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Es wächst zusammen, was zusammengehört

Nahtlose Integration von Automatisierungs- und IT-Welt via Ethernet
Es wächst zusammen, was zusammengehört

In der Prozessautomatisierung stehen sich heute zwei Bereiche mit unterschiedlichen Systemen gegenüber. Der eine umfasst die Produktion mit Feldgeräten, Steuerungen und Scada-Systemen, der andere die Verwaltung mit ERP- und weiteren meist Windows-basierten IT-Systemen. Wie lassen sich die beiden Bereiche verbinden und welche Vorteile würden daraus erwachsen. Mit solchen und ähnlichen Fragen hat sich Endress+Hauser auseinandergesetzt und Konzepte und Systemlösungen entwickelt.

Autor Ralf Willmes Marketingmanager Prozess- automatisierung, Endress+Hauser

Bis Ende der 60er Jahre waren informationsverarbeitende Technologien zwar nicht sehr weit verbreitet, wurden aber universell eingesetzt – von reiner Zahlenverarbeitung zur Fakturierung bis hin zur Raketensteuerung der Apollo 11. Auch im Schaltschrankbau wurden teilweise schon integrierte Schaltkreise eingesetzt. So brachte Siemens schon 1958 die VPS Simatic mit Germanium-Einzelhalbleitern auf den Markt. 1969 wurde dann mit der Modicon 084 von Richard E. (Dick) Morley die erste SPS vorgestellt. Morley wehrte sich gegen den Begriff Computer für seine Steuerung, weil er dadurch die Akzeptanz am Markt gefährdet sah. Seine Klientel sah er in den Elektrofachkräften und Begriffe wie „Computer“ und „Programmierung“ würden diese seiner Meinung nach abschrecken. Daher wurde die SPS auch nicht mit üblichen Programmcodes programmiert, sondern durch die Eingabe von Kontaktplänen, die Stromlaufplänen ähnelten. Sicher wollte niemand eine Mauer errichten, aber diese Abwendung von der Computertechnik war wohl der Hauptgrund, warum es zur Trennung zwischen Automatisierung und den übrigen Computersystemen kam.
Schon ab Mitte der 80er Jahre gab es dann Bestrebungen, die Steuerungswelt an die IT anzupassen und individuelle Steuerungskomponenten durch äquivalente PC-Produkte zu ersetzen. Zunächst wurden PCs zur SPS-Programmierung anstelle von steuerungsspezifischen Programmiergeräten eingesetzt. Später folgte die Ablösung von Anzeigebaugruppen mit speziellen Bildschirmen durch PC-Systeme mit handelsüblichen Monitoren. Und auch vor dem Herzstück einer Steuerung, der CPU, machte der Trend nicht Halt. Diese kam als Steckkarte für PCs unter der Bezeichnung „Slot-SPS“ auf den Markt oder wird als „Soft-SPS“ komplett auf einem PC emuliert. Die Programmierung der SPS nähert sich ebenfalls den Methoden der IT-Welt an. Mittlerweile hat auch hier die objektorientierte Programmierung Einzug gehalten.
Vorteile der Zusammenführung
Gründe zur Annäherung der Steuerungswelt an die IT gibt es genug. IT-Komponenten werden schon alleine deswegen gerne bei Steuerungen eingesetzt, weil diese in sehr viel höheren Stückzahlen produziert werden und dadurch wesentlich kostengünstiger sind als spezifische Steuerungskomponenten. Der Hauptnutzen bei der Annäherung ist aber sicherlich das Durchbrechen der Mauer zwischen Produktions- und Bürobereich. Ein durchgängiger Datenfluss von der Produktionsplanung und Warenwirtschaft bis zum einzelnen Feldgerät und somit eine Einheit aus Produktion und Verwaltung bietet enorme Vorteile für das gesamte Unternehmen. Dadurch, dass Daten nicht mehr von einem System ins andere konvertiert werden müssen, entfallen die Kosten für die dafür benötigten Komponenten oder den zusätzlichen Arbeitsaufwand durch Datenredundanzen oder Doppelarbeiten. Und wenn ein Auftrag nicht erst ausgedruckt werden muss, um ihn dann an anderer Stelle manuell wieder einzugeben, wird zudem eine potenzielle Fehlerquelle eliminiert.
Durch einen barrierefreien Datenfluss durch alle Ebenen der Automatisierungspyramide bieten sich ferner Möglichkeiten, die in der IT-Welt gang und gäbe, im Automatisierungsbereich aber noch ungenutzt sind. Beispiele sind das Firmware-Update eines Messgerätes über Internet oder das direkte Auslösen von Aktionen im ERP-System aufgrund von Diagnose-meldungen des Messgerätes. Voraussetzung hierfür ist eine standardisierte Form der Kommunikation auf allen Ebenen. In der IT-Welt ist dies Ethernet. Endress+Hauser macht daher immer mehr seiner Feldgeräte für die Kommunikation über dessen Industrievariante Industrial Ethernet flott und ermöglicht somit eine barrierefreie Verbindung zu Prozess- und Diagnosedaten, ohne dafür ins Automatisierungssystem selber eingreifen zu müssen.
