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Die Kombination macht’s

Abwasserreinigung in der Insulinproduktion
Die Kombination macht’s

Die Herstellung von Insulin mithilfe der Biotechnologie führt zu einer hohen Belastung des Abwassers mit schwer abbaubaren Tensiden. Mit einer Kombination aus aerober und anaerober Stufe sowie einem Niedrigtemperaturverdampfer lassen sich die Abwasserströme effizient reinigen. Zentraler Punkt des Konzepts ist, dass die verschiedenen Abwasserströme zunächst einzeln identifiziert und charakterisiert werden und erst dann die individuelle Behandlung erfolgt.

Der Autor: Dr. Peter Stipp Fachjournalist

Eines der Unternehmen in Europa, das unter anderem rekombinantes Insulin herstellt, ist Bioton S.A. in Macierzysz (Polen). Hier wurde Ende 2008 im Zuge einer Erweiterung der Produktionsstätte eine neue mehrstufige Abwasserreinigungsanlage in Betrieb genommen, die sich durch einen hohen Automatisierungsgrad auszeichnet. Sie bietet eine maximale Verfügbarkeit bei hoher Betriebssicherheit – eine zentrale Forderung des Unternehmens in Bezug auf die nicht biologisch abbaubaren Abwässer, die nicht in öffentliche Vorfluter eingeleitet werden dürfen. Darüber hinaus sollte die Anlage möglichst energieeffizient und nachhaltig arbeiten. Entwickelt und installiert wurde die neue Anlage von der Firma EnviroChemie. Nach einer eingehenden Analyse des Insulinproduktionsprozesses schlug EnviroChemie eine individuelle Lösung vor. Zum Einsatz kommen aerobe und anaerobe Reaktoren, ein Niedrigtemperaturverdampfer für den nicht biologisch abbaubaren Abwasserstrom aus der Insulinproduktion sowie ein Inline-Detektionssystem.
Getrennte Reinigungsprozesse
Die anfallenden Abwässer aus der Produktion werden als drei verschiedene Teilströme betrachtet und verschiedenen Reinigungsstufen zugeordnet. Dies hat den großen Vorteil, dass man die einzelnen Teilanlagen kompakter dimensionieren kann, als es bei einer undifferenzierten Behandlung der gesamten Abwässer notwendig wäre. Das verringert nicht nur den Aufwand bei der Anlagentechnik, sondern auch die Betriebskosten. Denn kleinere und besser charakterisierte Abwasserströme können zielgerichteter und damit effizienter behandelt werden. So ist es beispielsweise möglich, die mit schwer abbaubaren Tensiden belasteten Abwässer direkt am Entstehungsort separat zu behandeln, ohne sie mit anderen Abwässern zu mischen. Das erhöht die Betriebssicherheit der biologischen Reinigungsstufen und senkt deren Belastung. Auf der anderen Seite können niedrig belastete Sanitärabwässer direkt in eine aerobe Behandlungsstufe geleitet werden, ohne dass sie andere Stufen durchlaufen. Das spart hydraulische Kapazitäten. Bei den drei zu behandelnden Teilströmen handelt es sich um:
  • hoch belastetes Abwasser aus der Produk-tion mit einem CSB-Anteil von bis zu 40 000 mg/l
  • schwer abbaubare Tenside
  • schwach belastetes Abwasser aus dem Sanitärbereich
Ausgelegt ist die Systemlösung zur Abwasserbehandlung für einen Abwasserstrom von maximal 600 m³/Tag.
Integriertes Sicherheitskonzept
Der erste Teil der Sicherheitslösung besteht aus drei Misch- und Ausgleichsbehältern (MAB), die im Wechsel befüllt werden. Das Volumen beträgt jeweils 240 m³ und entspricht der Abwassermenge, die in einem Zeitraum von 24 h in der Produktion anfällt. Beim zweiten Teil handelt es sich um eine permanente Kontrolle des nicht biologisch abbaubaren Abwassers im gerade befüllten MAB. Diese Messungen initiieren folgende unterschiedliche Abläufe: Ist das Abwasser nicht biologisch abbaubar, erfolgt die Weiterleitung zum Verdampfer, genau wie beim Abwasser mit schwer abbaubaren Tensiden. Handelt es sich hingegen nur um geringe Mengen mit nicht biologisch abbaubarem Abwasser, wird es ebenfalls direkt in die aerobe Stufe geleitet.
