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Gase und Schadstoffe kontinuierlich messen

Photoionisationsdetektoren in industriellen Anwendungen
Gase und Schadstoffe kontinuierlich messen

Flüchtige organische Substanzen wie etwa Benzol, Styrol und Toluol, Aceton, Vinylchlorid, Kraftstoffe und Lösemittel sind bereits im Parts-per-million-Bereich toxisch, lange bevor ihre Konzentration die untere Explosionsgrenze erreicht. In diesem Konzentrationsbereich sind die Substanzen mit dem kontinuierlich arbeitenden Sensorprinzip eines Photoionisationsdetektors (PID) messbar. Dieses Verfahren ist auch geeignet, wenn vor Ort schnell Tendenzaussagen nötig sind.

Der Autor: Rüdiger Weich Customer Process Monitoring Manager, Dräger Safety

Mit dem Wirkprinzip eines PID kann eine Vielzahl von gesundheitsschädlichen Verbindungen nachgewiesen und gemessen werden. Welche Gase die Detektoren messen können, wird von den einzelnen Herstellern angegeben. PIDs gibt es als Sensoren in Mehrgasmessgeräten oder als Einzelgeräte. Die Geräte zeigen das Messergebnis ihrer kontinuierlichen Messung direkt an.
Ihre schnelle Ansprech- und Abklingzeit von wenigen Sekunden ist insbesondere für die Leck- und Quellensuche vorteilhaft. Die Geräte sind tragbar und für industrielle Anwendungen ausreichend robust. Wie bei jeder Anwendung von Gasmessgeräten ist vor dem Einsatz von Photoionisationsdetektoren zu prüfen und abzuwägen, ob das Gerät für die Messaufgabe geeignet ist. Hinweise zu den Auswahlkriterien von Gaswarneinrichtungen sind in den aktuellen Berufsgenossenschaftlichen Informationen T021 „Gaswarneinrichtungen für toxische Gase/Dämpfe und Sauerstoff“ und T023 „Gaswarneinrichtungen für den Explosionsschutz“ der Berufsgenossenschaft Chemie (heute BG RCI = Rohstoffe und chemische Industrie) zu finden. Auswahlhinweise finden sich auch in DIN EN 60079-29-2 „Gaswarngeräte – Auswahl, Installation, Einsatz und Wartung von Geräten für die Messung von brennbaren Gasen oder Sauerstoff“ und DIN EN 45544-4 „Arbeitsplatzatmosphäre – Elektrische Geräte für die direkte Detektion und direkte Konzentrationsmessung toxischer Gase und Dämpfe; Teil 4: Leitfaden für Auswahl, Installation, Einsatz und Instandhaltung“.
Industrielle Anwendungen
PIDs werden seit rund zehn Jahren verstärkt in industriellen Anwendungen eingesetzt. Die Gründe hierfür sind absinkende Grenzwerte, die deutliche Zunahme von Gefährdungsbeurteilungen und der steigende Stellenwert des Umweltschutzes. PIDs werden hauptsächlich zur Freigabemessung und Lecksuche genutzt. Eine Freigabemessung ist immer dann notwendig, wenn Personen in einen engen Raum oder Behälter steigen. Dann erfolgt eine Gefährdungsbeurteilung mit abgeleiteten Sicherheitsmaßnahmen, die in der Regel einen Gastest der Atmosphäre im Behälter umfasst. Wenn hier flüchtige organische Substanzen auftreten oder vermutet werden, muss deren Konzentration ermittelt werden. Weitere Einsatzgebiete sind die Überwachung der Umgebungsluft bei ausgasenden Stoffen und der Einsatz durch Gefahrenabwehrkräfte in der Industrie, beispielsweise der Werkfeuerwehren in Notfallsituationen.
Technik und Sensorprinzip
PIDs nutzen ein Sensorprinzip, das auf Gasionisation durch eine UV-Lampe beruht. Vor dem Einsatz muss geprüft werden, ob das Gerät den gesuchten Stoff nachweisen kann. Das ist von der maximalen Photonenenergie der verwendeten UV-Lampe abhängig. Damit ein Gas ionisiert werden kann, muss seine Ionisationsenergie kleiner sein als die maximale Photonenenergie der im Detektor verwendeten Lampe. Die Ionisationsenergie wird in Elektronenvolt (eV) angegeben und sagt aus, wie viel Energie erforderlich ist, um ein Molekül in den ionisierten, also geladenen Zustand zu überführen. Diese Ionisationsenergie ist stoffspezifisch. Üblich sind