In einer Produktionsanlage der Pharmaindustrie entstehen Abluftströme, die Organika und Anorganika in sehr unterschiedlicher Zusammensetzung und Konzentration enthalten können. Hierbei handelt es sich zudem um explosionsfähige Gemische. Die nachfolgend vorgestellte Abluftreinigung bereitet, unter Zuhilfenahme geeigneter Explosionsschutzmaßnahmen, die in Menge und Zusammensetzung äußerst heterogenen Abgasströme auf.
Dr. Ing. Walter Hilgert
In einer Anlage zur Erzeugung verschiedenartiger pharmazeutischer Substanzen, von der ausgewählte Komponenten auch für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten genutzt werden, fallen toxische Stoffgemische an, die auch dem Ex-Schutz unterliegen. Die der Anlage nachgeschaltete Abluftbehandlung muss daher sicherstellen, dass sowohl die TA-Luft als auch die Ex-Schutz-Bestimmungen eingehalten werden, ohne dass der Produktions- und Forschungsbetrieb eingeschränkt ist. Die Abluftbehandlung muss darüber hinaus in Menge und Zusammensetzung stark schwankende Schadstoffkombinationen unschädlich machen.
Die Abluftreinigungsanlage umfasst eine vertikal angeordnete Nachbrennkammer, in der organische Stoffe thermisch oxidiert werden, eine mehrstufige, sequenzielle Nasswäsche, einen Strahlungswärmetauscher zur Wiederaufheizung der gereinigten Abluft, eine Heißgasventuriquenche, einen konditionierten Gewebefilter zum Schutz der Detonationssicherungen und Explosionsschutzmaßnahmen. Die Abluft ist der Explosionszone 0 zugeordnet. Da in der Nachbrennkammer durch die Flamme eine ständige Zündquelle gegeben ist, könnte eine Rückzündung im Abgas entgegen der Strömungsrichtung bis zu den Produktionsanlagen erfolgen. Es sind daher Schutzmaßnahmen vorzusehen. Eine Maßnahme, die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre zu vermeiden, wäre z. B. eine Konzentrationsbegrenzung durch Verdünnen. Die Abluftmenge würde durch Vermischen mit Umgebungsluft derart vergrößert, dass die Schadstoffkonzentration max. 25 % des UEG-Wertes beträgt. Diese weit verbreitete Maßnahme hätte jedoch zur Folge, dass die Abluftmenge vervielfacht würde, was sowohl die Investitions- und Betriebskosten der Abluftreinigungsanlage als auch den Platzbedarf sehr stark erhöhen würde.
Das Konzept der hier vorgestellten Abluftreinigung erlaubt eine direkte Zufuhr der explosionsfähigen Abluft in die Nachbrennkammer. Es werden mehrere Sicherheitseinrichtungen eingesetzt, die eine Explosionsübertragung verhindern. Für Abluft mit der Zonenzuordnung 0 sind drei voneinander unabhängige, tragende Sicherheitseinrichtungen notwendig, deren Funktion zeitlich lückenlos gewährleistet sein muss und deren Funktionskriterien messtechnisch mit automatischen Schaltfunktionen überwacht werden müssen. Als tragende Sicherheitseinrichtungen wurden eine dynamische und zwei statische Maßnahmen getroffen:
- rückzündfreie Einleitung der Abluft in die Nachbrennkammer
- Einsatz einer Explosionsicherung
- Einsatz einer Deflagrationssicherung
Zur Förderung der Abluft von der Übergabestelle in die Nachbrennkammer ist ein Ventilator für Zone 1 eingesetzt. Die Explosionsschutzmaßnahmen werden durch die Prozessleittechnik unterstützt, überwacht und abgesichert, wobei die eingesetzte SPS sicherheitsgerichtet ist.
Thermische Oxidation
Die Oxidation der Organika findet in der Nachbrennkammer statt. Kernstück der Nachbrennkammer ist ein eigens entwickelter Muffelbrenner. Der Brennstoff Erdgas wird über eine Düsenlanze axial dem Brenner zugeführt. Die Verbrennungsluft wird über einen Doppelmantel zu zwei am Umfang verteilten Düsenreihen geleitet, die eine diagonale Einströmung in den Reaktionsraum erzwingen. Eine intensive Vermischung von Erdgas und Verbrennungsluft ist erreicht und die thermische Oxidation erfolgt spontan und stöchiometrisch. Eine laminare Flammenfront im herkömmlichen Sinne gibt es bei diesem Brenner nicht. Es handelt sich vielmehr um eine Raumreaktion mit turbulenter Flamme und sehr hoher Energieumsetzungsdichte. Der Abluftstrom aus Produktion und Technikum wird über vier Lanzen, die Abluft aus der Chemikalienlagerung über eine Lanze der Brennkammer zugeführt. Führungsgröße für die Verbrennung ist die Temperatur in der Nachbrennkammer, die parallel mit zwei Thermoelementen kontrolliert wird, wobei eine Messung immer in die Regelung eingreift.
Während des Betriebs hat sich herausgestellt, dass die Explosionssicherungen durch Feinstpartikel aus der Produktion verschmutzt wurden. Um ein aufwendiges Reinigen dieser Armaturen zu vermeiden, wurde ein konditionierter Gewebefilter nachgerüstet. Die Wahl des Filtermaterials und der Betriebsparameter erfolgte unter Berücksichtigung der sehr adhäsiven Eigenschaften des äußerst feinen Staubs. Das Konditioniermittel wurde dabei derart gewählt, dass es nicht mit Komponenten aus der Gasphase reagiert. Um die Verfügbarkeit und Betriebsfreundlichkeit der Anlage zu gewährleisten, ist die Filterflächenbelastung sehr niedrig gewählt.
Nasswäsche
In einem Strahlungswärmetauscher und einer Heißgasventuriquenche wird die Abluft aus der Verbrennung abgekühlt. Die Abscheidung der anorganischen Schadgase und Aerosole erfolgt anschließend in drei hintereinander geschalteten Waschkolonnen, die mit unterschiedlichen pH-Werten betrieben werden können. Mit der ausgekoppelten Wärme wird die gereinigte Abluft vor dem Kamin auf über 100 °C aufgeheizt, damit eine sichtbare Abluftfahne vermieden wird.
Die Erfahrungen im langfristigen Betrieb der Gesamtanlage in den unterschiedlichsten Lastbereichen von <100 bis 1000 Nm3/h, von niedrigen Beladungen bis Ex-Bereich, Einzelstrang- und Sammelabsaugung zeigen, dass sich das System sowohl durch das robuste Betriebsverhalten als auch durch tadellose Emissionswerte bestens bewährt. LTB bietet verfahrenstechnische Abluftlösungen auch für kleine und kleinste Volumenströme (ca. 10 Nm³/h).
cav 492
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