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Verbundsteuerung steigert Energieeffizienz bei Kläranlage von Dow

Turbo-Hybrid-Symbiose: Hier stimmt die Chemie
Verbundsteuerung steigert Energieeffizienz bei Kläranlage von Dow

Dow produziert im niedersächsischen Bomlitz chemische Grundstoffe auf Cellulosebasis. Die vom amerikanischen Chemiekonzern betriebene Gemeinschaftskläranlage ist entsprechend auf die Reinigung der in der Produktion entstehenden Chemieabwässer ausgerichtet. Eine Modernisierung der Biologie hat Dow jetzt dazu genutzt, bei der Gebläsetechnik einen intelligenten, vollautomatischen Verbund aus Strömungs- und Verdrängermaschinen von Aerzen einzusetzen.

Cellulose ist ein wichtiger „Konstruktionswerkstoff“ der Natur und stabilisiert Pflanzen und Bäume. Sie ist der Haupt-
bestandteil von pflanzlichen Zellwänden und wird aus Holz oder Baumwolle gewonnen. Die Grundeigenschaften der Cellulose macht sich Dow im Industriepark Walsrode (Heidekreis) zunutze und stellt Derivate her, die je nach Zusammensetzung und Verarbeitung verschiedenste Eigenschaften entwickeln können. Einige gelieren bei hohen oder niedrigen Temperaturen, andere bilden Filme oder kleben, einige machen Flüssigkeiten unterschiedlich zähflüssig. Diese
Derivate sind aufgrund ihrer wasserbindenden, verdickenden und klebenden Eigenschaften begehrt für eine Vielzahl an Produkten. In der Lebensmittel- und Pharma-industrie ersetzen sie beispielsweise Gluten in Backwaren, tragen dazu bei, den Fettgehalt in Lebensmitteln zu senken und ermöglichen in Medikamenten die zeitverzögerte Abgabe von Wirkstoffen. Im Bausektor
sorgt Methylcellulose für die richtigen
Eigenschaften in Fliesenklebern, Wand-
putzen oder Mörtel.

Kläranlage für Chemie und Kommune

Die während der Produktion anfallenden Abwässer werden in der etwa 1,5 km vom Werk entfernten Kläranlage gereinigt. Dow betreibt die 350 000-EWG-Anlage als Gemeinschaftskläranlage – nimmt damit also auch die kommunalen Abwässer der Stadt Bomlitz samt umliegender Ortschaften auf.

Im Zuge kontinuierlicher Modernisierungen tauschte der Betrieb 2017 drei magnetgelagerte Turbogebläse aus, die mehr und mehr Servicekosten verursachten. Heute versorgt ein Verbund aus zwei Aerzen-Turbogebläsen mit Luftlagerung sowie ein Delta-Hybrid-Aggregat die Belebungsbecken der Biologie. Die beiden Turbogebläse vom Typ AT200
liefern mit einer Motornennleistung von
jeweils 150 kW ein Ansaugvolumen von 5340 m³/h bei einer maximalen Druck-
differenz von 1 bar. Beide Aggregate decken in der Gemeinschaftskläranlage die Grundlast ab und fahren nach Auskunft des stellvertretenden Betriebsmeisters Sebastian Göritz mit einem durchschnittlichen Differenzdruck von 0,8 bis 0,9 bar.

Beide Turbos werden über einen integrierten Frequenzumrichter betrieben, sodass der geförderte Volumenstrom mit einem
Regelbereich von 40 bis 100 % dem Lastbetrieb entsprechend angepasst werden kann. Bei sinkendem Sauerstoffbedarf werden die beiden Grundlastmaschinen schrittweise abgeschaltet, da der Wirkungsgrad von Turbos mit niedrigen Drehzahlen stark abnimmt. „In diesem Fall übernimmt der Delta
Hybrid die Luftversorgung“, sagt
Sebastian Göritz. Im Gegensatz zum Strömungsprinzip bei den Turbos sei der Drehkolbenverdichter durch sein Verdrängungsprinzip im Teillastbetrieb und durch seinen hohen Regelbereich von 25 bis100 %
im niedrigen Volumenstrombedarf entsprechend effizienter. Der installierte Delta
Hybrid des Typs D98S fördert einen max. Volumenstrom von 5800 m3/h bei 200 kW Motornennleistung.

