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Messen ohne pHrustration

Betriebsprobleme bei der pH-Messung und -Regelung vermeiden
Messen ohne pHrustration

Bei der Neutralisation von Prozesswasser kommt es immer wieder zu Problemen. Oft stimmen die Labordaten nicht mit den Werten der Online- Messung überein, und es vergeht mehr Zeit als geplant mit der Zugabe der Reagenzien. Die Ursachen sind unterschiedlich: Neben der Temperatur spielen häufig die schlechte Platzierung des Sensors oder eine zu geringe Nachlaufzeit bei der Messung eine Rolle.

Der Autor: Andreas Jung Produktmanager Rosemount Analytical, Emerson Process Management

Die Temperatur stellt eines der Hauptprobleme im Umgang mit pH-Sensoren dar, da die Gleichgewichtskonstante der Wasserdissoziation von ihr abhängt. Dies führt zu verschiedenen Effekten: Wird beispielsweise der pH-Wert im Labor und online im Prozess bei verschiedenen Temperaturen gemessen, stimmen die Messwerte nicht mehr überein. Wie hoch der Unterschied ist, hängt von der Zusammensetzung der Lösung und der Temperaturdifferenz ab. Ein kleines Beispiel: Ein Seifenhersteller versuchte eine Lösung von pH = 9 bei +60 °C zu neutralisieren, doch die Werte übersteuerten und wichen im Vergleich zu den gezogenen Proben ab. Bei +25 °C erforderte die Neutralisierung von 1000 l des Abwassers 10 ml Lösung. Bei +60 °C waren 100 ml erforderlich.
Die beste Lösung für solche Fälle ist, ein pH-Messgerät mit Temperaturkompensation zu benutzen, das die pH-Änderungen korrekt anzeigt. Hierzu gibt man gewöhnlich einfach den Temperaturkoeffizienten der zu messenden Lösung (pH-Änderung pro °C) in das Analysegerät ein. Ändert sich allerdings die Zusammensetzung des Messmediums, erfordert dies eine Anpassung des Temperaturkoeffizienten.
Ein weiteres Problem: Hohe Temperaturen können die Leistung des pH-Sensors deutlich mindern oder ihn sogar ganz zerstören. Die Folge: Der korrekte Installationspunkt muss genau geplant sein. So wird beispielsweise die pH-Messung in Industriekesseln in einem gekühlten, druckentlasteten Bypass durchgeführt, da die typischen Temperaturen eines Boilers den pH-Sensoren kräftig zusetzen würden. Außerdem erfordert die Messung in hoch reinem Kesselwasser spezielle Sensoren.
In der Bierproduktion wird die Phasengrenze zwischen Transportwasser und Bier normalerweise über eine elektrische Leitfähigkeitsmessung bestimmt. Allerdings produzieren einige Brauereien ein Bier, das in seiner Leitfähigkeit der des Wassers sehr nah ist. In solchen Fällen kann pH-Messung genutzt werden, um die Phasengrenze zu erkennen, da Bier einen deutlich anderen pH-Wert als Transportwasser oder CIP-Chemikalien besitzt. Das Problem hierbei: Der Sensor muss sowohl der heißen Würze als auch den heißen CIP-Medien widerstehen.
Sensoren stehen für fast jede Applikation zur Verfügung, allerdings ist es für die Anwender oft schwierig, den besten Sensor für die vorgegebene Anwendung zu finden. So arbeitet ein Sensor, der in Kesselwasser hervorragend funktioniert, nicht bei der Bierherstellung und würde wahrscheinlich in einem Schmutzwasserprozess mit Feststoffen schnell ausfallen.
Schwierigkeiten bei der Dosierung
Ein anderes Problem bei der Neutralisierung ist die Positionierung des pH-Sensors in großen Reaktionstanks. Ist er zu weit vom Dosierpunkt der Reagenzien entfernt angebracht, kann es lange Zeit dauern, bis der Sensor die pH-Änderung erkennt. Dies ist im Bereich des Neutralisationspunktes natürlich fatal, da die pH-Kurve hier sehr steil ist. Selbst geringe Reagenzienzugaben genügen hier, um den pH-Wert massiv zu ändern. Die Folge sind Übersteuerungen und Oszillationen, was zu einem übermäßigen Einsatz der notwendigen Reagenzien führt.
Verhindern lässt sich ein Überschwingen in einem Batchprozess mit einem Tank beispielsweise durch den Einsatz eines Timers. Er verzögert die Zufuhr von Reagenzien, damit die Prozessflüssigkeit genug Zeit hat, sich zu vermischen und zu reagieren.
Eine andere Möglichkeit ist in einem Ein-Tank-System der Einsatz von zwei verschieden großen Ventilen für die Zugabe der Reagenzien. Das größere Ventil erledigt zunächst die Grobarbeit. Wenn sich der pH-Wert dann dem Sollwert annähert, dosiert das kleinere Ventil die letzte Menge und erledigt die Feinarbeit.
