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Energiefressern denHunger austreiben

Pump Audit erhöht Effizienz in der Prozessindustrie
Energiefressern denHunger austreiben

Während für den Bürger die Stromrechnung immer höher ausfällt, müssen industrielle Stromgroßverbraucher in den letzten Jahren immer weniger bezahlen. Das sollte die Industrie aber keinesfalls davon abhalten, energieeffiziente Technologie zu nutzen. Mit Blick auf die Pumpen muss das nicht in jedem Fall den Austausch „alt gegen neu“ bedeuten; manchmal bringen schon eine veränderte Verschaltung und eine smarte Steuerung Vorteile.

Derzeit schreibt die Ökodesign-Richtlinie bis 2017 bestimmte Effizienzziele vor – dann ist ein Motor der Wirkungsgradklasse IE3 in allen Leistungskategorien Pflicht. Das ist gewiss nicht das Ende der Fahnenstange: Pumpen mit der Effizienzklasse IE4 sind bereits auf dem Markt, über weitergehende Effizienzklassen IE5 und IE6 wird nachgedacht. Zudem ist absehbar, dass Brüssel die Anforderungen in den bereits bestehenden Effizienzklassen verschärfen wird. Diese Fortschritte verdecken aber ein zentrales Manko: Die Ökodesign-Richtlinie geht in keiner Weise auf den Pumpenbestand ein.

