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Lara neutralisiert Klimakiller

Lachgas-Reduzierung am Standort Krefeld-Uerdingen
Lara neutralisiert Klimakiller

Mit der Inbetriebnahme einer zweiten Lachgas-Reduktionsanlage, kurz Lara, im Chemiepark Krefeld-Uerdingen hat der Spezialchemie-Konzern Lanxess ein weiteres Zeichen gesetzt. Um 80 % im Vergleich zu 2007 hat das Leverkusener Unternehmen seine direkten Emissionen klimaschädlicher Gase in Deutschland gesenkt. Zugleich zeigt das Projekt Lara, dass Klimaschutz nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch attraktiv sein kann.

Der Autor: Udo Erbstößer Leiter Fachpresse, Corporate Communications, Lanxess

Der Lanxess-Vorstandsvorsitzende Dr. Axel C. Heitmann bringt es auf den Punkt: „Wir dürfen nicht am Umweltschutz sparen.“ Die rund zehn Millionen Euro teure Anlage in Krefeld ist ein „Leuchtturmprojekt“ mit ökologischer und ökonomischer Vorbildfunktion. Je nach Auslastung der Adipinsäureproduktion, bei der das Lachgas anfällt, können jährlich bis zu 5000 t des Klimagases zusätzlich neutralisiert und damit klimafreundlich entsorgt werden. Die Anlage wurde in der Rekordzeit von nur zehn Monaten genehmigt und errichtet.
Emissionszertifikate schaffen Anreize
Die Investitionskosten wurden im Rahmen eines sogenannten „Joint Implementation“-Projekts refinanziert. Es handelt sich um das erste industrielle Vorhaben, das von den deutschen Behörden genehmigt wurde und bereits realisiert ist. Hier wurden die Möglichkeiten des Emissionshandels genutzt, die im Kyoto-Protokoll festgeschrieben sind und seit 2005 in Europa als marktwirtschaftliches Instrument zur Verfügung stehen.
Ein Emittent von Treibhausgasen, beispielsweise ein Industrieunternehmen oder Kraftwerksbetreiber, erhält demgemäß eine Anzahl von Emissionszertifikaten zugeteilt. Nimmt er diese nicht vollständig in Anspruch, kann er überzählige Verschmutzungsrechte auf dem freien Markt verkaufen.
Auch wenn der Emissionshandel nicht vorrangig auf eine Senkung der Gesamtemissionen abzielt, schafft er doch Anreize für eine klimafreundlichere Energie- und Industrieproduktion, wie dieses Beispiel zeigt. Er trägt dazu bei, die spezifischen Emissionen je Produkt bzw. Produktmenge zu senken.
Thermische Lachgas-Reduktion
Lachgas (Distickstoffmonoxid) ist ein nicht brennbares, ungiftiges, narkotisierend wirkendes Gas, das heute als Treibmittel etwa für Sprühsahne eingesetzt wird. Es ist eines der am stärksten klimaschädlich wirkenden Gase und übertrifft in dieser Hinsicht das Referenzgas Kohlendioxid nach Expertenmeinung um einen Faktor von rund 310.
Lachgas entsteht als Koppelprodukt bei der industriellen Produktion von Salpetersäure oder der oxidativen Ringspaltung von sogenanntem KA-Öl zu Adipinsäure. Das KA-Öl – ein Gemisch aus Cyclohexanol und Cyclohexanon – wird in einer vorgelagerten Reaktion aus Cyclohexan hergestellt. Die Produktion von Adipinsäure ist ein Schlüsselschritt bei der Herstellung des Polyamid-66-Kunststoffes. Zu dieser Kunststoffklasse gehören zahlreiche technische Thermoplaste der Business Unit Semicrystalline Products von Lanxess, die unter dem Namen Durethan als hochwertige Werkstoffe eingesetzt werden, etwa in der Automobil- und Elektro-/Elektronikindustrie.
Je produzierter Tonne Adipinsäure entstehen ungefähr 300 kg Lachgas – eine riesige Menge bei einer derzeitigen Lanxess-Jahreskapazität von etwa 88 000 t Adipinsäure. Davon werden in Krefeld schon seit den frühen 1990er-Jahren 85 bis 90 % in einer Reduktionsanlage zerstört. Dabei wird ausgenutzt, dass Lachgas metastabil ist, d. h. unter Wärmeabgabe in die Elemente Stickstoff und Sauerstoff zerfällt. Die frei werdende Energiemenge ist erheblich und kann genutzt werden.
Leistungsfähig und robust
Damit der Zerfall des Distickstoffmonoxids mit technisch verwertbarer Geschwindigkeit abläuft, bedarf es hoher Temperaturen von über +1000 °C. Diese Temperatur wird in den Krefelder Anlagen über eine Erdgasfeuerung erreicht. Das heiße Reaktionsgas wird zunächst in eine zweite Brennkammer und dann in einen Dampferzeuger geleitet. Der ins Werksnetz eingespeiste Dampf sorgt für die sehr günstige Gesamtenergiebilanz. Der Energieinhalt des gewonnenen Dampfs entspricht etwa 60 bis 70 % dessen, was in Form von Erdgas und Elektrizität für den Prozess aufgewendet werden muss.
Die zweite Anlage soll vor allem gewährleisten, dass zu keiner Zeit Lachgas in die Atmosphäre abgegeben wird. Mit beiden Anlagen verfügt Lanxess über eine ausreichende, redundante Kapazität zur Lachgas-Reduktion. Während der Wartungsphasen oder bei einer Fehlfunktion einer Anlage übernimmt die andere deren Aufgaben mit.
Obwohl verschiedene Verfahren zur Lachgas-Spaltung existieren und auch eingesetzt werden, zeichnet sich der von Lanxess entwickelte, rein thermische Prozess in mehrfacher Hinsicht aus. Das Unternehmen verfügt über fast 20 Jahre praktische Erfahrung, die sich in zahlreichen Verfahrensverbesserungen niederge-schlagen hat und in die Planung der neuen Anlage eingeflossen ist. Der Prozess ist verfahrenstechnisch relativ einfach, was ihn besonders robust macht. Das Know-how steckt vor allem in der optimalen Fahrweise, die sicherstellt, dass Lachgas vollständig gespalten wird, ohne dass Stickoxide (NOx) entstehen. Dabei setzt Lanxess auf moderne Online-Sensortechnik und ein aufwendiges Regelkonzept.
Klimaschutz bei Lanxess
Aufgrund der hohen Klimaschädlichkeit des Lachgases stellt eine Verringerung der Emissionen dieses Gases einen sehr wirksamen Hebel zur Senkung der Gesamtemissionen dar. Daher ist die Gegenfinanzierung über den Emissionshandel gerade für solche Maßnahmen besonders attraktiv.
Insgesamt strebt Lanxess bis 2012 in Deutschland eine Verringerung der Emission von Treibhausgasen um 80 % an, bezogen auf das Jahr 2007, in dem die Gesamtemissionen bei etwa 1,9 Mio. t CO2(e) lagen. Dieses Ziel dürfte bereits fast erreicht sein, denn die neue Lachgas-Reduktionsanlage erschließt ein Einsparpotenzial von jährlich rund 1,5 Mio. t CO2(e).
Lara ist ein Paradebeispiel dafür, dass
industrielle Produktion und Klima-
politik kein Gegensatz ist.
prozesstechnik-online.de/cav0312430
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