Die PAT-Initiative fordert, mit dem kontinuierlichen Mischprozess auch prozessbegleitende Produktionsüberwachung und Steuerung einzuführen. Gericke hat kontinuierliche Misch- und Dosiersysteme entwickelt, die neben der geforderten Präzision auch höchsten hygienischen Anforderungen genügen. Eigene Untersuchungen und Modellrechnungen zeigen, dass die Effizienz neben den Prozessparametern wie mittlere Verweilzeit und der Dosierkonstanz auch von Partikelgrößenverteilung sowie Konzentration des Wirkstoffes bestimmt werden.
Dr. Ralf Weinekötter
Die Mischprozesse in der pharmazeutischen Industrie sind traditionell gewachsen. Aufgrund der hohen Regelungsdichte ließen sich verfahrenstechnische Verbesserungen nur schwierig einführen. Einmal validiert, können vordefinierte Batchgrößen nicht verändert werden. Dieses rigide System besitzt einige Nachteile. Die minimale Produktionsmenge wird durch die Chargengröße (beispielsweise 1000 l) vorgeschrieben. Für die Zulassung eines neuen Medikamentes wird unter Umständen der Mischprozess bis zu dreimal validiert: im Labormaßstab bei der Erstellung des ersten Produktes für die klinischen Tests, bei der Pilotanlage und für die tatsächliche Produktionsanlage, beispielsweise mit einem Mischervolumen von 1000 l. Die Planung und Realisierung dieses 3-fach aufgebauten und validierten Mischprozesses kostet Zeit und Geld.
Der kontinuierliche Mischprozess ist wesentlich kompakter. Statt eines beispielsweise 1000-l-Chargenmischers gelangen kontinuierliche Mischer mit einer Mischerkammer von wenigen Litern zum Einsatz. Gravimetrische Dosiersysteme für die Basiskomponenten (Laktose o.ä), Hilfsstoffe sowie die Wirkstoffkomponenten führen dem kleinen Mischer die Ausgangskomponenten zeitkonstant zu. Die Kapazität des Mischprozesses liegt bei 10 bis 15 kg/h bis maximal 100 kg/h für Blockbusterprodukte. Diese kompakten Einheiten lassen sich direkt über einer Tablettenpresse oder einem anderen Granulationsverfahren ins-tallieren. Eine Zwischenspeicherung wird vermieden, der Mischprozess passt sich verfahrenstechnisch optimal dem per se kontinuierlichen Kompaktionsprozess an.
Prinzipiell ist es denkbar, dass der gleiche Mischprozess das Produkt für die ersten klinischen Versuche erstellt sowie die spätere reale Produktionsmenge. Variiert wird nur die Produktionszeit, von wenigen Minuten bis zu mehreren Tagen.
Die Chargen sind nicht mehr definiert durch die Baugröße des Mischers, sondern durch die in einer definierten Zeit hergestellte Produktionsmenge. Tablettenpresse und Mischsystem können zusammen ein kompaktes Modul bilden.
Derartige Prozesse sind bereits seit einigen Jahren in Asien für Blockbusterprodukte aufgebaut worden. Der Patentschutz war abgelaufen, eine effiziente Produktion musste jedoch gewährleistet werden. Andere Industrien setzen schon seit langem kontinuierliche Mischprozesse ein: Die Nahrungsmittel- oder Futtermittelindustrie besitzt bereits komplexere Mischaufgaben. Unter komplex werden hier Mischaufgaben verstanden, bei denen sich die Komponenten stark im Fließverhalten unterscheiden, oder nur in sehr geringer Konzentration (Vitamine) vorliegen.
Die Vorteile eines kontinuierlichen Mischprozesses gegenüber dem traditionellen Batchverfahren sind offensichtlich: kompaktere Anlagendimensionen bei gleichem Durchsatz, hierdurch ergibt sich verfahrenstechnisch durch die geringeren Dimensionen ein vereinfachter Mischprozess.
Geringe Flexibilität spielt keine Rolle
Der kontinuierliche Mischprozess ist automatisiert, das Rezept und der Durchsatz wird in der Regel über das übergeordnete Steuersystem auf die verschiedenen gravimetrischen Dosiersysteme verteilt. Der Hauptnachteil des kontinuierlichen Mischsystems ist seine geringere Flexibilität auf Rezeptänderungen. Gerade diese geringe Flexibilität spielt aber bei pharmazeutischen Blockbusterproduktionen von Tabletten überhaupt keine Rolle. So erstaunt es nicht, dass gerade in Asien (mit europäischen Apparateherstellern) hocheffektive Produktionsprozesse aufgebaut wurden.
Mit einiger Verzögerung wurde das von der amerikanischen Food and Drug Administration aufgegriffen. Sie lancierte die sogenannte PAT-Initiative (PAT = Process Analytical Technology). Hinter diesem Arbeitstitel verbergen sich die kontinuierliche Produktion und die Entwicklung neuartiger Mess- und Analysemethoden, die sicherstellen, dass bereits prozessbegleitend die Produktqualität und die Produktionsbedingungen erfasst werden.
Für die sehr kleinen Durchsatzleistungen pharmazeutischer Mischprozesse hat Gericke seine Baureihe der kontinuierlichen Mischer GCM erweitert. Das Design der Mischkammer und der Mischpaddel des GCM250 garantieren eine kontrollierte Axial- und Radialvermischung. Die Verweilzeitverteilung ist kontrolliert; die mittlere Verweilzeit beträgt zwischen 5 bis 50 s.
Die mittlere Verweil- oder Aufenthaltszeit der Partikel in der Mischkammer wird durch mehrere Prozessgrößen beeinflusst:
- dem Mengenstrom der Ausgangskomponenten, 20 bis 500 kg/h. Je höher die Prozessleistung, um so kleiner wird die mittlere Verweilzeit.
- dem Öffnungsgrad eines Stauwehres am Mischerauslauf
- der Drehfrequenz des Mischers
- der Förder- und Fließfähigkeit des Produktes
Die Verweilzeitverteilung bestimmt, welcher Zeitraum verstreicht, bis stationäre Bedingungen im Mischer herrschen. Beim GCM250 stellt sich dieser stationäre Betrieb nach der zweifachen mittleren Verweilzeit ein.
Vollwertiger Bruder
Verfahrenstechnisch ist der kleine GCM250 mit einem Nutzvolumen von 1 l ein vollwertiger Bruder der größeren GCM-Mischer. Sein Konzept ist jedoch für höchste hygienische Ansprüche ausgelegt. Der Mischrotor ist fliegend, d. h. nur auf einer Seite mit einer speziellen, schnell demontierbaren Click-Verbindung gelagert. Das dreckige Getriebe ist von der Mischerkammer durch eine mit Überdruck beaufschlagte Kammer getrennt. Eine rein metallische, luftgespülte Wellendichtung gewährleistet, dass kein Produkt in das Getriebe gelangt. Dies wird durch eine spezielle strömungsmechanische Auslegung der dynamischen Wellendichtung erreicht. Die Einstellung des Wehres und der Füllgrad des Mischers wird durch ein frontbündiges Schauglas beobachtet. Durch seine geringe Baugröße kann der GCM250 problemlos in einen Isolator integriert werden. Zur Reinigung sind Mischkammer, Rotor und Wellendichtung in wenigen Sekunden vom stationären Antrieb getrennt.
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