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Sichere Identifikation von Flüssigkeiten mit RFID

Die Kammer des Trackens
Sichere Identifikation von Flüssigkeiten mit RFID

Das zuverlässige Erfassen mehrerer RFID-Datenträger auf einer Palette ist eine Herausforderung, vor allem, wenn es sich um unterschiedliche Objekte und Flüssigkeiten handelt. Mit seiner Shipment Verification Station beweist Turck Vilant Systems in einem Proof of Concept für Merck, dass auch Gebinde mit Flüssigkeiten und Metallobjekten exakt und schnell in UHF-RFID-Pulkleseverfahren erfassbar sind.

Wenn UHF-RFID-Technik Superman ist, dann sind Wasser und Metall ihr Kryptonit. Denn Metall schirmt elektromagnetische Wellen ab und reflektiert sie, Wasser hingegen absorbiert sie – beides verhindert zuverlässige Lese- und Schreibprozesse mit passiven UHF-Datenträgern. Ob man UHF-Technik dennoch zur Verifikation von Lieferungen auf Paletten einsetzen kann, wollte Merck am Standort Darmstadt überprüfen. Das Unternehmen, das insbesondere für forschungsintensive Pharmazeutika bekannt ist, erwirtschaftet seinen Umsatz in den Sparten Healthcare, Lifescience und Performance Materials. Gerade in der Sparte Performance Materials erforscht und entwickelt Merck Produkte und Lösungen, für die das Unternehmen weniger bekannt – aber doch in den meisten Haushalten vertreten ist. Flüssigkristalle oder OLED-Materialien für verschiedene Arten von Bildschirmen, Effektpigmente für Lacke und Kosmetika oder Materialien für die Halbleiterindustrie entstehen in diesem Unternehmensbereich.

Somit profitiert auch Merck seit Jahren vom Megatrend Digitalisierung. Im Zuge der Digitalisierung der eigenen Prozesse stellte man sich in Darmstadt die Frage, inwiefern die Erfassung und Verifikation von Lieferungen automatisiert werden kann. In der Logistik führt bei dieser Frage seit Jahren kaum noch ein Weg an RFID vorbei. Bei höheren Reichweiten und zur gleichzeitigen Erfassung mehrerer Datenträger, der sogenannten Pulklesung, kommt nur UHF-Technik in Frage. Diese Technik kann allerdings bei Flüssigkeiten und Metallen problematisch sein. Beides – flüssige Materialien wie auch metallische Gebinde, zum Beispiel Fässer, spielen bei Merck aber eine wichtige Rolle. Das Unternehmen musste daher zunächst eine solide Datenbasis schaffen, auf deren Grundlage entschieden werden kann, ob überhaupt Pulklesungen mit UHF-RFID zur Verifikation der spezifischen Güter und Vorprodukte eingesetzt werden können.

Yanick Luca Kleppinger, seinerzeit als Bachelorand für Merck tätig, untersuchte in seiner Bachelorarbeit die Frage, welchen Einfluss unterschiedliche Lösemittel auf die Pulkerfassung mit UHF-RFID-Technik haben. Im Zuge dieser Arbeit führte Kleppinger auch einen Proof of Concept zur Frage durch, wie gut sich unterschiedliche Chemikalien und Behältnisse mit UHF-RFID-Technik identifizieren lassen. Im Versuchsaufbau dieser Machbarkeitsstudie testete er die Technik exemplarisch an sieben Paletten, die die Varianz der Gebinde und Substanzen bei Merck abbildeten.

Die Tests mit einem klassischen RFID-Gate waren aussichtsreich. Allerdings zeigten sich bei der Erfassung der Ethanol-Paletten Differenzen zu den Paletten mit anderen Lösemitteln. Vor allem innenliegende Datenträger auf den Ethanolbehältern konnten nicht zuverlässig erfasst werden. Die Mischpalette bereitete dem klassischen RFID-Gate ebenfalls Probleme.

Shipment Verification Station

Abhilfe brachte die Einbeziehung der RFID-Integrationsspezialisten von Turck Vilant Systems (TVS). Die Turck-Tochter hat 20 Jahre Erfahrung mit der Integration von UHF-Lösungen in zahlreichen Branchen. Neben eigener RFID-Middleware setzt TVS dabei die für die jeweilige Anwendung optimale Hardware ein. „Paletten mit Flüssigkeiten in einem RFID-Gate zu erkennen, ist mit einem klassischen Gate-Aufbau nicht möglich“, erinnert sich Robert Paulus, der als Business Development Manager bei TVS den Proof of Concept bei Merck betreute. Die innenliegenden Tags waren von allen Seiten von Flüssigkeiten umgeben. Da das Ethanol die Wellen absorbiert, werden die innenliegenden Datenträger nicht erkannt. „Wir haben in solchen Applikationen gute Erfahrung mit unserer Shipment Verification Station (SVS) gemacht“, sagt Paulus. Die SVS ist eine Metallbox, deren drei Wände sowie die Decke mit UHF-Schreib-Lese-Köpfen bestückt sind. Durch die verbliebene Öffnung wird die Palette mit zu identifizierenden Objekten eingeschoben.