zwei unterschiedliche Lampentypen, die 10,6-eV-Lampe und die 11,7-eV-Lampe. Für viele Anwendungsfälle ist eine 10,6-eV-Lampe ausreichend und wirtschaftlich. Einige Gase machen aber den Einsatz der 11,7-eV-Lampe notwendig. Hier ist zu beachten, dass das Messprinzip in Stoffgemischen ein Summensignal erzeugt und dass die Geräte kein einzelnes Gas identifizieren können. Es ist aber möglich, mittels eines Korrekturfaktors, auch Response-Faktor genannt, die Konzentration eines Stoffes zu messen, der einzeln vorliegt. Ohne besondere Maßnahmen können also nur Einzelstoffe genau gemessen werden.
Eine solche Maßnahme ist der Einsatz von sogenannten Vorröhrchen. Sie sind durchlässig für eine Komponente und filtern alle anderen Bestandteile der angesaugten Luft aus der Probe heraus. Mit Vorröhrchen wird beispielsweise bei hoher Feuchtigkeit gemessen. Außerdem sind sie geeignet für die stoffspezifische Messung von Benzol. In der Petrochemie wird häufig bei Freigabemessungen die Konzentration von Benzol gemessen. Benzol ist giftig und krebserregend und hat einen Arbeitsplatzgrenzwert von 1 ppm. Zum Nachweis dieses Stoffes in kleinen Konzentrationen wird je Messung ein Vorröhrchen eingesetzt.
Regelmäßig kalibrieren
Der Response-Faktor gibt stoffspezifisch die Empfindlichkeit des Messgeräts im Verhältnis zu einer Bezugssubstanz an. Diese Bezugssubstanz ist üblicherweise ein Gemisch aus 100 ppm Isobuten und synthetischer Luft. Eine Liste von Standardgasen mit zugehörigem Response-Faktor ist im Speicher des Detektors abgelegt und bei Bedarf auswählbar.
Bei der Leckagesuche ist es in der Regel ausreichend, das Summensignal zu messen, um Tendenzen und Konzentrationsgrößenordnung zu ermitteln. Sind anschließend quantitative Messergebnisse in Gemischen notwendig, so kommen andere, selektivere Messsysteme zum Einsatz wie Prüfröhrchen, Chip-Messsysteme oder Gaschromatografen (mit Massenspektrometer).
Eine potenzielle Störgröße beim Einsatz von PIDs ist ihre Empfindlichkeit für Feuchtigkeit in der zu messenden Luft. Erhöhte Wasserdampfkonzentrationen, beispielsweise Luftfeuchtigkeit, führt zu einem Sinken der Empfindlichkeit. Ausgasungen von Verunreinigungen in der Zuleitung oder der Messkammer können zu technikbedingten Messfehlern führen.
PIDs müssen regelmäßig kalibriert werden. Neben der üblichen Kalibrierung vor jeder Arbeitsschicht muss das Gerät vor jeder (kritischen) Messung und nach jeder Beaufschlagung mit hohen Konzentrationen kalibriert werden. Als Kalibriergas wird ein Isobuten-Luft-Gemisch verwendet. Die Kalibrierung erfolgt als Zweipunkt-Kalibrierung mit Luft und dem Prüfgas, das druckfrei aus der Druckgasflasche abgegeben wird. Außerdem müssen PIDs regelmäßig gereinigt werden.
Ausblick
Es ist anzunehmen, dass in Zukunft Photoionisationsdetektoren in der petrochemischen und chemischen Industrie noch häufiger eingesetzt werden. In den USA haben bereits einige Raffinerien damit begonnen, ihre gesamte Flotte von Mehrgasmessgeräten für Freigabemessungen mit zusätzlichen PIDs auszustatten. Neben Freigabemessungen und Lecksuchen werden die Bereichsüberwachung und die personenbezogene Überwachung an Bedeutung gewinnen.
Eine Ergänzung zu PIDs stellen spezielle elektrochemische Sensoren für ausgewählte organische Dämpfe dar. Beispiele hierfür sind Vinylchlorid und Isobuten. Müssen nur solche Stoffe gemessen werden, bieten die elektrochemischen Sensoren große Vorteile, weil sie günstiger und nahezu feuchteunempfindlich sind. Außerdem weisen sie deutlich längere Kalibrierintervalle von bis zu 6 Monaten auf. Die elektrochemischen Sensoren können direkt mit dem Zielgas kalibriert werden oder es kann eine Ersatzgaskalibrierung angewendet werden.
Online-Info: www.cav.de/c0811426
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