Die Skepsis überwinden
Zur Zusammenführung von Automatisierung und IT müssen nicht nur die Komponenten dieselbe Sprache sprechen, sondern auch deren Entwickler. Automatisierer und IT-Programmierer setzen jedoch unterschiedliche Prioritäten bezüglich Verfügbarkeit, Datensicherheit und Datenvertraulichkeit. In der IT hat die Vertraulichkeit und Sicherheit von Daten oberste Priorität, während für den Automatisierer die Verfügbarkeit des Systems im Vordergrund steht. Was auch passiert – die Produktion darf nicht stillstehen und die Sicherheit der Mitarbeiter und der Anlage muss gewährleistet sein. Ein SPS-Softwareentwickler widmet daher den größten Teil seines Quellcodes nicht dem eigentlichen Prozess, sondern der Erkennung und Vermeidung von Fehlern und dem Handling und Verhalten der Anlage im Fehlerfall. Er muss auch wissen, wie Fehler durch Fehlbedienung oder Manipulation entstehen, um diese abfangen zu können. Diese Probleme hat sein IT-Kollege nicht in gleichem Maße. Ihn quälen andere Dinge wie die Abwehr von Viren und Datenausspähung. Die unterschiedlichen Sichtweisen führen zu einer gewissen Skepsis auf beiden Seiten. Ließe sich diese Skepsis überwinden und sprächen Automatisierer und ITler eine gemeinsame Sprache, könnten noch mehr Synergien genutzt werden.
Bei Endress+Hauser findet diese enge Zusammenarbeit zwischen Automatisierung und IT bereits statt und führte zur Entwicklung von Lösungen über die Steuerungsebene hinaus. Eines von vielen Beispielen ist die Implementierung von Lifecycle-Konzepten bereits während der Planung einer Anlage: Während die Lebensdauerzyklen einer Produktionsanlage bei 20 bis 30 Jahren liegen, sind diese Zyklen in der IT mit ca. vier Jahren wesentlich kürzer, und so ist es dort üblich, schon rechtzeitig Update- und Migrationsstrategien zu entwickeln. Diese IT-Strategien wurden bei Endress+Hauser automatisch für die Produktionsanlagen und deren Komponenten übernommen – das Ergebnis dieser Kooperation ist das webbasierte Asset-Managementsystem W@M.
Auch die Risiken beachten
Ein Zusammenwachsen von Automatisierung und IT bietet nicht nur Chancen, sondern birgt auch Risiken. Durch die Vernetzung von Büro- und Produktionswelt schwappen die klassischen IT-Probleme auf die Automatisierungswelt über – Viren und Datenausspähung werden auch hier zum Thema. Eine Horrorvision wären Viren- und Hackerangriffe auf Großanlagen wie die Wasserversorgung, Kraftwerke oder Chemieanlagen. Spätestens seit 2010, als Stuxnet als erster Virus Steuerungen angegriffen hat, ist diese Vorstellung nicht mehr so abwegig. Stuxnet nutzte Sicherheitslücken von Windows und konnte über die auf einem PC installierte Prozessvisualisierung die damit verbundene Steuerung infizieren, die dann in unregelmäßigen Abständen die Drehzahlen von FU-gesteuerten Motoren veränderte. Schutzmaßnahmen aus der IT lassen sich aber nicht 1:1 auf Produktionssysteme übertragen. Dort findet man häufig ältere Rechner, Prozessoren und Betriebssysteme, auf denen sich aktuelle Software-Firewalls nicht installieren lassen. Endress+Hauser bietet verschiedene alternative Konzepte, um auch hier Datensicherheit zu gewährleisten. Diese reichen von der Entwicklung einer entsprechenden Systemarchitektur mit einer sicheren Netzwerk-Topologie von der Steuerungs- bis zur MES-Ebene über Online-Virenerkennung direkt im Kommunikationsnetz bis hin zur gezielten Schulung der Anlagenbetreiber, um bei ihnen das Bewusstsein für IT-Gefahren zu schärfen, die sich beispielsweise durch Nutzung von USB-Sticks ergeben.
Die Vorteile und Synergien einer Einheit zwischen Produktions- und Verwaltungsebene eines Unternehmens möglichst umfänglich zu nutzen und dabei die Risiken nicht aus dem Auge zu verlieren – dies sind die Hauptaufgaben, die sich beim Zusammenwachsen von Automatisierung und IT stellen. Eine erfolgreiche Umsetzung dieser Aufgaben ist der Schlüssel für weitere technologische Entwicklungen, wie Selbstorganisation der Produktion und andere Ziele der Industrie 4.0. Wir wissen zwar nicht genau, was die Zukunft uns bringt, aber wie der Informatik-Spezialist Alan Curtis Kay schon sagte: „Erfinde die Zukunft, das ist die sicherste Methode, sie vorauszusagen.“
Halle 11, Stand C39
prozesstechnik-online.de/cav0414457
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