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Kraftstoff aus Marktabfällen

Forschungsanlage ist ein wahrer Allesfresser
Kraftstoff aus Marktabfällen

Kraftstoff aus Marktabfällen
Ein Allesfresser: Die Pilotanlage verwertet nahezu alles, was sich vergären lässt
Matschige Tomaten, braune Bananen und überreife Kirschen – die Abfälle von Großmärkten sind bisher bestenfalls auf dem Kompost gelandet. Künftig sollen sie besser genutzt werden: In einer neu entwickelten Anlage lassen sie sich vergären. Dabei entsteht Methan, das als Kraftstoff Autos antreiben kann.

Lässt der Autofahrer am Zapfhahn Erdgas in den Tank strömen statt Benzin oder Diesel, fährt er günstiger und umweltbewusster: Der Treibstoff schont den Geldbeutel, die Auspuffgase enthalten weniger Kohlenstoffdioxid und kaum Rußpartikel. Zunehmend rüsten Autofahrer daher ihre Otto-Motoren für den Erdgas-Betrieb um. Erdgas gehört jedoch ebenso wie Erdöl zu den fossilen Brennstoffen, die Reserven sind begrenzt. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart haben nun eine Alternative entwickelt: Sie gewinnen den Kraftstoff nicht aus den kostbaren Rohstoffreserven der Erde, sondern aus Obst- und Gemüse-Abfällen von Großmärkten, Mensen und Kantinen. Werden diese Lebensmittelreste vergoren, entsteht Methan, auch Biogas genannt. In Hochdruckflaschen gepresst kann es als Treibstoff dienen. Eine erste Pilotanlage neben dem Stuttgarter Großmarkt nehmen die Forscher Anfang dieses Jahres in Betrieb: In einem zweistufigen Vergärungsprozess produzieren verschiedene Mikroorganismen aus den Abfällen in wenigen Tagen das gewünschte Methan. „Die Abfälle enthalten viel Wasser und wenig verholzte Teile, sie sind daher ideal für das Vergären“, sagt Dr.-Ing. Ursula Schließmann, Abteilungsleiterin am IGB. Eine Herausforderung stellen die Abfälle trotzdem dar: Sie setzen sich jeden Tag anders zusammen, mal sind viele Zitrusfrüchte dabei, mal eher Kirschen, Pflaumen und Salatköpfe. Gerade die Zitrusfrüchte enthalten jedoch viel Säure – die Forscher müssen den pH-Wert daher anpassen. „Wir lagern den Ausschuss in verschiedenen Vorratsbehältern. Hier werden automatisch einige Parameter des Abfalls bestimmt, etwa der pH-Wert. Das dazu entwickelte Managementsystem errechnet, wie viel Liter des Abfalls aus welchen Behältern gemischt und zu den Mikroorganismen gegeben werden“, erläutert die Expertin. Denn das Gleichgewicht muss erhalten bleiben – die verschiedenen Mikroorganismen brauchen zu jeder Zeit gleiche Umgebungsbedingungen, also das gleiche Milieu.

Ein weiterer Vorteil der Anlage: Es wird alles verwertet, vom Biogas über das flüssige Filtrat bis zum nicht weiter vergärbaren schlammartigen Rest. Dabei hilft ein zweites Teilprojekt in Reutlingen, eine Algenkultur. Bekommen die Algen genügend Nährmedium, Kohlenstoffdioxid und Sonnenlicht, produzieren sie in ihren Zellen Öl, das Dieselmotoren antreiben kann. Als Nährmedium für die Algen dient das Filtratwasser aus der Biogasanlage, es enthält genügend Stickstoff und Phosphor. Das Kohlenstoffdioxid, das die Algen zum Wachsen brauchen, erhalten die Forscher ebenfalls aus dem Biogasreaktor in Stuttgart: Denn das entstehende Biogas setzt sich zu etwa zwei Dritteln aus dem gewünschten Methan, zu etwa 30 Prozent aus Kohlenstoffdioxid zusammen. Alles, was nun noch übrig ist von den Marktabfällen, ist der schlammartige Gärrest. Er wird von den Kollegen aus dem Schweizer Paul Scherrer-Institut und dem Karlsruher Institut für Technologie ebenfalls in Methan umgewandelt.
Das Biogas, das in der Anlage am Großmarkt entsteht, bereiten die Mitarbeiter der Energie Baden-Württemberg EnBW mit Membranen auf, die Daimler AG stellt einige Versuchsfahrzeuge mit Erdgasantrieb bereit. Insgesamt fünf Jahre läuft das Projekt mit dem Namen EtaMax, das mit sechs Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF gefördert wird. Wenn alle Komponenten einwandfrei zusammenspielen, könnten ähnliche Anlagen künftig überall stehen, wo viele organische Abfälle anfallen. Weitere Projektpartner sind das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising, FairEnergie GmbH, Netzsch Mohnopumpen GmbH, Stulz Wasser- und Prozesstechnik GmbH, Subitec GmbH und die Stadt Stuttgart.
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