In seiner chemischen Zusammensetzung entspricht Moldflon von ElringKlinger weitgehend herkömmlichem PTFE. Im Gegensatz dazu ist der Thermoplast jedoch schmelzverarbeitbar – ein ganz erheblicher Vorteil in punkto Wirtschaftlichkeit und Verarbeitbarkeit bei PTFE-Großserien. Neue Freiheitsgrade in der Formgebung mittels Spritzgießen ermöglichen die Realisierung aufwändiger, zerspanend bisher nicht oder nur schwer herstellbarer Bauteilegeometrien. Auch die Extrusion von Endlosprofilen, Fasern und Folien sowie Fertigung von Teilen nach dem Transfer-Moulding-Verfahren sind möglich.
Dr. M. Schlipf, DI (FH) T. Braun
Der nach wie vor wichtigste Vertreter der vollfluorierten Materialien ist Polytetrafluor-ethylen (PTFE), ein teilkristalliner Werkstoff aus Tetrafluorethylen (TFE) mit einer Schmelztemperatur von 327 °C. PTFE ist hochtemperaturbeständig, nahezu universell chemikalienbeständig, licht- und witterungsbeständig, hat sehr gute Gleiteigenschaften, ist antiadhäsiv, nicht brennbar und physiologisch unbedenklich. Aufgrund des sehr hohen Molekulargewichtes von bis zu 108 g/mol ist die Schmelzviskosität jedoch so hoch, dass eine Verarbeitung nur nach speziellen Press- und Sintertechniken (Suspension-PTFE) oder durch die sogenannte Pastenextrusion (Emulsions-PTFE) möglich ist.
Weiterentwicklung von PTFE
Durch Copolymerisation mit einer geringen Menge eines ebenfalls perfluorierten Modifiers, PPVE (Perfluorpropylvinylether), und Absenkung des Molekulargewichtes entsteht ein Produkt, das zwar noch nach den für PTFE üblichen Methoden verarbeitet wird, jedoch ein deutlich verbessertes Eigenschaftsprofil aufweist. Insbesondere der reduzierte Kaltfluss, die verringerte Permeation, das reduzierte Porenvolumen sowie der niederere Stretch-Void-Index (SVI) sind hier zu nennen. Zusätzlich konnten noch weitere Eigenschaften des Fluorthermoplasten PFA, etwa die Verschweißbarkeit, in die so genannte zweite PTFE-Generation, wie modifiziertes PTFE auch genannt wird, eingearbeitet werden.
Moldflon ist eine Fortführung dieser PTFE-Entwicklung. Dabei fanden Patente der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich Berücksichtigung. Entweder unter Anwendung der Methodik der zweiten PTFE-Generation oder durch weitere polymerchemische Maßnahmen, einzeln oder in Kombination, erhält man ein Produkt, das die bisher beschriebenen Eigenschaften mit der Möglichkeit der Thermoplastverarbeitung verbindet (Bild 1). Insbesondere eine hohe Wirtschaftlichkeit ist das Resultat dieser Symbiose. Diese wird erzielt durch:
- Maßgeschneiderte Formgebung
- Großserienproduktion
- Kurze Durchlaufzeiten
- Angussrecycling
- Schonender Ressourcenverbrauch
- Niedriger Betreuungsaufwand
- Hohe Prozesssicherheit/-stabilität
Abstriche, insbesondere hinsichtlich der Temperaturbeständigkeit und Dauergebrauchstemperatur, wie sie in der Vergangenheit bei einem Vorgehen dieser Art immer hingenommen werden mussten, sind nur noch in geringem Ausmaß vorhanden. Moldflon schließt daher eine Lücke in dem bisher bekannten Portfolio perfluorierter PTFE- und Fluorthermoplastprodukte.
