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Korrosion in Pipelines

Guided Wave-Prüfverfahren mit Zertifikat
Korrosion in Pipelines

In der chemischen Industrie sind wiederkehrende Prüfungen an Rohrleitungen eine notwendige Maßnahme, um den sicheren und zuverlässigen Betrieb und den reibungslosen Ablauf der Prozesse zu gewährleisten. Mit dem Guided Wave-Prüfverfahren steht dem Anwender eine qualifizierte zerstörungsfreie Prüfmethode zur Verfügung, die als Screeningverfahren andere in der Industrie bereits verwendete Verfahren optimal ergänzen kann.

Die Autoren: Dr. Thomas Vogt Senior Development Engineer, Guided Ultrasonics Dr. Robert Kauer Abteilungsleiter Anlagenoptimierung, Bereich Anlagentechnik, TÜV SÜD Industrie Service

Korrosion in Rohrleitungen ist ein massives Problem in der chemischen und petro-chemischen Industrie. Mit Guided Waves (GW, aus dem englischen für geführte Wellen) steht eine qualifizierte Technologie zur Verfügung, die sich in die Liste der etablierten Prüfsysteme einreiht. GW wird als Suchmethode zum Auffinden von lokaler Korrosion eingesetzt. Das Ziel der Prüfung besteht in der Regel in der effektiven Durchführung von Prüfaufgaben, die anders nicht zufriedenstellend oder nur unter einem erheblichen Mehraufwand an Zeit und Kosten zu bewältigen sind.
Mit GW bezeichnet man allgemein solche Wellen, die von den Grenzflächen eines Körpers geführt werden. In der standardmäßigen GW-Prüfung von Rohrleitungen benutzt man relativ niederfrequente Ultraschallwellen, die sich in der Rohrwand entlang des Rohres ausbreiten. Dazu leitet ein Prüfring mit einer Anordnung von Ultraschallwandlern eine GW in die Rohrleitung. Diese GW wird von Rohrmerkmalen wie Schweißnähten oder Korrosion reflektiert und vom Prüfring im Puls-Echo-Verfahren wieder aufgenommen.
Im Unterschied zur konventionellen Ultraschallprüfung wird nicht der Bereich unterhalb des Ultraschallwandlers geprüft, sondern die gesamte Rohrleitung innerhalb der während der Prüfung zu bestimmenden Reichweite der GW. In für die GW-Prüfung besonders zuträglichen Anwendungen kann man im laufenden Betrieb von einer einzigen, dem Prüfer zugänglichen Position nicht selten mehr als 25 m Rohrleitung in jeweils beide Richtungen vom Prüfring gesehen abdecken.
Vertrauen in die Prüfung
Hier kommt dann auch der Gedanke zum Tragen, der eine GW-Prüfung in Verbindung mit einem zusätzlichen Verfahren in vielen Anwendungen sinnvoll macht. Für eine hohe Vertrauenswürdigkeit muss eine Prüfung in der Regel mindestens zwei Eigenschaften aufweisen: erstens eine hohe Fehlerauffindwahrscheinlichkeit in einem angemessenen Zeit- und Kostenrahmen; zweitens die Möglichkeit zur genauen Klassifizierung der Fehlstellen in Schweregradkategorien. Kein derzeit verfügbares Verfahren zur Prüfung von Rohrleitungen über längere Strecken kann beide Anforderungen ideal erfüllen. Aber zwei Prüfverfahren zusammen können dies sehr wohl. Daraus leitet sich eine Prüfphilosophie ab, in der man zunächst eine Suchmethode wie GW anwendet. Wird eine Anzeige gefunden, die auf Korrosion an einer bestimmten Stelle hinweist, wird die Prüfung mit einem Verfahren zum genauen Ausmessen – d. h. zur Klassifizierung – der Fehlstelle ergänzt. Für die Klassifizierung kommen je nach Anwendung mehrere Verfahren in Frage, beispielsweise die lokale Wanddickenprüfung mittels höherfrequentem Ultraschall.
Typische Anwendungsgebiete
Ideale Anwendungen finden sich überall dort, wo es längere Rohrabschnitte zu prüfen gibt und wo eine relativ große Reichweite erwünscht ist. Dabei ist die Dämpfung der GW aufgrund der niedrigen Frequenzen und der Begrenzung der Welle auf die Rohrwand im Vergleich zu anderen Faktoren in Stahlrohren vernachlässigbar. Die Reichweite wird demnach hauptsächlich begrenzt durch die Anzahl der reflektierenden Rohrmerkmale im Prüfabschnitt wie Flansche oder Bögen, aber auch durch Beschichtungen und interne Ablagerungen mit dämpfenden Eigenschaften wie Bitumen oder Wachs.
