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Funknetze im Ex-Bereich

Atex-gerechte Wireless-Lösungen ermöglichen stabile Kommunikation im Feld
Funknetze im Ex-Bereich

Drahtlose Kommunikation kann nicht nur Betriebsabläufe in Prozessanlagen effektiver, sondern sogar umfassende Asset-Management-Systeme möglich machen. In explosionsgefährdeten Bereichen sind jedoch geschützte Geräteausführungen erforderlich. Welche Schutzarten und Drahtlos-Technologien für die jeweilige Anwendung infrage kommen, hängt von den unterschiedlichsten Faktoren ab.

Dipl.-Ing. (FH) Stephan Schultz

Neben der Auswahl der passenden Funklösung ist die sorgfältige Planung und Installation ein wichtiges Kriterium, um eine stabile Kommunikation zu gewährleisten. Mit entsprechenden Programmen können die Ausleuchtung des Areals, Antennenstandorte und -modelle für ein Funknetzwerk gut vorgeplant werden. Ermittelte Werte sollten anschließend noch durch eine Begehung der Anlage mit einem passenden Access Client oder entsprechendem Mess-Equipment verifiziert werden. Der Parallelbetrieb unterschiedlicher Netze in derselben Anlage ist bei entsprechender Planung durchaus möglich: Handelt es sich beispielsweise um die Kombination eines WLAN zum einen und eines Systems auf Bluetooth-Basis auf der anderen Seite, kann Letzteres dank adaptivem Sprungverfahren automatisch störungsfreie Frequenzen auswählen. Die sichere Verschlüsselung des Datenverkehrs stellt mit neueren kryptografischen Systemen ebenfalls kein Problem mehr dar. Dem überschaubaren Planungs-, Installations- und Investitionsaufwand für drahtlose Kommunikations-Netzwerke stehen vielfältige Vorteile gegenüber. Lesegeräte für Barcode-Etiketten oder RFID-Tags zum Beispiel lassen sich kabellos bequemer handhaben. Wartungspersonal steht vor Ort jederzeit der Zugriff auf zentral verwaltete Pläne, Bedienungsanleitungen, Atex-Zertifikate etc. offen. Aus MES- oder ERP-Datenbanken können Aufträge zentral generiert, unmittelbar an mobile Geräte von Servicetechnikern geschickt, von diesen direkt quittiert und zeitnah dokumentiert werden. Auch an entfernten und schlecht zugänglichen Orten installierte Feldgeräte lassen sich zu moderaten Kosten vollständig ins unternehmensweite IT-Netz einbinden. Für Anlagen mit explosionsgefährdeten Bereichen sehen sich Planer und Anwender allerdings mit besonderen Anforderungen konfrontiert.
In Ex-Bereichen einer Anlage ist bei der drahtlosen Kommunikation prinzipiell eine Zündgefahr durch Strahlung gegeben. Bei moderater Sendeleistung tritt ein Risiko in der Praxis vor allem durch die Ströme auf, die in metallische Objekte oder unzureichend EMV-geschützte elektronische Schaltungen induziert werden, wo sie zu Erwärmung und zu Funkenbildung führen können. Nach einer Untersuchung der IEEE liegt bereits bei 6 W Leistung darin eine ernstzunehmende Gefahr. Seit 2006 enthalten die Entwurfsfassungen der IEC EN 60079-0 handhabbare Richtlinien für den Einsatz von Funkgeräten in explosionsgefährdeten Bereichen. Die Norm bezieht sich auf Signale im Frequenzbereich von 10 kHz bis 300 GHz. Sie definiert Grenzwerte für kontinuierliche und gepulste Funksignale. Die lizenzfrei nutzbaren ISM-Frequenzbänder, auf denen die in der Industrie gängigen Funkstandards WLAN, Bluetooth und ZigBee vorwiegend funken, dürfen nur mit geringen Sendeleistungen genutzt werden. Allein schon aufgrund der Funk-Vorschriften für das übliche 2,4 GHz-Band sind WLAN-Access Points deshalb auf 100 mW Leistung begrenzt. Bei Bluetooth und ZigBee kommt man ohnehin in der Regel mit Sendeleistungen bis 10 mW aus. Wie deutlich die Grenzwerte letztlich unterschritten werden, steht aber erst fest, wenn der sogenannte Antennengewinn einberechnet wird. Dieser Parameter beschreibt, wie stark die eingespeiste Leistung in eine bestimmte Richtung gebündelt wird. Typische Werte für Stabantennen und Richtantennen liegen zwischen 5 und 9 dBi.
Was tun in Zone 1
