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Korrosionsschutz vom Feinsten

Elektrische Stellantriebe mit Pulverbeschichtung
Korrosionsschutz vom Feinsten

Durch Korrosionsschäden hervorgerufene Anlagenstillstände zeigen, dass diesem Thema nicht immer die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet wird, obwohl die korrosionsbedingten wirtschaftlichen Schäden immens sind. Wie man mit dem Thema Korrosionsschutz ernsthaft umgehen kann, zeigt dieser Beitrag am Beispiel elektrischer Stellantriebe.

Die Autoren: Michael Herbstritt Technischer Redakteur Gert Wetzel Produktmanager Korrosionsschutz Andreas Baumgart Betriebsleiter Pulverbeschichtungsanlage, Auma Riester

Elektrische Stellantriebe haben einen entscheidenden Anteil an der korrekten Steuerung und Regelung der Stoffströme in prozesstechnischen Anlagen, ob Kläranlage, Wasserwerk, Kraftwerk, Raffinerie oder Bohrinsel. Insbesondere der Offshore-Einsatz repräsentiert einen Bereich, der bezüglich der Ansprüche an den Korrosionsschutz treibend ist. Durch die feuchte, salzhaltige und damit hochkorrosive Luft ist das technische Gerät dort extremsten Bedingungen ausgesetzt. Erschwerend kommt hinzu, dass Ausfälle in diesen Anlagen noch höhere wirtschaftliche Verluste bedeuten, als es für Einrichtungen an Land gilt.
Für Planer und Betreiber bildet der zweite Teil der DIN EN ISO 12944 eine solide Basis zur Klassifizierung der Umgebungsbedingungen. Diese werden dort beschrieben und in Korrosivitätskategorien eingeteilt (siehe Tabelle). Im Offshore-Bereich muss die Korrosivitätskategorie C5-M erfüllt werden. Die Kategorien sind wiederum in die Schutzdauern kurz, mittel und lang eingeteilt. Stellantriebe verrichten über Jahre hinweg ihren Dienst. Für sie kommt nur die lange Schutzdauer infrage. Nicht immer werden die in der DIN EN ISO 12944 beschriebenen Maßnahmen als ausreichend betrachtet. Besonders ambitioniert ist der von der norwegischen Ölindustrie etablierte Norsok-M-501-Standard. Dieser stützt sich wiederum auf die in der ISO 20 340 beschriebene Korrosionsschutzprüfung. Die Prüflinge werden dort über 25 Wochen einer Klimaprüfung unterzogen, in der sich zyklisch die Klimaverhältnisse ändern. Kern aller in den Normen beschriebenen Korrosionsschutzprüfungen ist der Salzsprühnebeltest nach DIN EN ISO 9227 NSS. Bei diesem Test werden Bauteile, deren Beschichtung bis auf das Substrat eingeritzt ist, einer salzhaltigen Atmosphäre in einer geschlossenen Kammer ausgesetzt und anschließend nach normierten Kriterien beurteilt. Bei der Prüfung für C5-M mit langer Schutzdauer nach DIN EN ISO 12944–6 beträgt die Testdauer 1440 h, bei der ISO 20 340 summiert sich die Zeit der Besprühung im Rahmen der zyklischen Klimaprüfung auf 1800 h. Eine grundlegende Schwäche ist allen Normen gemein. Sie berücksichtigen noch nicht die Entwicklungen der letzten Jahre im Bereich der Pulverbeschichtung.
Umstellung des Lackierbetriebs
Die Verabschiedung neuer Umweltrichtlinien startete den Countdown für das Ende der alten Lackieranlage bei Auma. Angesichts der genannten gestiegenen Anforderungen nahm der Hersteller von Stellantrieben dies als Gelegenheit, die Beschichtungsmethodik generell zu hinterfragen. Nach einer ausführlichen Evaluierungsphase entschied sich das Unternehmen für eine zweischichtige Pulverbeschichtung der Gehäusebauteile. Mehrere Millionen Euro wurden in eine Pulverbeschichtungsanlage investiert.