Zeigen die Messungen dagegen nur eine erhöhte Toxizität für anaerobe Bakterien, erfolgt die weitere Behandlung des Abwassers im Belebungsbecken der aeroben Stufe; gemeinsam mit den Sanitärabwässern. Für hochbelastete Abwässer, die nicht toxisch für die Bakterien in der anaeroben Stufe sind, erfolgt eine direkte Einleitung in den anaeroben Reaktor, um Biogas zu erzeugen. Nach der anaeroben Behandlung wird das Abwasser ebenfalls in der aeroben Stufe weiterbehandelt.
Die dritte Stufe des Sicherheitskonzepts für das hochbelastete Abwasser aus der Produktion ist die redundant aufgebaute anaerobe Stufe. Sie besteht aus zwei Linien, die völlig unabhängig voneinander arbeiten. Jede von ihnen beinhaltet Misch- und Ausgleichsbehälter, den Biomar-ASB-Methanreaktor sowie eine umfangreiche Messtechnik. In den Misch- und Ausgleichsbehältern werden kontinuierlich der pH-Wert und die Temperatur gemessen.
Verdampfung der Tenside
Der Abwasserstrom aus der Insulinproduktion bei Bioton beinhaltet neben hohen CSB- und BSB5 -Werten auch nichtionische Tenside, die stark gesundheitsgefährdend sind. Sie werden daher direkt zum Verdampfer geführt. Hier sind als Redundanz ebenfalls zwei Linien parallel installiert. In der Anlage zur Vakuumdestillation wird das Abwasser zunächst bis zur Löslichkeit der Stoffe aufkonzentriert und dann zum Abscheider weitergeleitet. Parallel dazu wird das im Verdampfungsprozess entstehende Destillat in Kombination mit einem Wärmetauscher zum Vorwärmen des einlaufenden Abwassers genutzt. Die nächsten Schritte sind die Entkeimung des Destillats bei einer Dampftemperatur von über 120 °C und einem niedrigen Druck von nur ca. 600 mbar sowie die Weiterleitung zum Belebungsbecken der aeroben Stufe. Das bei der Verdampfung entstehende Konzentrat wird später als Sondermüll entsorgt.
Die CSB-Bilanzen des aeroben und anaeroben biologischen Abbaus zeigen, dass die Kombination von beiden die CSB-Fracht zu fast 100 % reduziert. Hierbei wird zunächst über ein anaerobes Verfahren der größte Teil an BSB5 und CSB abgebaut; der Rest dann im aeroben Reaktor umgewandelt, indem zusätzlich Luft (Sauerstoff) eingetragen wird. Hinzu kommt, dass der Energiebedarf beim anaeroben Verfahren mit bis zu 0,1 kWh/kg CSB nur ca. 1/10 des Energiebedarfs der aeroben Variante beträgt. Außerdem ist der Schlammanfall deutlich geringer.
Detektionssystem eingebaut
Mit dem an beiden anaeroben Reaktoren eingebauten Detektionssystem hat der Betreiber die Möglichkeit, den Verschmutzungsgrad des Abwassers innerhalb der verschiedenen Zonen des Reaktors inline zu messen und zu dokumentieren. Das gereinigte Abwasser wird im Ablaufsystem gesammelt und zur aeroben Abwasserbehandlungsanlage Biomar OSB geleitet. Die typischen Umwandlungsraten in diesem Schlammbettreaktor liegen im Bereich ca. 3000 kg CSB/m³d. Das aus der Flüssigphase des Abwassers entstehende Biogas wird im oberen Bereich des Reaktors aufgefangen, durch einen Kondensatabscheider geleitet und kann nach entsprechender Aufbereitung in das Erdgasnetz eingespeist werden. Bei voller Last erreicht die Anlage Biogasmengen von bis zu 1000 m³/d, was die Energiebilanz der Anlage weiter verbessert.
prozesstechnik-online.de/cav1112453
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