Bei großen Mengen oder wenn der pH-Wert sehr stark variiert ist eine kontinuierliche Neutralisierung vorteilhaft. Allerdings macht es wenig Sinn, den pH-Wert in einem Rohr zu regeln, da das Reagenz sich oft nicht vernünftig mit der Prozessflüssigkeit vermischt. Reaktionstanks mit Rührern sind daher die bessere Möglichkeit, eine vollständige Vermischung und eine optimales Ergebnis zu erreichen.
Dabei reicht ein einzelner Reaktionstank, wenn die Menge der Prozessflüssigkeit eine Reaktionszeit von 3 bis 5 Minuten erlaubt. Wird diese Zeit überschritten oder wenn der pH-Wert um 3 bis 5 Stufen geändert werden soll, sind zwei Tanks erforderlich. Und drei Tanks sind notwendig, wenn eine Änderung von mehr als 5 pH-Stufen gewünscht ist. Jeder Tank sollte einen Rührer haben und idealerweise etwa 1 bis 3 Minuten Reaktionszeit erlauben.
Schlecht und schmutzig
Neben extremen Temperaturen, die den Glassensor zerstören können, sind Prozessflüssigkeiten, die die Sensorelemente verschmutzen oder vergiften, der größte Feind der pH-Sensoren. Emerson Process Management bietet auch hierfür geeignete Lösungen an.
Um Verschmutzungen zu entfernen, kann beispielsweise ein Jet-Spray-Reiniger am Sensor angebracht werden. Die pH-Elektroden TupH erreichen durch ihr Großflächendiaphragma längere Standzeiten. Um die Vergiftung der Referenzlösung zu vermeiden, können die Sensoren der Baureihe PerpHex mit einem hochviskosen Referenzgel, dem auf den Prozess abgestimmte Reagenzien beigemischt sind, und einer entsprechenden Membran ausgestattet werden.
In vielen biopharmazeutischen Prozessen ist eine Sterilisierung mit Dampf notwendig. Dabei werden pH-Sensoren hohen Temperaturen oder thermischen Schocks ausgesetzt. Der pH-Sensor 3800 besitzt – wie die meisten Rosemount-Sensoren – eine Glaselektrode aus der speziellen Glasmischung AccuGlass, die sich bei thermischem Stress bewährt hat.
In Anwendungen, in denen der pH-Sensor regelmäßig ausgebaut werden muss, können Wechselarmaturen zum Einsatz kommen, die das Entfernen des Sensors ohne Prozessunterbrechung aus dem Prozessstrom erlauben.
Arbeitet der Sensor?
Gebrochenes Glas und verschmutzte Sensoren verursachen eine fehlerhafte pH-Messung und verlängern die Reaktionszeit. Daher werden in vielen Anlagen die Sensoren zur Reinigung und Kalibrierung häufig ausgebaut – zu hohen Arbeitskosten und unter Prozessstillstand. Rosemount-pH-Sensoren dagegen ermöglichen mit ihrem integrierten neutralen Lösungspotenzial das Konzept der vorausschauenden Wartung. Ein Messumformer wie der Rosemount 5081-P mit Hart-Protokoll misst beispielsweise gleichzeitig die Impedanz von Glas- und Referenzelektrode, den Rohwert, den Widerstand des RTD, pH und Temperatur. Ein Glassensor besitzt normalerweise eine Impedanz von 50 bis 150 MOhm; ist er zerbrochen, fällt sie ab auf 0 bis 5 Ohm. Eine ähnliche Analyse der Impedanz der Referenz kann eine Verschmutzung des Sensors anzeigen. Asset Management Software wie AMS Suite kann Alarme über Glasbruch und Belagbildung ausgeben und einen Termin für die Instandhaltung festlegen. Auch der Analysator Modell 56 beherrscht diese wertvollen Diagnosefunktionen und bietet zusätzlich mit seinem Grafikdisplay dem Bedienpersonal vor Ort einen schnellen Überblick über den zeitlichen Verlauf des Messwertes.
Kabellos kann helfen
Wird an der Einleitungsstelle des gereinigten Abwassers eine pH-Messung von den Behörden verlangt, empfiehlt sich die Installation eines Wireless-pH-Messumformers. Das kabellose Gerät ermöglicht Einsparungen gegenüber der Entsendung eines Wartungsteams ins Feld und verringert außerdem den Verkabelungsaufwand. Emerson bietet für diese Anwendung das Modell 6081P, das gemäß dem WirelessHart-Protokoll die Messergebnisse zu einem Gateway funkt und ohne externe Spannungsversorgung arbeitet. Wird ein Wert pro Minute gesendet, so beträgt die Lebensdauer der Batterie mindestens fünf Jahre.
prozesstechnik-online.de/cav0913426
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