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Echtzeit-Prozesskontrolle im Nahen Infrarot

PAT-Pionier feiert 10-jähriges Bestehen
Echtzeit-Prozesskontrolle im Nahen Infrarot

Als sie im Jahr 2002 die NIR-Online GmbH ins Leben riefen, verhalfen sie einer Technik zum Durchbruch, die als Quantensprung in der Prozesskontrolle gilt. Die Rede ist von Thomas Schneider und Tomas Qvarfort, Pio-niere der NIR (Nahes Infrarot)-Online-Industriespektroskopie. cav sprach mit den beiden Unternehmensgründern und Geschäftsführern über die Potenziale, die eine lückenlose Prozessüberwachung in Echtzeit bietet.

cav: 10 Jahre NIR-Online GmbH bietet Anlass zum Rückblick. Was gab den Anstoß zur Firmengründung?

Schneider: Die NIR-Technik hatte sich bereits vor 2000 für die Qualitätskontrolle im Labor bewährt. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen in der Produktionsautomatisierung waren wir zu der Überzeugung gelangt, dass die neu verfügbare Technik auch geeignet war für den Einsatz innerhalb von Produktionsprozessen. Dies konnte aber nicht umgesetzt werden, indem man versuchte, ein NIR-System aus dem Labor direkt in Prozesse einzugliedern, weil eine Kontrollprobe im Labor während der Messung normalerweise stillsteht und sich in der Konzentration dadurch nicht verändert. Für die Messungen in laufenden Prozessen ist jedoch ein System notwendig, das sich nicht von der Bewegung des Produkts beeinflussen lässt. Mit den NIR-Systemen, die damals für die Prozesskontrolle angeboten wurden, konnte dies nicht ausreichend realisiert werden, und die relevanten Produktinformationen wurden zeitlich versetzt aufgenommen. Sie waren damit nur zur Grobüberwachung von Prozessen geeignet und lieferten teilweise sogar verfälschte Ergebnisse. Dies hat die Anwender nicht überzeugt, zumal die Geräte hochkomplex, aufwendig zu installieren und sehr kostspielig waren. Wir wussten, das geht besser. Unser Ziel war es, ein hochwertiges, funktionsfähiges und anwenderfreundliches System zu entwickeln.
cav: Wie haben Sie die Anforderungen an eine Echtzeit-Prozesskontrolle gelöst?
Qvarfort: Wir haben für unsere Kunden eine intelligente Software-Lösung im Zusammenspiel mit patentierter Hardware entwickelt. Zentraler Baustein ist ein Dioden-Array-Spektrometer, ein Chip mit aufgereihten Fotodioden, der eine lückenlose Analyse und Überwachung selbst bei schnell beweglichen Proben erlaubt. Dazu werden die zu untersuchenden Substanzen mit Lichtwellen im visuellen und Nahen-Infrarot-Bereich bestrahlt und die reflektierten Lichtwellen vom Dioden-Array parallel ausgelesen und in digitale Signale umgewandelt. Die so gewonnenen Messergebnisse werden von unserer Prozesssoftware online ausgewertet, grafisch dargestellt und mit vorhandenen Referenzwerten verglichen. Feste Pasten, Flüssigkeiten und sogar Gase lassen sich dabei auf beliebig viele Parameter gleichzeitig untersuchen. Die Anwender erhalten eine zeitnahe Transparenz über veränderte Prozesse und können möglichen Fehlentwicklungen schnell und wirksam entgegensteuern. Zusätzlich sind unsere Geräte mit einer Farbkamera ausgestattet, die alle mit dem Auge sichtbaren Bildinformationen steuerbar dokumentiert. Durch umfassende Dokumentationsmöglichkeiten ist jederzeit die Rück-verfolgbarkeit der Produktionsabläufe gewährleistet.
Schneider: Ein weiteres großes Plus ist die Einfachheit und Handlichkeit unserer NIR-Online-Industriespektrometer. Sie sind ungefähr so groß wie Schuhkartons und wiegen nur wenige Kilogramm. Man kann unsere Systemlösung in fast jede Produktionsumgebung integrieren. Sie ist im Gegensatz zu herkömmlichen Messgeräten temperaturunabhängig, druckbeständig und erschütterungsfrei.
cav: Für welche Branchen sind NIR-Online- Kontrollsysteme geeignet?
Qvarfort: Wir sind mit unserer Lösung nicht auf spezielle Industriezweige fokussiert. Vielmehr haben alle Branchen Bedarf, in denen es zur Qualitätssicherung in den Prozessen und Prozessabschnitten nicht ausreichend ist, nur die Parameter pH-Wert, Temperatur, Druck und Menge zu überwachen. Dies können Wareneingangskontrollen bei der Gipsherstellung oder in der Pharmaproduktion sein, aber auch Trocknungs- und Mischprozesse in der Futtermittelindustrie, Verarbeitungsprozesse bei der Lebensmittel- und Mehlherstellung oder Reaktionsprozesse in der Chemie-Branche.
cav: Welche Vorteile bieten NIR-Online-Industriespektrometer konkret?
