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Dynamisch filtrieren

Reduzierter Filterkuchenaufbau ermöglicht kontinuierlichen Betrieb über lange Zeitspannen
Dynamisch filtrieren

CD-Filter eignen sich besonders zum Eindicken oder Klären von mechanisch oder thermisch empfindlichen Stoffen. Zum einen tragen sie bei der Abreinigung des abgeschiedenen Feststoffs nur sehr wenig mechanische Energie ein, zum anderen tritt eine hohe Partikelbeanspruchung oder Erwärmung durch Dissipation nicht auf. Die günstigen Eigenschaften der Apparate und ihr einfacher Aufbau prädestinieren sie für eine breite Anwendung.

Dipl.-Ing. J. W. Tichy

Das CD-Filter (Centrifugal Disk Filter) von BHS-Sonthofen nutzt strömungstheoretische Erkenntnisse zu einer deutlichen Verbesserung der Querstromfiltration. Mehrere runde Filterscheiben sind in engem Abstand auf einer Welle angeordnet. Die Filterscheiben bestehen aus zwei porösen Platten, die am äußeren Umfang miteinander dicht verbunden sind (Bild 1). Das Filtrat fließt aufgrund einer Druckdifferenz durch den Drainageraum zwischen den beiden Platten radial zur Hohlwelle und wird dort abgeleitet. Mit dem Filter wird eine dynamische Filtration realisiert, da die Welle und die auf ihr befestigten Filterscheiben sich während der Filtration drehen. Die Flüssigkeit zwischen den Filterscheiben wird wie ein starrer Körper mit gleicher Drehzahl mitgeschleppt. Zentrifugalkräfte und die Strömung zwischen den Filterscheiben behindern und limitieren den Aufbau des Filterkuchens.
Im Betrieb läuft ständig Suspension mit geringem Druck zu. Konzentrat und Filtrat wird kontinuierlich abgeführt. Der Eindickgrad wird durch die Zunahme der Viskosität der Suspension bei steigendem Feststoffgehalt begrenzt, was wiederum die erforderliche Antriebsleistung bestimmt. Diese liegt deutlich unter den Werten konventioneller Querstromfilter .
Die Ausbildung einer Grundschicht aus abgelagerten Partikeln auf den Filterscheiben ist erwünscht. Durch Variation der Parameter Porenweite der Filterscheiben, Drehzahl und Filtrationsdruck können Grundschicht und Dicke des Filterkuchens und somit Trenngrad variiert werden. Die abtrennbaren Partikelgrößen reichen bis unter 1 µm. Der Filtratfluss ist bereits bei niedrigen Drücken hoch. Höhere Drücke führen zu dickeren Deckschichten mit höherem Durchflusswiderstand, wobei die Steigerung der Durchflussleistung gering ist.
Der geringe Energieaufwand macht den Einsatz des Filters wirtschaftlich sinnvoll für Suspensionen mit geringsten Feststoffgehalten bis unter 1 g/l. Außerdem können auch besonders empfindliche, z. B. scherspannungs- und temperaturempfindliche Feststoffe verarbeitet werden, weil auf den Einbau von Statoren mit Blick auf maximale Produktschonung beim CD-Filter bewusst verzichtet wird. Klassierendes Filtern nach diesem Prinzip scheint möglich.
Strömung zwischen den Platten
Die Strömung an rotierenden Scheiben kann instabil werden, wobei sich Wirbel in Form von logarithmischen Spiralen ausbilden (Taylor-Görtler-Wirbel). Ab einem bestimmten Radius liegt eine komplexe dreidimensionale Strömung vor, die aufgrund der Relativbewegung in der Grenzschicht zwischen Filterscheibe und der Suspension eine Querstromfiltration erzeugt. Der Radius mit Beginn der Instabilitäten kann durch die Reynolds-Zahl beschrieben werden. Der Beginn der Instabilität liegt im Bereich von 5 x 104 bis 5 x 105. Die energiearmen Wirbel führen zu dem für die Querstromfiltration von Altmann entwickelten Ablagerungsmodell, das die Kräfte beschreibt, die an den Partikeln angreifen (J. Altmann: Partikelablagerung und Deckschichtbildung an überströmten Membranen, Dissertation, TU Dresden, 1999).