Eigenschaftsprofil von Moldflon
Die Basisdaten listet die Tabelle auf. Des Weiteren zeichnen Moldflon Eigenschaften wie niedriger Kaltfluss und hohe Temperaturbeständigkeit aus. Der Polymeraufbau reduziert den Kaltfluss signifikant. Somit lassen sich geringere als die von modifizierten PTFE-Compounds bekannten Werte einstellen (Bild 2), ohne die dabei durch Füllstoffe bedingten Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Zu den so vermeidbaren füllstoffbedingten Nachteilen zählen Einschränkungen der Chemikalienbeständigkeit, der Zulassungsbereiche für Lebensmittel-, Sauerstoff- oder anderer kritischer Anwendungen und die Zunahme der Porosität. In Anwendungen mit tribologischer Beanspruchung hat die Erhöhung des Reibungskoeffizienten durch Füllstoffe negative Auswirkungen.
Hinsichtlich Chemikalienbeständigkeit, Antihafteigenschaften, Alterungsbeständigkeit und elektrischer Isolation steht Moldflon PTFE in nichts nach. Aufgrund dieses Eigenschaftsprofils eignet sich der Werkstoff speziell für Anwendungen mit hoher thermischer, chemischer, elektrischer oder mechanischer Beanspruchung. Bei mechanischer Beanspruchung kann Moldflon seine Vorteile insbesondere bei Druckbeaufschlagung ausnützen.
Die hohe Temperaturbeständigkeit von Moldflon (Bild 3) wurde bisher noch von keinem anderen, schmelzverarbeitbaren Fluorthermoplasten erreicht. Mit einer Schmelztemperatur von 315 °C bis weit über 320 °C hinaus setzt sich dieser Werkstoff von anderen vollfluorierten Fluorthermoplasten wie z.B. PFA, FEP oder MFA signifikant nach oben ab. Ausgehend von modifiziertem PTFE auf der einen Seite wird dadurch die Lücke zu PFA, MFA oder FEP andererseits weitestgehend überbrückt.
Fallstudien und Anwendungen
Natürlich lassen sich bei einer Werkstoffentwicklung wie dieser nicht alle Merkmale positiv weiterentwickeln; teilweise muss sogar ein Rückschritt in Kauf genommen werden. Bei Moldflon betrifft dies insbesondere die Biegewechseleigenschaften, die bei den hochschmelzenden Typen Defizite aufweisen. Für den Entwickler geht es nun darum, maßgeschneiderte Anwendungen zu definieren, die das komplette Leistungsspektrum eines Werkstoffes berücksichtigen.
Bild 4 zeigt die Anforderungsmatrix einer vorwiegend statisch belasteten Dichtungsanwendung. Hohe Anforderungen bestehen in Bezug auf Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit, elektrische Eigenschaften und die Deformation unter Last, den Kaltfluss. Man erkennt, dass herkömmliches PTFE einerseits den Kaltfluss-anforderungen nicht gerecht wird, während andererseits seine exzellenten Biegewechseleigenschaften nicht gefordert sind.
Aufbauend auf den reinen Materialkennwerten, lassen sich Systemlösungen unter Verwendung von Moldflon noch dadurch weiter optimieren, dass Besonderheiten des Thermoplast-Verarbeitungsprozesses gezielt zur Anwendung kommen. Im vorliegenden Fall können beispielsweise durch das Umspritzen von Einlegeteilen die intrinsischen Materialeigenschaften des neuen Werkstoffes in Bezug auf die Minimierung des Kaltflusses weiter verbessert werden. Eine Reduzierung der Produktionsschritte durch Einlegetechnik und die weitgehende Vermeidung von Abfall, wie er für die zerspanende Verarbeitung von PTFE typisch ist, sind zusätzliche Vorteile der Systemlösung.
Ausblick
Moldflon steht erst am Beginn seines Lebenszyklus, umfangreiche Arbeiten werden noch erforderlich sein, um eine komplette Produktfamilie zu entwickeln. Neben den Aspekten der verschiedenen Verarbeitungsprozesse müssen insbesondere die verschiedenartigen Anforderungsprofile der einzelnen Anwendungen berücksichtigt werden. Hierzu zählen die Entwicklung von elektrostatisch ableitfähigen Moldflon-Typen für Atex-Anwendungen und die Herstellung von maßgeschneiderten Compounds.
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