Qvarfort: Bei der Herstellung großer Produktmengen können in kurzer Zeit enorme Schäden entstehen, die sich durch manuelle Probeentnahmen nicht oder nur teilweise verhindern lassen. Da im Labor nur Stichproben mit Zeitverzögerung gewonnen werden, ist es einem Unternehmen unmöglich, frühzeitig auf mangelhafte Rohstofflieferungen oder Produktionsfehler zu reagieren. Die Firmen nehmen zwar gewisse Mängel in der Produktion wahr, kennen aber das vollständige Ausmaß nicht. Sie leben mit dem ständigen Risiko des Kundenverlustes, denn sie können nicht bewerten, wie gut die Qualität einer Charge tatsächlich ist.
Schneider: Eine umfassende Transparenz ist nur mit einem NIR-System zu erzielen, das direkt in die Produktion integriert werden kann und die Werte der Prozessparameter in Echtzeit abbildet. Unsere Industriespektrometer helfen den Unternehmen, visualisierte und dokumentierte Prozessqualität zu geringen Kosten sicherzustellen. Sie können ihre Produkte so herstellen, dass dabei möglichst kostensparend mit den erforderlichen Rohstoffen verfahren wird. Durch die laufenden Eingangs-, Prozess- und Endkontrollen werden Produktionsfehler, Ausfallzeiten und Ausschuss minimiert oder sogar ausgeschlossen. Durch den Wegfall von fehlerhaften Chargen sparen die Kunden Zeit sowie Material- und Energiekosten. Die Produktivität und Erträge steigen. Zugleich verbessert eine gleichbleibend hohe Produktqualität die Kundenzufriedenheit, vermeidet kostspielige Reklamationen und stärkt die Position im Wettbewerb.
Qvarfort: Einem Lebensmittelhersteller ist es beispielsweise passiert, dass er einem Großkunden Waren in minderer Qualität lieferte, ohne es zu wissen. Er disqualifizierte sich damit als Lieferant. Mit unserem System hätte er dem Kunden eine Dokumentation der Produktionsprozesse mit allen Abweichungen zur Verfügung stellen können. Damit wäre der Abnehmer in der Lage gewesen, selbst zu entscheiden, ob er die Lieferung annimmt oder nicht, er hätte nicht blind gekauft.
Schneider: Ein weiterer wichtiger Vorteil von NIR-Online-Kontrollen ist, dass ein Unternehmen die Qualität seiner Produkte gezielt steuern kann. So ist einer unserer Kunden aus der Chemiebranche dadurch in der Lage, die Spezifikation eines bestehenden Produktes zu garantieren. Ein neues Produkt wird zusätzlich zum herkömmlichen in besserer Qualität zu einem höheren Preis hergestellt. Ein weiteres Beispiel ist die Herstellung verschiedener Biodiesel-Sorten, die in unterschiedlichen Schadstoffklassen zu unterschiedlichen Preisen produziert werden. Dazu reicht es nicht aus, die Qualität periodisch zu prüfen, sondern es bedarf eines Überwachungs- und Lenkungssystems, das aktiv hilft, die gewünschte Qualität zu produzieren. Insgesamt ist zu erwarten, dass die Kunden in Zukunft zunehmend Produkte mit engeren Spezifikationen verlangen werden, da der Trend in der Industrie immer mehr in Richtung Standardisierung, Energieeffizienz und Automatisierung geht.
cav: Wie schätzen Sie die Wachstumschancen Ihres Unternehmens in den nächsten Jahren ein?
Qvarfort: Nachdem wir in den vergangenen Jahren gesund gewachsen sind, wollen wir diesen Weg mit größeren, multinationalen Kooperationspartnern fortsetzen. Weiteres Wachstumspotenzial sehen wir in neuen Bereichen, wie den regenerativen Energien, und in den verstärkten gesetzlichen Vorschriften für eine lückenlose Kontrolle der Produktionsprozesse. Wir erfahren täglich, dass die NIR-Online-Analytik in den Branchen immer gefragter wird. Sie wird ein Teil der Ausbildung aller Mitarbeiter werden, die mit Produktionsprozessen zu tun haben. Hinzu kommt, dass unsere NIR-Online-Systeme zwar in Deutschland und Europa schon sehr weit verbreitet sind, wir international, wie in Nordamerika, Südamerika, Afrika, Asien und Australien, jedoch erst am Anfang stehen. Um unsere Systeme auch dort bekannt zu machen, nehmen wir unter anderem regelmäßig an internationalen Messen teil – mit steigendem Interesse aus der dortigen Fachwelt, wie die wachsenden Auftragseingänge bestätigen.
cav: Herr Schneider, Herr Qvarfort, wir danken Ihnen für das Gespräch.
prozesstechnik-online.de/cav0113420
Ein großes Plus ist die Einfachheit und Handlichkeit unserer Industriespektrometer. Sie sind so groß wie Schuhkartons und wiegen nur wenige Kilogramm.
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