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Gleitfläche optimiert

Laserstrukturen erhöhen die Einsatzgrenzen von Siliziumkarbidlagern
Gleitfläche optimiert

In Hochleistungsanwendungen moderner Gleitlager werden extreme Anforderungen an die eingesetzten Werkstoffe gestellt. Gerade im Fall von mediengeschmierten Lagern, wie sie in hochdrehenden Chemiepumpen zu finden sind, müssen bei der Förderung korrosiver bzw. abrasiver Flüssigkeiten keramische Werkstoffe mit einem besonders verschleißarmen Eigenschaftsprofil verwendet werden. Mit den gesinterten EKasic-Siliziumkarbidwerkstoffen lassen sich eine Vielzahl von Gleitlagerproblemen lösen.

Gegenüber anderen Hochleistungskeramiken bieten bereits Standard-SSiC-Werkstoffe (SSiC: gesintertes Siliziumkarbid) eine Reihe von Vorteilen im Einsatz für Gleitlager. Zusätzlich lassen sich durch die gezielte Modifikation der Mikrostruktur des SSiC-Gefüges weitere Verbesserungen des Materials erreichen. ESK Ceramics in Kempten hat in der EKasic-Werkstoffpalette eine Reihe von SSiC-Werkstoffen speziell für den Einsatz in Gleitlagern optimiert. Dazu gehört unter anderem EKasic G Siliziumkarbid, ein Werkstoff der sich durch seine Traglastfähigkeit auszeichnet und damit selbst höchsten Drücken und Schubkräften Paroli bietet. EKasic G verfügt über homogen im Gefüge verteilten Graphit mit einer Größe von 50 bis 120 µm. Dies reduziert den Reibbeiwert und verbessert das Verschleißverhalten. Die selbstschmierende Wirkung der Graphitpartikel lässt sogar zeitweiligen Trockenlauf zu. Der Werkstoff ist somit prädestiniert für tribologische Anwendungen mit Mangelschmierung, wie sie in Gleitlagern und Gleitringdichtungen auftreten können. Auch EKasic C ist ausgesprochen korrosionsfest und wie EKasic G gegen den Angriff von Heißwasser weitgehend resistent. Da das Wasser hauptsächlich die Grenzflächen benachbarter SiC-Körner (Korngrenzen) angreift, wurde für EKasic C ein grobkörniges Gefüge entwickelt mit maximalen Korngrößen bis zu 1,5 mm. Die Korngrenzfläche wird dadurch deutlich reduziert und somit eine verbesserte Korrosionsbeständigkeit erreicht. Die langen SiC-Körner zeigen einen weiteren Vorteil. Sie sind tief in der Keramik verankert, so dass heißes Wasser oder aggressive Chemikalien, die den Werkstoff bis zu einer Tiefe von 20 µm korrodieren, keine Chance haben, die Körner herauszulösen und damit die Gleitflächen zu schädigen. Darüber hinaus akzeptiert EKasic C aufgrund der grobkörnigen Oberfläche eine größere Traglast, wodurch die Flächenpressung in tribologisch belasteten Systemen weiter erhöht werden kann. In Kombination mit dem günstigen Verschleißverhalten lassen sich die Einsatzbereiche von Lager- und Dichtungssystemen somit deutlich erweitern.