Neben der Einhaltung der Grenzwerte im Normalbetrieb fordert die IEC EN 60079-0 außerdem für Geräte zum Einsatz in der Zone 1 (Kategorie 2G, IEC Kategorie Gb) eine Fehlerfallbetrachtung, aus der sich in der Praxis eine Einschränkung der Komponentenauswahl auf bestimmte Atex-Ausführungen ergibt. Für die meisten marktgängigen Funkkomponenten liegt überdies ohnehin keine Zulassung für die Installation in Zone 1 vor. Einen üblichen Ausweg stellt der Einbau von konventionellen Funklösungen ohne Zulassung in Gehäuse dar, die der Zündschutzart Ex d (Druckfeste Kapselung) oder vergleichbaren Zündschutzarten entsprechen. Der Großteil solcher gekapselten Gehäuse aber besteht aus Metall, das die elektromagnetische Strahlung der Antenne stark abschirmt. Aus dem Inneren eines derartigen Gehäuses kann in der Regel nur eine hinter einer Glasscheibe platzierte, speziell auf das Gehäuse abgestimmte Planarantenne wirksam senden. Die Alternative ist die Verwendung externer Antennen, für die eine Atex-gerechte Ausführung dann aber natürlich Pflicht ist. In der Regel sind Modelle in der Schutzart Ex e (erhöhte Sicherheit) erforderlich. Die Beurteilung der abgegebenen Leistung im Fehlerfall stellt eine größere Hürde für den Einsatz von Funksystemen dar. Hier muss entweder eine Zertifizierung des eingesetzten Funksystems, etwa eines WLAN Access Points, erfolgen, oder eine zusätzliche HF-Begrenzungslösung zwischen Antennenschnittstelle des Funksystems und Antenne geschaltet werden.
Wahl der Funktechnologie
Bereits bewährte, prinzipiell industrietaugliche Funkstandards haben unterschiedliche Stärken und Schwächen. Wo es um den Einsatz tragbarer Bediengeräte, Barcode-scanner und ähnlicher mobiler Arbeitsmittel geht, eignet sich WLAN (IEEE 802.11), das direkt auf dem Standard für kabelgebundenes Ethernet (IEEE 802) aufsetzt und auf die Übertragung Ethernet-basierender Protokolle zugeschnitten ist. WLAN bietet eine hohe Bandbreite, nämlich eine Bruttodatenrate von 11 Mbit/s bei der Variante 802.11b und 54 Mbit/s bei 802.11g. Zudem kann ein WLAN-Netz einen mobilen Teilnehmer – etwa einen PDA – unterbrechungsfrei von einem Access Point zum nächsten übergeben. Bei Bluetooth (IEEE 802.15) erreicht man mit modernen Systemen immerhin einen Durchsatz von bis zu 2 Mbit/s. Darüber hinaus ist Bluetooth aufgrund seiner synchronen Kommunikationsmodi eine sehr gute Basis für Echtzeitanwendungen. Wie schon erwähnt, setzt die Technologie auf ein Frequenzsprungverfahren (FHSS – Frequency Hopping Spread Spectrum) und ist deshalb im Vergleich zu WLAN wesentlich unempfindlicher gegenüber Störquellen. Mit Bluetooth lassen sich in der Praxis Netze von bis zu acht Teilnehmern aufbauen; bei mehr fällt erhöhter technischer Aufwand an. Bluetooth-Geräte brauchen weniger Hilfsenergie als WLAN-Geräte. Die Technik lässt sich aufgrund ihrer Eigenschaften für die Einbindung von fest installierten Geräten wie Terminals oder auch Sensoren einsetzen. ZigBee (IEEE 802.15.4) wiederum ermöglicht die Übertragung von Daten mit einer Rate von bis zu 250 kBit/s. Beim Hilfsenergiebedarf liegt diese Technologie deutlich unter den Ansprüchen von Bluetooth, geschweige denn WLAN. Manche Anwender werden allerdings Protokollprofile vermissen, da die bisher verabschiedeten vorwiegend auf die Gebäudeautomatisierung konzentriert sind. Neben und parallel zu diesen etablierten Standards gibt es noch herstellerspezifische, zueinander inkompatible Protokolle. Außerdem kommen nun erste Funk-Technologien auf den Markt, die speziell auf die Prozessindustrie zugeschnitten wurden. Der Vorreiter solcher Lösungen ist der WirelessHart-Standard, der wie das ZigBee-Protokoll auf der Norm IEEE 802.15.4 basiert.
Im Gegensatz zu ZigBee kombiniert WirelessHart aber ein Frequenzsprungverfahren und ein TDMA-Zugriffsverfahren, mittels dem (wie bei der Mobiltelefonie) mehrere Endgeräte zeitlich synchronisiert dieselbe Frequenz nutzen können. Interessant ist an WirelessHart außerdem die Flat-Mesh-Topologie, in der jedes Endgerät zugleich als Repeater für Signale anderer Geräte fungieren kann, was eine günstigere und flexiblere Netzwerkgestaltung und Reichweitenplanung erlaubt. Noch einige Zeit in Arbeit bleiben weitere Lösungen bei Gremien wie der ISA SP100 oder den Wireless-Arbeitsgruppen der Fieldbus Foundation und der Profibus-Nutzerorganisation.
cav 428

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