeinen chemischen ebenso wie der Lebensmittel- und Pharmaindustrie jetzt noch mehr Flexibilität.

Martin Brück und Thomas Olma

Im Jahr 2008 feiert DuPont den 70. Geburtstag des Welterfolgs Teflon. Indes geht die Entwicklungsgeschichte dieser Familie hoch temperaturbeständiger und chemisch nahezu inerter Fluorkunststoffe ungebremst weiter. Das Gleiche gilt für deren Anwendungen, die von Kochgeschirr bis zu Raketentreibstoff reichen. Die Plunkett Awards, die DuPont Anfang 2007 zum zehnten Mal für den besonders innovativen Einsatz von Teflon vergeben hat, zeigen erneut die Breite der Anforderungen, die dieser flexibel an anwendungsspezifische Aufgaben adaptierbare Werkstoff erfüllen kann.
Zwei aktuelle, aus den hochkarätigen Einreichungen zu diesem Wettbewerb ausgewählte Beispiele sind von der Rolle verarbeitbare CellFlon-Dichtbänder (KWO Dichtungstechnik, Stephanskirchen) aus mikrozellularem expandiertem Teflon PTFE sowie Universalschläuche mit einer Auskleidung aus Teflon, die mit besonders engen Radien verlegt werden können (Fluortubing bv, Utrecht/Niederlande).
Arbeiten vom Strang senkt die Kosten
Dichtungen, die als kontinuierliches Band geliefert werden und eine anwendungsspezifische Konfektionierung vor Ort ermöglichen, können die Kosten für die Lagerhaltung und das Bestellwesen signifikant reduzieren. Ihre flexible Einsatzfähigkeit ermöglicht das Abdichten komplex geformter Flächen ebenso wie sehr großer Flanschdurchmesser, wobei sich nur eine einzige Nahtstelle ergibt. Bei der Verarbeitung langer, auf Spulen gewickelter Stränge lassen sich Dichtungen in Serie herstellen. Verschnittmengen wie bei gestanzten Dichtungen fallen nicht an.
Solche Dichtbänder (Bild 1), die aufgrund der genannten Vorteile in stetig wachsendem Umfang im Apparatebau zum Einsatz kommen, sind häufig aus monoaxial expandiertem PTFE (ePTFE). Bei dessen Herstellung wird das Material in einer Raumrichtung verstreckt. Dadurch entstehen in seinem Innern faserähnliche Strukturen (Fibrillen). Diese verbessern die Elastizität und damit die Rückstelleigenschaften gegenüber dem unverstreckten Material. So behandeltes PTFE neigt weniger ausgeprägt zum Fließen, was letztendlich einem verbesserten Langzeit-Dichtverhalten gleichkommt. Besonders hohen Ansprüchen, wie sie zum Beispiel die hohen Flächenpressungen bei Dichtungen in Wärmetauschern für die petrochemische Industrie stellen, genügt monoaxial verstrecktes ePTFE jedoch häufig nicht. Das Dichtungsmaterial kann zwischen den Flansch-Dichtflächen austreten, metallische Flächen berühren sich, und damit ist das Versagen der Dichtung besiegelt.
Mikrozellen optimieren Rückstellvermögen
Mit CellFlon hat KWO ein Dichtungsband für die Vor-Ort-Applikation entwickelt, das aus mikrozellularem gesintertem PTFE von DuPont besteht. Es erhält seine Eigenschaften in einem speziellen mechanisch-thermischen Verfahren, bei dem eine mehrdimensionale Struktur erzeugt wird (Bild 2). Dadurch wird die Stabilität gegen den sonst bei PTFE unter flächigem Druck auftretenden Kaltfluss erheblich verbessert, und die Dichtungsdicke bleibt wesentlich besser erhalten. Damit hergestellte Dichtungen widerstehen auch hohen Scherkräften, was ihre Ausblassicherheit signifikant erhöht und hohe Flächenpressungen ermöglicht.
Aufgrund ihrer vergleichsweise sehr guten Rückstelleigenschaften gleichen CellFlon-Dichtbänder Unebenheiten zudem elastisch sehr gut aus, und auch Wechselbeanspruchungen werden ohne plastische Veränderung kompensiert.