Verringertes Losbrechmoment
Wie bereits angedeutet, hat die grobkörnige Gefügestruktur der EKasic-C- und EKasic-G-Werkstoffe neben der verbesserten Korrosionsbeständigkeit auch eine tribologische Optimierung der Gleitoberfläche zur Folge. Aufgrund der statistisch verteilten Orientierung der ausgedehnten SiC-Körner an der Oberfläche des Bauteils, ist diese nicht homogen, sondern weist eine auf einer mikroskopischen Skala feine Welligkeit auf. Diese mikroskopische Strukturierung ist Folge des anisotropen Verschleißverhaltens der SiC-Einkristalle (Körner), die beim An- und Auslaufen des Lagers unter Mangelschmierung und dem damit verbundenen Festkörperkontakt je nach Orientierung unterschiedlich stark abgerieben werden. Somit erfolgt auch nach dem Einlaufen der Lagerflächen keine spiegelglatte Politur, sondern es verbleibt eine spezifische Oberflächenrauigkeit. Ähnlich wie bei der nicht ideal glatten Haut beispielsweise von Haifischen und der damit verbundenen Reduktion des Strömungswiderstandes, kann durch die verbleibende Rauigkeit eine Verbesserung der Strömungseigenschaften der Lagerfläche beobachtet werden. Zusätzlich wird die Gefahr des adhäsiven Zusammenhaftens der Gleitpartner herabgesetzt und damit das Losbrechmoment beim Anfahren des Lagers verringert. Dies führt insbesondere auch bei der Verwendung dieser Werkstoffe in hochbelasteten Gleitringdichtungen zu Vorteilen.
Erhöhte Traglastfähigkeit
Zusätzlich lässt sich bei Gleitlagern aus EKasic-Siliziumkarbid durch eine gezielte Modifikation der Oberfläche, die Hydrodynamik des flüssigen Schmiermediums deutlich verbessern. Werden mittels Laserablation in die Oberfläche Vertiefungen im µm-Bereich (Stautaschen) eingebracht, erfährt der Flüssigkeitsfilm eine hydrodynamische Unterstützung mit einem erhöhten Druck im Schmierstoff und einer damit erhöhten Traglastfähigkeit des Systems. Die Form der Stautaschen ist dabei so angelegt, dass sie zwischen den beiden Gleitflächen des Lagers einen Keilspalt bilden, durch den hydrodynamisch ein Druckberg aufgebaut wird. Ähnlich einem Wasserskiläufer erfolgt dann bereits bei niedrigen Gleitgeschwindigkeiten ein Abheben der beiden Gleitpartner. Allerdings ist die keilförmige Gestalt der Stautaschen mit der geforderten Genauigkeit nur über spezielle Fertigungsverfahren realisierbar. Im Fall der keramischen EKasic-Gleitlager erfolgte die Mikrobearbeitung mit Hilfe eines Neodym-Lasers mit einer Wellenlänge von 1064 nm. Bei Laserpulsen im Nanosekundenbereich führt die Energie des Lasers zu einer Aufheizung der Oberfläche während der Pulsdauer. Da die Wärmeleitung nur einen langsamen Energietransport ins Volumen ermöglicht, wird die eingestrahlte Energie auf eine sehr dünne Schicht konzentriert. Daher erreicht die Oberfläche sehr hohe Temperaturen und es kommt zum schlagartigen Verdampfen des SiC-Materials. Die erreichte Bearbeitungsgenauigkeit sowohl in lateraler als auch in vertikaler Richtung liegt in der Größenordnung von weniger als 1 µm. Außerdem zeigt sich bei der elektronenmikroskopischen Analyse der strukturierten Flächen keinerlei Schädigung des keramischen Materials unterhalb der Strukturen, d. h. die Festigkeit und damit die Zuverlässigkeit des EKasic-Lagerbauteils wird nicht durch Mikrorisse oder andere Schadensmuster eingeschränkt.
Aus der Praxis
Die EKasic-Werkstoffpalette in Kombination mit der Entwicklung innovativer Strukturierungs- und Beschichtungstechnologien ermöglicht es, bestehende Lager- und Dichtungssysteme deutlich zu verbessern. Die Notwendigkeit dazu ergibt sich aus den fortwährend erhöhten Anforderungen an moderne Gleitlager beispielsweise in Pumpenanlagen. Hierfür verantwortlich sind sowohl strenge Umweltauflagen als auch zunehmend schwierige Einsatzbedingungen. Ein typisches Beispiel liefert die Erschließung neuer Gas- und Öllagerstätten, wo die moderne Fördertechnik in immer tiefere Regionen mit entsprechend höheren Temperaturen und Drücken vordringt. Zum Abpumpen des stark abrasiven und korrosiven Ölschlammgemisches aus dem Bohrloch bedarf es daher widerstandsfähiger Hochleistungspumpen mit sorgfältig ausgelegten Lagern und Dichtungen. Nachdem sich die Standzeiten der mit herkömmlichen SSiC-Systemen ausgerüsteten Bohrlochpumpen aufgrund erhöhter Belastungen stark reduzierten und folglich die Betriebskosten der kompletten Bohrvorrichtung deutlich anstiegen, wurde in enger Zusammenarbeit des Pumpenherstellers mit ESK ein Lagersystem aus EKasic C entwickelt. Dabei konnten nicht nur die Korrosionsbeständigkeit und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Verschleiß durch die im Ölschlamm vorhandenen Feststoffpartikel ausgenutzt werden. Vielmehr führte die Gestaltung der Bauteile zu einer Performancesteigerung, mit um Größenordnungen längeren Standzeiten.
Eine ähnlich gelagerte Aufgabenstellung ergab sich bei einem Hersteller von magnetgekuppelten Tankentleerungspumpen. Neben der Notwendigkeit eine Vielzahl unterschiedlicher Medien mit variablen Viskositäten und Feststoffanteilen möglichst rasch zu fördern, muss in dieser Branche häufig mit Störfällen durch unsachgemäße Bedienung gerechnet werden. So führt das Anlaufen der Pumpe gegen nicht geöffnete Sperrventile oder das verspätete Abschalten der Anlage in entleerten Tanks zum Unterbrechen des Medienflusses und damit zum Trockenlauf der Lager. Aufgrund dieser extremen Betriebsbedingungen wurden die kritischen Belastungsgrenzen beispielsweise der eingesetzten Axiallager aus gesintertem Siliziumkarbid (SSiC) regelmäßig überschritten. EKasic G hat sich bereits in vielerlei Gleit- und Friktionssystem besonders bezahlt gemacht. Auch im Fall der Tankentleerungspumpen konnten durch Einsatz dieses Werkstoffs die extremen Belastungen gemeistert und ein sicherer Pumpenbetrieb gewährleistet werden. Eine weitere Steigerung der Traglastfähigkeit der Axiallager ergab sich durch das laserinduzierte Einbringen hydrodynamisch wirksamer Feinstrukturen auf der Gleitoberfläche des Axiallagers. Das so optimierte Flüssigkeitsverhalten im Gleitspalt führte neben der Erhöhung des hydrodynamischen Drucks im Flüssigkeitsfilm auch zu einer verbesserten Schmierung im Falle nur mangelhaft vorhandenen Fördermediums. Der sich dabei ausbildende homogene Schmierfilm arbeitet ähnlich einem Federkissen und hilft, auftretende Axialschubspitzen im Lagersystem abzufangen. Insgesamt hat sich durch die sowohl im Design als auch im eingesetzten Material eingeführten Änderungen die kritische Belastungsgrenze um mehr als das Zehnfache nach oben verschoben.
cav 402

Mehr zu den EKasic-Werkstoffen
Literatur – Keramiklager
Forschergruppe Siliziumkarbid FAU Erlangen
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