Ein Großteil des heute für den Betrieb von Pumpenantrieben genutzten Stroms wird vergeudet. Denn die meisten derzeit eingesetzten Pumpen sind größer als erforderlich und laufen unabhängig vom tatsächlichen Bedarf mit höchster Leistung. Von den Anforderungen her gesehen müssen Pumpenmotoren zumeist nur in 5 % der Zeit mit maximaler Drehzahl laufen. Dies gilt für nahezu alle Applikationen: in Gewerbegebäuden, in der Industrie, in öffentlichen Gebäuden und in Wasserwerken. Überall gilt: Eine effizientere Pumpentechnologie verspricht hohe Einsparpotenziale. Gefragt sind quasi intuitive Systeme, deren Betrieb in Abhängigkeit vom Energiebedarf reguliert werden kann.
Einsparpotenziale identifizieren
Einer der ersten Schritte hin zu einem energieeffizienten Pumpensystem besteht darin, Basisinformationen zum aktuellen Pumpenbestand des Unternehmens und zu den jährlichen Lebenszykluskosten zu sammeln.
Zumindest die größeren Pumpenhersteller wie Grundfos bieten eine Pumpenbestandsprüfung an. Dazu stehen vereinfachte und standardisierte Verfahren zur Verfügung: Das Einsparpotenzial wird auf Basis der Betriebsparameter und zusammen mit den Typenschilddaten der installierten Pumpe errechnet. Damit lassen sich Einsparpotenziale mit einer Genauigkeit von immerhin ±10 % errechnen.
Reicht diese Genauigkeit für die Investitionsentscheidung nicht aus, kann ein Pump Audit nachgeschaltet werden. Unter Berücksichtigung der detaillierten Systemparameter – Fördermenge, Förderhöhe, Energieverbrauch und gegebenenfalls die Differenztemperatur zwischen Vor- und Rücklauf bei Heiz- und Kühlanlagen – sowie in Verbindung mit dem messtechnisch erfassten Belastungsprofil, werden die Lebenszykluskosten der installierten Pumpen/Pumpensysteme berechnet.
Wie werden die Daten ermittelt? Grundfos unterscheidet drei grundlegende Messungen:
  • zählbare Messwerte wie Förderleistung und Energieverbrauch
  • analoge Messwerte wie Druck, Temperatur, Niveau usw.
  • Ereignisse wie Pumpe ein/aus oder Ventil auf/zu
Darüber hinaus differenzieren die Service-Spezialisten zwischen Kurzzeitmessungen (für Anlagen mit einem festen Betriebspunkt wie Brunnenpumpen, Hochbehälterfüllung o. ä.), bei denen meist nur Messwerte aufgenommen und notiert werden, und Langzeitmessungen (für Anlagen mit sich ändernden Betriebsparametern, wie Druckerhöhungsanlagen, Netzpumpen o. ä.). Dabei werden die Daten über einen gewissen Zeitraum aufgezeichnet, wobei Sensoren und Datenlogger in der jeweiligen Anlage installiert werden und dort während des Aufzeichnungszeitraumes verbleiben.
Der Energieverbrauch wird mittels Energiemessgerät direkt am Pumpensteuerschrank ermittelt. Die Fördermenge und der Energieverbrauch werden mittels Zählimpulsen innerhalb vordefinierter Zeitzyklen von 1 bis 10 min erfasst und die aufsummierten Messwerte nach jedem Zeitzyklus in einem Datenspeicher (Datalogger) laufend gespeichert. Besonders lohnend sind Pump-Audit-Messungen allgemein an Einzelpumpen mit Motorleistungen über 11 kW, an Mehrpumpenanlagen mit Motorleistungen über 5,5 kW sowie bei Energieverbräuchen über 100 000 kWh im Jahr oder bei sehr alten Anlagen bzw. Anlagen mit nicht-optimaler Regelung.
Nach erfolgter Messung und Analyse erhält der Betreiber einen ausführlichen Bericht, der sich – je nach Anlage – nicht allein auf die Pumpen bezieht, sondern auch weitere Aussagen zur Optimierung von Rohrleitungen, Armaturen oder Regelgrößen enthalten kann.
Wichtig zu wissen
Es geht beim Pump Audit nicht allein darum, betagte Aggregate durch Hocheffizienzpumpen zu ersetzen. Bei komplexeren Anlagen spielen weitere Aspekte und Komponenten eine entscheidende Rolle, beispielsweise extern montierte Frequenzumrichter, moderne Überwachungstechnik (Sensorik) und Integration in die Leitsysteme. Interessant ist ein Pump Audit auch hinsichtlich der Anlagenoptimierung: Eine veränderte Verschaltung und Steuerung von Pumpen kann – bei gleicher Leistungserfüllung – den Energiebedarf deutlich senken, in manchen Fällen reduziert sich sogar die Zahl der benötigten Pumpen. Und mit im Antrieb hinterlegten Algorithmen kann der Betreiber über festgelegte Funktionalitäten (Konstantdruck, Proportionaldruck usw.) Prozessabläufe beeinflussen und optimieren.
Die Vernetzung von Produktionsprozessen im Rahmen von Industrie 4.0 fordert solche Fähigkeiten einer Pumpe geradezu: Wenn die Intelligenz auch im Feld erforderlich ist, sind smarte Pumpensysteme mit der Fähigkeit zu spezifischen Funktionalitäten gefragt.
Pumpenanzahl reduziert
Novo Nordisk ist ein international tätiges und forschendes Unternehmen der Gesundheitsbranche mit Hauptsitz in Dänemark; das Unternehmen beschäftigt rund 39 000 Mitarbeiter in 75 Ländern. Das Kühlsystem in einem dänischen Produktionswerk von Novo Nordisk war ursprünglich mit neun Pumpen ausgestattet, die bei voller Leistung rund um die Uhr arbeiteten. Die Wasserversorgung konnte nur auf eine einzige Art geregelt werden: durch manuelles Ein-/Ausschalten. Ergebnis war ein unverhältnismäßig großer Energieaufwand. Das Unternehmen ließ daher eine Energieuntersuchung durchführen. Die Berater von Grundfos empfahlen die Installation eines energieeffizienten Doppelpumpensystems an der Kühlwasseranlage. Außerdem mussten sie jedoch auch die Ausfallsicherheit berücksichtigen, denn, wie der Produktionsleiter erklärt: „Die Energieeinsparungen eines ganzen Jahres sind nichts im Vergleich zu einem Stillstand von auch nur einem einzigen Tag!“ Heute sorgen sechs große NK-Pumpen von Grundfos im Erdgeschoß des Unternehmens für die Kühlwasserversorgung der Produktion. Die sechs NK-Pumpen können gemeinsam 3200 m3/h Kühlwasser bereitstellen. Sie werden mit der Steuereinheit Control 2000 überwacht. Bezüglich der Ausfallsicherheit meint der Produktionsleiter: „Das heutige System ist wesentlich zuverlässiger. Falls irgendetwas mit einer Pumpe sein sollte, sorgt die Steuereinheit dafür, dass eine andere gestartet wird.“
Zuvor lag der gesamte Energieverbrauch bei 2 365 000 kWh/Jahr. Nach der Umstellung gingen die Energieberater von Einsparungen in Höhe von 40 % bzw. 920 000 kWh/Jahr aus. Das gesamte Projekt weist eine Amortisationszeit von circa drei Jahren auf.
Fazit
Die Akzeptanz zu Pump Audits wächst – aber sie könnte besser sein. Zwei Gründe halten nach Einschätzung von Fachleuten Betreiber davon ab, sich um die Energieeffizienz von Pumpen zu kümmern: Die Einsparpotenziale werden regelmäßig falsch, sprich als zu gering eingeschätzt. Hinzu kommt, dass die Wirtschaftlichkeit der Effizienzprojekte vor allem bei Großunternehmen zumeist nach dem ROI (return on investment) bewertet wird. Das oft genannte Zeitfenster von 12 bis 18 Monaten ist aber zu kurz. Bezieht man die Kapitalrendite der Gesamtlaufzeit in die Betrachtung mit ein, sieht man, dass Effizienzprojekte häufig wirtschaftlich zu realisieren sind.

Stefan Klinger
Service Director DACH,Grundfos
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