Die Prüfung mit GW ist auch einsetzbar, wenn der zu prüfende Abschnitt nicht ohne Aufwand direkt vom Prüfer erreicht werden kann. Viele Rohrleitungen sind isoliert, so dass externe Korrosion visuell nicht ohne Abnahme der Isolierung auffindbar ist – was erhebliche Kosten verursachen kann. Ursprünglich war das die Motivation für das Forschungsvorhaben, das Ende der neunziger Jahre am Imperial College London durchgeführt wurde und in einem patentierten, kommerziellen GW-Prüfsystem resultierte. Der Vorteil dieses Systems liegt auf der Hand: Anstatt die Isolierung auf dem gesamten zu prüfenden Rohrleitungsabschnitt zu entfernen, muss zunächst nur an der Stelle abisoliert werden, an der der Prüfring angebracht wird. Werden Anzeigen gefunden, die auf Korrosion hinweisen und in eine Fehlerkategorie fallen, bei der eine Nachprüfung mit einer ergänzenden Prüfmethode erforderlich ist, muss dann nur an dieser aufgefundenen Stelle abisoliert werden. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass spezielle Prüfringe eine GW-Prüfung bis 200 °C Betriebstemperatur des Rohres ermöglichen.
Weitere Anwendungen dieser Art finden sich z. B. in Straßendurchführungen, die nicht ohne erheblichen Aufwand – oft nur durch Ausgrabung – geprüft werden können. Solche Anwendungen erfordern allerdings einen erfahrenen Prüfer. Darüber gibt es in diesem speziellen Fall in vielen Ländern eine entsprechende Gesetzgebung, die den Betreiber dieser Leitungen zu einer Zustandsprüfung innerhalb bestimmter Fristen verpflichtet. Aufgrund der großen Anzahl von Straßendurchführungen wird die Prüfung mit GW derzeit als einzige effektive Methode angesehen, um diese Prüfungen in einem angemessenen Zeitraum durchzuführen. Denn mit Hilfe der GW-Prüfung können die Straßendurchführungen zunächst nach Dringlichkeit kategorisiert werden.
Wiederholungsprüfungen
Die Prüfung von Straßendurchführungen ist auch ein Paradebeispiel für den Fall, wo die direkte Nachprüfung gefundener Anzeigen mit einem Komplementärverfahren nicht möglich ist. Anwendungen dieser Art bekommt man am besten durch Wiederholungsprüfungen und Vergleich der Ergebnisse über einen bestimmten Zeitraum in den Griff, da sich die Anzeige einer aktiven Korrosionsstelle im Ergebnisbild abhängig von der Korrosionsrate gegenüber konstanten Anzeigen verändert. Durch Subtraktion der Ergebnisse kann die Empfindlichkeit, die generell bei etwa 3 % der Querschnittsfläche der Rohrwand liegt, noch einmal verbessert werden. Sollte die Prüfung mit konventionellen Prüfringen aufgrund eines kostenintensiven oder schwierigen Zugangs unattraktiv sein, stehen dafür auch permanent installierte Prüfringe zur Verfügung.
Zertifizierung und Anwendung in RBI
Bei der Optimierung von Prüf- und Inspektionskonzepten für gesamte Anlagen – insbesondere im Rahmen von Risk Based Inspection-Programmen – besteht ein wesentliches Ziel darin, den Anlagenbetrieb so wenig wie möglich zu stören. Dabei stellen die Rohrleitungen aufgrund ihrer Anzahl und Länge häufig eine besondere Herausforderung dar. Hier ist man vor allem auf Prüfverfahren angewiesen, die während des Betriebs angewendet werden können und die zudem nicht nur lokale Aussagen liefern, wie z. B. Ultraschallwanddickenmessungen, sondern mit denen sich ganze Bereiche scannen lassen. Wie bei anderen Screeningverfahren (Wirbelstromprüfungen an Wärmetauscherrohren oder Floorscanning für Tankböden) ist die entsprechende Kenntnis der Möglichkeiten aber auch der Grenzen solcher Verfahren entscheidend für den erfolgreichen Einsatz. Nur dann können mit dem Verfahren mögliche Fehlstellen effektiv und gezielt aufgespürt werden.
Die Qualifizierung eines Verfahrens sollte transparent und nachvollziehbar dokumentieren, welche Fehlergrößen und -arten zuverlässig detektiert werden können und welche Anwendungsgrenzen bestehen. Entsprechend den Vorgaben der Europäischen Norm CEN/TR 14748 zur Bewertung zerstörungsfreier Prüfverfahren hat TÜV SÜD zusammen mit GUL ein Zertifizierungsprogramm entworfen (Guided Wave Testing Method for Basic Pipes) und die erforderlichen Prüfungen und Tests an eigens dafür konzipierten Testrohren mit realistischen Fehlern erfolgreich durchgeführt.
Das Zertifizierungsverfahren und die Ergebnisse wurden auf dem alle zwei Jahre stattfindenden GUL Usermeeting von Guided Ultrasonics Ltd. in Taormina, Italien, einem internationalen Anwenderkreis aus der Prozessindustrie vorgestellt.
Online-Info: www.cav.de/0711453
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