Das Beste aus zwei Welten

Aerzen verbindet beim Delta Hybrid die
Arbeitsprinzipien von Drehkolbengebläsen und Schraubenverdichtern zu einer energieeffizienten Lösung. Die Maschine nutzt in niedrigen Druckbereichen das Roots-Prinzip der Volldruckverdichtung und in höheren Druckbereichen das Schraubenverdichter-Prinzip mit innerer Verdichtung. Im Vergleich zu herkömmlichen Kompressoren senkt dieser Zweiklang den Energieverbrauch um rund 15 %.

Die Gemeinschaftskläranlage in Bomlitz geht allerdings noch einen großen Schritt weiter in puncto Energieeffizienz und kombiniert Turbogebläse und Drehkolbenverdichter zu einem Gesamtsystem, das sich dank der Verbundsteuerung Aersmart von Aerzen eigenständig optimiert. „Das ist schon eine innovative Sache“, meint
Sebastian Göritz. Aersmart ist dafür konzipiert, die von der Leitwarte angeforderte Luftmenge optimal auf die angeschlossenen Aggregate zu verteilen. Diese Verteilung erfolgt anhand der vorhandenen Technologien und der damit verbundenen Kennlinien und Wirkungsgrade. „Die Steuerung entscheidet, welche Maschinen aus dem Pool mit welchen Leistungsdaten zur Erreichung der besten Gesamteffizienz betrieben werden“, meint der Abwassermeister bei Dow.
Aersmart geht damit weit über eine Kaskadierung mit Drehzahlsteuerung hinaus und fährt den installierten Maschinenpark immer am energetischen Gesamtoptimum.

Ausgestattet ist die Aersmart-Regelung als abgesetztes Terminal mit einer Visualisierung auf einem Touch-Display. Das Betriebspersonal sieht vor Ort sofort den herrschenden Betriebszustand und kann die aktuellen Kennzahlen der angeschlossenen Aggregate ablesen bzw. in die Leitwarte übertragen. Sebastian Göritz rechnet fest damit, dass
Anlagenmodernisierungen in dieser intelligenten Form weiter zunehmen werden. „Maschinen, die über einen idealen Drehzahlbereich verfügen, sollte man auch dort betreiben.“

Agieren statt reagieren

Mit Blick auf die neuen Möglichkeiten, die die Industrie 4.0 der Abwasserreinigung an Effizienzverbesserungen bietet, will Dow in Bomlitz in Zukunft die Teilströme kontinuierlicher überwachen. Gerade die Onlineanalytik biete sehr gutes Entwicklungs-
potenzial. „Bei den Kohlenstofflieferanten müssen wir dort die Messungen durchführen, wo der Kohlenstoff anfällt und nicht erst in der Kläranlage. Wir sind so in der
Lage zu agieren, statt nur zu reagieren“, macht Sebastian Göritz deutlich. Die Anbindung der Aersmart-Steuerung an die Leitebene ist in diesem Zusammenhang genauso der richtige Weg wie die Steuerung von Frachtmengen auf Basis von Ist-Werten.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: cav0918aerzener


Hintergrund:   Gemeinsam bessere Werte

Abwässer von Bürgern und der chemischen Produktion in einer Kläranlage gemeinsam zu reinigen, bringt nach Erfahrungen von Dow in Bomlitz Vorteile mit sich. Würde sich der Abwasserbetrieb ausschließlich auf den Chemiebereich konzentrieren, würden nach Erfahrung von Abwassermeister Sebastian Göritz spätestens in der Belebung Probleme auftreten. Die grundlegend andere Zusammensetzung der kommunalen Abwässer bringe etwa für die Biologie wichtige, nicht zu unterschätzende Enzyme und Nährstoffe wie Phosphor mit, die sich positiv auf den CSB-Abbau auswirken. Gemeinschaftskläranlagen seien eine „clevere Sache“, was sich betriebswirtschaftlich und vor allem in den besseren Einleitwerten widerspiegelt.


Autor: Thorsten Sienk

Freier Fachredakteur

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