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Lawine im Rheometer

Fließverhalten von Pulver charakterisieren
Lawine im Rheometer

Mit dem GranuDrum-Rheometer lassen sich die Fließ- und Schereigenschaften von Pulvern, Pulvermischungen und Granulaten in einer rotierenden Trommel untersuchen. Bei der Messung wird die Eigenschaft ermittelt, bei der ein Pulver beginnt, lawinenartig zusammenzustürzen. Je nach Einstellung wird der erste Winkel des Zusammenbruchs oder bei unterschiedlichen Umdrehungsgeschwindigkeiten das Hystereseverhalten des Pulvers oder Granulates bestimmt.

Der Autor: Dr. Frédéric Boschini Laboratoire Aptis/GreenMat, Research and Development

Das GranuDrum-Rheometer wurde speziell zur Bestimmung der dynamischen Fließeigenschaften von Pulver mittels der Lawinenbildung (Avalanching) entwickelt. Bei dieser Messung wird Pulver in eine verglaste Trommel gefüllt, sodass diese zu 50 % gefüllt ist, und unter definierten Umdrehungsgeschwindigkeiten belastet. Bei der Rotation der Trommel bildet sich eine Lawine aus. Eine Kamera zeichnet auf, wie das Pulver von der sich aufbauenden Böschung abrutscht. Bei dieser Methode wird der Winkel aus bis zu 50 Einzelbildern pro Messgeschwindigkeit ermittelt, bei dem das Pulver anfängt abzurutschen. Weiterhin wird das Aussehen der Lawine beobachtet. Wenn ein Pulver, wie z. B. feiner Sand, abrutscht, bildet die Lawine eine nahezu gleichbleibende Form. Bei sehr kohäsiven Schüttgütern ist diese jedoch sehr ungleichmäßig ausgebildet.
Messung mit GranuDrum
Die dynamischen Fließeigenschaften eines Pulvers werden bei verschiedenen Rotationsgeschwindigkeiten untersucht. Das Fließverhalten wird als Funktion der Schergeschwindigkeit gemessen; rheologische Eigenschaften wie Scherverdünnung und Scherverdickung können so bestimmt werden. Außerdem können mit dem GranuDrum die Fließgrenze (Winkel, bei dem eine „Lawine“ ausgelöst wird) und das Verhältnis zwischen dem Volumen des Pulvers, das mit festgelegter Geschwindigkeit rotiert, und dem unbewegten Pulver ermittelt werden. Damit erhält man Auskunft über die Belüftung bzw. Verfestigung des Pulvers. Das Fließverhalten eines nicht-kohäsiven und eines köhasiven Pulvers sind in Bild 1 dargestellt. Bei dem nicht-kohäsiven Pulver erkennt man ein gleichmäßiges Fließverhalten mit einem niedrigen Fließwinkel (Bild. 1a), während das kohäsive Pulver sehr unregelmäßig fließt und einen höheren Durchschnittsfließwinkel aufweist (Bild 1b).
Der Messaufbau besteht aus einem horizontal angeordneten Aluminiumzylinder, dessen Enden aus Glas sind (10 bis 100 cm³), siehe Bild 2. Der Zylinder wird halb mit dem Pulver gefüllt und rotiert dann mit einer Winkelgeschwindigkeit um seine eigene Achse, um das Pulver zum Fließen zu bringen. Für den Messvorgang wird die rotierende Trommel beleuchtet und die Bewegung in der Trommel mit einer CCD-Kamera aufgezeichnet. Für jede Winkelgeschwindigkeit werden 50 Bilder im Abstand von 0,5 s aufgenommen. Auf den Bildern werden die Körner des Materials schwarz wiedergegeben, die Luft ist weiß. Die Lage der Luft-/Pulvergrenzfläche lässt sich mittels Kantendetektion ermitteln. Es werden die durchschnittliche Lage der Grenzfläche und die Bewegungen rund um diese Position errechnet, um die Standardabweichung zu bestimmen. Dieser Parameter steht in direktem Zusammenhang zur Kohäsion in der Trommel. Im Rahmen der betrachteten Drehgeschwindigkeit zeigt ein nicht-kohäsives Granulat kontinuierliches Fließen. Anhand der Durchschnittsposition der Grenzfläche kann der Fließwinkel im Zentrum des Flusses gemessen werden.
Das GranuDrum-Rheometer dient zur
  • Klassifizierung von Proben in Bezug auf Fließeigenschaften und Kohäsion
  • Charakterisierung des Verhaltens der Proben bei Bewegung
  • Quantifizierung der wichtigsten Auswirkungen, die beim Bewegen des Pulvers beobachtet werden
Bild 3a zeigt die Fließkurven von drei typischen Pulvern, wie sie mit dem GranuDrum ermittelt wurden: Polymer, Mehl und Lactose. Diese drei Proben zeigen ein sehr unterschiedliches rheologisches Verhalten.
Das Polymerpulver ist unabhängig von der Rotationsgeschwindigkeit (idealviskoses Verhalten). Die Fließkurve (blau) bleibt bei allen untersuchten Rotationsgeschwindigkeiten gleich. Das Fließverhalten von Mehl ist abhängig von der Rotationsgeschwindigkeit. Die Fließkurve (rot) nimmt mit zunehmender Rotationsgeschwindigkeit ab (scherverdünnendes Verhalten). Das beste Fließverhalten erreicht man bei höchster Rotationsgeschwindigkeit. Bei Lactose ist das gegenteilige Verhalten zu beobachten. Die Kurve für Lactose (schwarz) steigt mit steigender Rotationsgeschwindigkeit an (scherverdickendes Verhalten). Damit kennt man die Wirkung der Rotationsbewegung auf die Fließfähigkeit und die Kohäsion der Pulver. Die unterschiedlichen Verhaltensweisen, die zu beobachteten sind (Bild 3a), beruhen auf unterschiedlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften der Teilchen (Art, Dichte, Größe, Form, Rauheit usw.). Die Abbildung zeigt auch, dass es möglich ist, aus den Ergebnissen einen Kohäsionsindex zu ermitteln, mit dem man die Entwicklung der Kohäsion im Pulver als Funktion der Rotationsgeschwindigkeit verfolgen kann. Mit dem Kohäsionsindex kann die Ausbildung der Kohäsion zwischen den Pulverteilchen verfolgt werden. Er eignet sich auch als Vergleichsparameter für Materialien vor und nach einer Behandlung (beispielsweise Zusatz von Bindemitteln, Rieselhilfsmitteln, Oberflächenbeschichtungen oder Auswirkung der relativen Luftfeuchtigkeit).
Bild 4 zeigt zwei Fließkurven für keramische Pulver (feines und sprühgetrocknete Al2O3/SiO2-Pulver). Bei diesem Versuch wurde die Rotationsgeschwindigkeit genutzt, um die Fließkurve mit einem zweistufigen Messprogramm zu bestimmen. Dabei wurde die Rotationsgeschwindigkeit linear von 0 auf 20 min-1 gesteigert (Aufwärtsrampe) bzw. auf Null gesenkt (Abwärtsrampe). Die Thixotropie der Mischung ließ sich anhand der zwischen den beiden Kurven liegenden Hysteresefläche ermitteln. Das feine Pulver (schwarze Kurve) zeigt ein stark thixotropes Verhalten, da sich das Pulver mit der Drehbewegung verändert. Das liegt an den besonderen Eigenschaften des Materials (Pulver im Submicronbereich). Das sprühgetrocknete Pulver zeigt keine Hysterese. Daher spielt der Umgang (Bewegung) des Pulvers keine Rolle, es zeichnet sich durch eine hohe Robustheit aus.
prozesstechnik-online.de/cav1112402