Dazu Detlef Reichl, Technischer Leiter bei KWO: „Durch die Kombination unseres speziellen Verarbeitungsprozesses mit Teflon PTFE können wir Dichtungen bereitstellen, die sowohl leistungsmäßig als auch preisbezogen eine Brücke zwischen monoaxial und multiaxial verstrecktem ePTFE schlagen. Bei Gebrauchstemperaturen bis zu 200 °C (CellFlon weiß) bzw. +250 °C (braun, quarzgefüllt) verhindern sie das Auftreten von Leckagen mit hoher Zuverlässigkeit und leisten dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Minimierung flüchtiger Emissionen aus Chemieanlagen. Zudem tragen CellFlon-Dichtungen dazu bei, dass sich der Wartungsaufwand verringern und die Stillstandskosten senken lassen. Inzwischen nutzen wir diese Technologie auch für die Herstellung von CellFlon-Cl, einer speziell für den Einsatz in Chlorelektrolyse-Zellen optimierten Variante.“
KWO sieht ein beachtliches Marktpotenzial für das selbstklebende CellFlon-Dichtband. „Sein Einsatz empfiehlt sich überall da, wo die Eigenschaften von herkömmlichem ePTFE nicht ausreichen, die hohen Kosten für multidirektional verstrecktes ePTFE aber nicht akzeptabel sind“, so Reichl. „Damit eröffnen sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten, speziell in der Substitution von Dichtungen auf Faser- oder Graphitbasis.“
Universalschlauch für engste Biegeradien
Bei der Entwicklung der Fluorflex-Schlauchleitungen (Bild 3) stellte sich der niederländische Hersteller Fluortubing zusammen mit HSI Schlauch- und Armaturentechnik, Mühlheim/Ruhr, und ContiTech Fluid, Korbach, einer komplexen Herausforderung, zu deren Lösung der Einsatz von Teflon-Fluorkunststoffen einen maßgeblichen Beitrag leistet. Die Anforderungen umfassten Dichtigkeit gegen flüchtige Emissionen, hohe Druck- und Temperaturbeständigkeit, weitestgehende Inertheit für den Einsatz in der chemischen, pharmazeutischen und Lebensmittelindustrie, geringstmöglicher Druckverlust beim Durchströmen, und dies alles in Verbindung mit hoher Flexibilität, geringem Gewicht und komfortabler Handhabung.
Teflon bringt seine vorteilhaften Eigenschaften dabei in zwei Bereichen ein – als Teil des Schlauchaufbaus und als Beschichtung der zugehörigen Armaturen. Die funktionskritische Innenauskleidung besteht aus dem FDA-zugelassenen Teflon PTFE 62-N, das sich durch seine besonders hohe thermische Stabilität, Biegewechselfestigkeit und Spannungsrissbeständigkeit auszeichnet. Seine Antihafteigenschaften bewirken, dass Reste der transportierten Medien keinen Halt auf der Oberfläche finden und dadurch beim Durchspülen restlos entfernt werden können. Ein in die PTFE-Schicht integrierter Leitbalken verhindert die statische Aufladung. Weitere Komponenten des Mehrschichtschlauches sind eine EPDM-Zwischenlage, eine verstärkende Gewebeschicht aus hochfesten und zugleich leichten Kevlar-Markenfasern von DuPont sowie eine EPDM-Deckschicht. Teil des Fluorflex-Systems sind auch die mit Teflon PFA (Perfluoralkoxy) beschichtete und damit gegen Korrosion geschützte Armaturen (Stutzen, Halbschalen), die sich leicht und ohne Spezialwerkzeuge vor Ort montieren lassen.
Dieses System aus Schlauch und Anschlüssen ist deutlich leichter als herkömmliche, auf Elastomeren und FEP basierende Ausführungen. Dabei lässt es zuvor unerreicht enge Biegeradien ohne Beschädigung der Innenauskleidung zu (Bild 4). Speziell bei großen Schlauchdurchmessern (minimaler Biegeradius bei Nennweite DN 75 ist 200 mm) werden dadurch signifikante Einsparungen an Bauraum möglich. Andererseits macht diese Flexibilität eine Montage unter extrem beengten Verhältnissen überhaupt erst möglich.
Wendel ergibt Turbo-Effekt
Die Teflon-Innenschicht des hoch flexiblen Fluorflex-Universalschlauchs ist wendelförmig ausgeführt. Diese Geometrie gibt dem geförderten Medium einen Drall, der eine höhere Fördergeschwindigkeit und letztendlich um bis zu 40 % kürzere Entleerungszeiten als bei linearen Auskleidungen ermöglicht. Der für die Auskleidung gewählte Fluorkunststoff ist bei Dauergebrauchstemperaturen von über 200 °C einsetzbar und bietet dabei eine nahezu universelle Beständigkeit gegen alle in der Lebensmittel- und Pharmaproduktion eingesetzten Medien. Aufgrund der inhärenten Antihafteigenschaften sind die Schläuche auch bei Einsatz hochviskoser Medien sehr leicht zu reinigen. Dies kann – zusammen mit der Möglichkeit zur beschleunigten Entleerung für die Reinigung oder bei Materialwechseln – zu deutlichen Kosteneinsparungen in der Produktion führen. Das Gesamtsystem ist auf Betriebsdrücke von 16 bar ausgelegt. Dazu Tobias Sautmann, Geschäftsführer von HSI: „Die Markteinführung in Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz war sehr erfolgreich. Derzeit planen wir die Ausweitung unseres Vertriebsnetzwerkes auf ganz Europa. Das Produktspektrum umfasst ab Lager lieferbare Standardausführungen sowie eine Vielzahl anwendungsspezifischer Ausführungen für Chemieanlagen, Lebensmitteltechnik und Pharmaproduktion. Neue Produkte für die Bereiche Transport, Verfahrenstechnik und Bau sind in der Entwicklung.“ Bild 5 zeigt eine Anwendung von Fluorflex-Schläuchen für den Transport anorganischer Säure- und Laugengemische jeglicher Art und Konzentration sowie von Mineralölen und Mineralölderivaten. Zuvor wurde dort eine Vielzahl anderer, selbst konfektionierbarer Schlauchvarianten in der Praxis erprobt, die aber alle entweder nicht flexibel genug oder nicht ausreichend beständig waren. Erst der Wechsel zu Fluorflex erfüllte die komplexen Anforderungen dieses Einsatzfalles.
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