Entscheidend für die Lesbarkeit

Beim Test mit den ersten drei Paletten zeigte sich, dass die drei Lösemittel unterschiedlich auf ultrahochfrequente Wellen reagieren. Während die Erfassung der 120 Datenträger der Palette mit Ethanol-Flaschen bis zu 30 s dauerte, konnten die Flaschen mit anderen Lösemitteln innerhalb von 2 s gelesen werden. Die Datenträger auf den Flaschen wurden nahezu gleich schnell gelesen wie die Tags auf den Kartons, der Unterschied musste also in den Eigenschaften der Lösemittel liegen. Bislang war in der Literatur lediglich erwähnt worden, dass Flüssigkeiten eine dämpfende Wirkung auf elektromagnetische Wellen haben. Die drei Flüssigkeiten waren zwar ähnlich viskos, unterschieden sich aber in ihren dämpfenden Eigenschaften signifikant. Kleppinger suchte nach einer anderen Moleküleigenschaft, die die drei Lösemittel unterschied: Entscheidend, so das Ergebnis seiner Untersuchung, sei die Polarität der Stoffe. Wenn diese Erkenntnis durch weitere Tests bestätigt werden kann, gibt es in Zukunft einen neuen Forschungsstand zum Thema Auswirkungen von Flüssigkeiten auf die Lesbarkeit mit UHF-RFID.

Entscheidend für erfolgreiche Leseergebnisse ist neben den genannten Faktoren auch die Wahl des richtigen Datenträgers. Dabei unterstützte Turck Vilant Systems ebenso wie bei deren optimaler Positionierung auf den Flaschen, Fässern oder Kartons. Beim Test der vierten Palette mit Ethanolbehältern aus Kunststoff lag der Schlüssel zum guten Leseergebnis im Anbringen der Datenträger oberhalb der Füllhöhe des Ethanols. So konnten alle 21 Datenträger binnen 2 s gelesen werden. Zudem dürfen die Tags nicht von metallischen Körpern verdeckt sein.

Beim Test der Datenträger auf Metallfässern war hin-gegen die Position der Tags weniger ausschlaggebend. Hier kamen spezielle On-metall-Tags zum Einsatz, die das Metallfass als Erweiterung ihrer Antenne nutzen. Alle neun Datenträger auf der Palette wurden binnen 2 s gelesen. Der Test mit elf kleineren Fässern bestätigte dieses Ergebnis. Grundsätzlich sollten bei allen Lesevorgängen die Datenträger möglichst in dieselbe Richtung orientiert sein.

Bei der mit Fässern, Kunststoffbehältern, Kartons und Flaschen bestückten Mischpalette konnte die einheitliche Orientierung der Datenträger nicht gesichert werden. Kleine Kunststoffgegenstände, die automatisiert in Kartons befüllt werden, liegen eben kreuz und quer in den Kartons. Dennoch waren die Leseergebnisse der SVS vollkommen ausreichend und prozesstauglich. Alle 82 Datenträger wurden innerhalb von 2 s erkannt – trotz der willkürlichen Orientierung der Datenträger.

Zuverlässig und stabil erfassbar

Mit einer Leseeinrichtung wie der Shipment Verification Station lassen sich die untersuchten Testpaletten mit allen Stoffen zuverlässig und in sehr guten bis akzeptablen Lesezeiten für logistische Prozesse zur Verifikation von Lieferungen bei Merck einsetzen. Selbst bei der schwierigsten Substanz Ethanol können die Pulkleseverfahren bei Lesezeiten bis 30 s überzeugen. Metallische Behältnisse stellen beim Einsatz der passenden On-metall-Tags ebenfalls kein Problem dar.

Unterm Strich steht nach Kleppingers Arbeit inklusive Proof of Concept neben dem Beleg der Praxistauglichkeit der RF-Identifikation in den Prozessen bei Merck auch die Entdeckung, dass die Polarität der Flüssigkeiten über das RFID-Leseergebnis entscheidet. Diese Erkenntnis sollte bei der Bewertung von UHF-RFID-Applikationen mit Flüssigkeiten zukünftig Beachtung finden.

Hans Turck GmbH & Co.KG, Mühlheim an der Ruhr


Autor: Holger Anders

Vertriebsspezialist,

Turck

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