Die Bewegung der Partikel in der Nähe des Filtermediums wird durch die Querströmung und den Filtratstrom beeinflusst. Die Partikel werden in der laminaren Unterschicht schleichend umströmt, so dass zur Berechnung der Reibungskraft in Richtung zum Filtermedium die Beziehung nach Stokes genutzt werden kann. Infolge der asymmetrischen Anströmung der Partikel in der Grenzschicht wirkt aber auch eine entgegengerichtete Liftkraft (Auftrieb). Berechnungen und Experimente zeigen, dass ab einer bestimmten Partikelgröße die Liftkraft größer ist als die Reibungskraft in Richtung der Filtratströmung, so dass diese Partikel nicht abgelagert werden können. Kleine Partikel können dagegen das Filtermedium erreichen und werden abgelagert. Für die Querstromfiltration mit Rohr- und Kapillarmembranen konnte diese Klassierung bei der Ablagerung experimentell und theoretisch nachgewiesen werden.
Technische Nutzung
Diese klassierende Ablagerung wird im CD-Filter genutzt. Untersuchungen zeigen, dass offensichtlich beim Anfahren des Filters eine dünne Deckschicht auf dem Filtermittel aufgebaut wird, die in Filtermittelnähe mit gröberen Partikeln angereichert ist, während auf der Deckschichtoberseite, die der Suspension zugewandt ist, die Feinstpartikel erheblich höher konzentriert sind (Bild 2). Die gröberen Partikel sedimentieren offenbar in der Suspensionsschicht zwischen den Filterscheiben, während die dünne Schicht der Feinstpartikel als zäher Schlamm von den Scheiben abfließt. Beide Vorgänge sichern dem Apparat einen stabilen Betrieb bei hohem Abscheidegrad und über lange Zeit.
Im Unterschied dazu wird bei konventionellen Querstromfiltern die Deckschicht nur durch Strömungskräfte vom Filtermedium entfernt. Die Abschätzung der Kräfte zeigt, dass die an den feinen abgelagerten Partikeln angreifende van-der-Waals’sche Bindungskraft wesentlich größer ist als die angreifenden hydrodynamischen Kräfte. Dies führt zu einer Irreversibilität der Deckschichtbildung, die auch durch Experimente bestätigt wurde. Bei den von Altmann (s. o.) durchgeführten Versuchen wurde die Deckschicht auf dem Filtermedium erst bei sehr hohen Überströmgeschwindigkeiten in Form von großen Agglomeraten weggespült.
Der beschriebene Klassiereffekt und die Anreicherung von Grobkorn in der Anfahrphase führen dazu, dass eine Art Precoatschicht als Grundschicht auf das Filtermittel aufgebracht wird, die eine Verstopfung des Filtermittels über lange Zeit verhindert. Wird die Durchflussleistung mit der Zeit zu gering für einen wirtschaftlichen Betrieb, dann kann die Grundschicht erneuert werden: Der Filtratablauf wird gesperrt und die Scheibendrehzahl erhöht. Die hohe Zentrifugalkraft von etwa 100 g und der fehlende Anpressdruck für den Filterkuchen führen zu einer vollständigen Abreinigung des Feststoffs vom Filtermittel. Die Regeneration ist ohne Rückspülung sehr gut und bringt wieder die hohen Ausgangsleistungen.
Der CD-Filter eröffnet interessante Möglichkeiten bei der Kuchenfiltration. Durch den Parameter der Scheiben-Drehzahl kann die Kuchenfiltration in einem weiten Bereich beeinflusst werden. Insbesondere wird durch die Scheibendrehung eine dynamische Filtration, d. h. eine Reduzierung und Limitierung des Filterkuchenaufbaus erreicht. Dies ermöglicht wiederum einen kontinuierlichen Betrieb über lange Zeitspannen. In weiten Bereichen sorgen die sich ausbildenden Strömungen in der Nähe des Filtermediums für günstige dynamische Filtrationsverhältnisse.
cav 429
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