GranuDrum-Rheometer

2820890

Im Detail

GranuDrum ist ein Rheometer zur Bestimmung der rheologischen Eigenschaften (Rieselfähigkeit, Kohäsion im Material, Schüttwinkel, Auswirkung der Lockerung während der Messung) eines Pulvers, ohne jedoch das Fließen durch externe Werkzeuge wie Klingen oder Messer zu stören. Das zu analysierende Pulver ist komplett in der Messtrommel eingeschlossen. Darum ist der GranuDrum auch für die Untersuchung gefährlicher Pulver oder Granulate mit hoher Anfälligkeit gegenüber Sauerstoff einsetzbar. Die kleine Messtrommel kann unter einem Abzug oder in einem Handschuhkasten unter kontrollierter Atmosphäre befüllt werden, um Einflüsse durch Luftfeuchtigkeit oder Sauerstoff zu vermeiden. Es lassen sich unterschiedliche Probenmengen (von 60 bis 5 ml) in den unterschiedlich großen Trommeln untersuchen. Der GranuDrum ist mit beschichteten Gläsern ausgestattet. Das ermöglicht die Untersuchung vieler verschiedener Pulver mit Teilchengrößen vom Nano- bis zum Millimeterbereich, ohne dass sich während der Messung elektrostatische Aufladung bildet. Während der Messung kann der Bediener jederzeit sehen, was in der Trommel vor sich geht. Die Bestimmung der rheologischen Eigenschaften des Materials dauert nur ein paar Minuten.
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