Ein grundlegender Paradigmenwechsel bedeutete die Umstellung von der Lackierung des kompletten Gerätes nach der Montage zur Beschichtung der Gehäuseteile vor der Montage. Der große Vorteil für die Anlagenbetreiber: Auch bei noch so häufigem Öffnen des Gerätegehäuses auf der Anlage, bei Installation, Inbetriebnahme oder Revisionsarbeiten, bleibt die Korrosionsschutzbeschichtung unversehrt. Aufgrund der Stärke des zweischichtigen Lacksystems, mussten die metallischen Einzelteile hinsichtlich ihrer Abmessungen angepasst und umkonstruiert werden. Als verschärfende Anforderung kam das selbst auferlegte Ziel hinzu, die Gehäuseteile bis hinter die Dichtkante zu beschichten. Dieses Ziel wurde erreicht, sodass alle Dichtflächen beschichtet sind und dadurch die ohnehin guten Korrosionsschutzeigenschaften weiter verbessert werden.
Schichtaufbau und Verfahren
Vor Aufbringen der Pulverschichten müssen die Bauteile einer nasschemischen Vorbehandlung unterzogen werden. Dabei werden Fett und Verschmutzungen entfernt und die Oberfläche aktiviert. Die dabei entstehende Konversionsschicht bewirkt, dass sich die nachfolgende Pulverschicht optimal mit der Gehäuseoberfläche verbindet. Auma setzt auf die Silantechnologie (Oxsilan), die bei gleicher Qualität wesentlich umweltfreundlicher ist als die sonst gebräuchliche Zinkphosphatierung.
In einer Pulverkabine wird für die Grundbeschichtung das elektrostatisch geladene Epoxidharzpulver auf die geerdeten Gehäuseteile aufgebracht. Die Ladung sorgt dafür, dass das Pulver über die Dichtkanten hinweg an dem Material gleichmäßig haftet. Aus der Pulverkabine wandern die Träger mit den Bauteilen in einen Ofen, wo das Pulver in die Gehäuseoberfläche eingebrannt wird. Das Epoxidharzpulver vernetzt sich dabei in hohem Maße, was zur außerordentlichen mechanischen Widerstandsfähigkeit der Beschichtung beiträgt. In einem weiteren Verfahrensschritt wird das Polyurethandeckpulver in vergleichbarer Weise aufgebracht. Diese Beschichtung sorgt für sehr hohe Chemikalien-, Witterungs- und UV-Beständigkeit. Beide Pulverschichten sind in den relevanten Eigenschaften optimal aufeinander abgestimmt, insbesondere hinsichtlich der Zwischenhaftung von Deck- und Grundpulver. Mit den am Markt verfügbaren Pulverlacken waren die gewünschten Eigenschaften nicht zu erzielen. Deshalb wurde zusammen mit dem Lackhersteller eine eigene Lackrezeptur entwickelt. Durch die Beimischung von Metallic-Partikeln zum Decklackpulver wird die Hochwertigkeit der Beschichtung auch optisch untermauert. Der ganze Prozess ist hochautomatisiert, sodass eine konstante Beschichtungsqualität erzielt wird.
Prinzipiell können die Geräte abschließend mit einem Nasslack überlackiert werden. Dies wird dann durchgeführt, wenn die Geräte in einem Sonderfarbton bestellt wurden oder wenn die Gerätespezifikation eine höhere Mindestschichtdicke vorschreibt. Aus Korrosionsschutzgründen ist dies nicht erforderlich, denn trotz der Beschichtungsdicke von nur 140 µm, erfüllt die Pulverbeschichtung die Anforderungen der Korrosivitätskategorie C5-M mit der Schutzdauer lang, selbst nach den verschärften Testvorschriften der ISO 20 340.
Weitere Maßnahmen
Der Korrosionsschutz besteht nicht nur aus der Pulverbeschichtung. Bedien- und Anzeigeelemente, Typenschilder, Schrauben oder die Handradwelle werden aus geeigneten Materialien hergestellt, beispielsweise aus nicht rostendem Stahl oder mit anderen Beschichtungen geschützt. Unter bestimmten Bedingungen kann auch Korrosion an den Kontaktstellen zweier unterschiedlicher, an sich korrosionsbeständiger Bauteile entstehen. Um diese sogenannte Kontaktkorrosion zu vermeiden, wurden Tests durchgeführt und ungünstige Materialpaarungen ausgeschlossen. Das beschriebene Korrosionsschutzsystem wurde 2520 h dem Salzsprühnebeltest unterzogen. Nachdem sich auch dann noch keine signifikanten Korrosionsschäden feststellen ließen, wurde dieser abgebrochen. Im Zuge der Tests wurde der komplette Prüfzyklus nach ISO 20 340 durchgeführt und zertifiziert.
prozesstechnik-online.de/cav0812433
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