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Mineralisolierte Heizkabel unter der Lupe

Langzeitstudien bestätigen Leistungsfähigkeit
Mineralisolierte Heizkabel unter der Lupe

Bei Temperaturerhaltung und Erwärmung von Produkten in Rohrleitungen und Behältern oder Eisfreihaltung von Flächen verdrängen elektrische Beheizungs-systeme Dampf als Wärmeträger. Ursachen dafür sind die leichte Regelbarkeit, der geringe Wartungsaufwand und ein zuverlässiger Betrieb auch unter schwierigen Betriebsbedingungen.

Der Autor: John Verhoeven Heater Product Manager, Kamet Trading

Selbstbegrenzende Heizbänder und einadrige Heizleitungen auf der Basis von Festwiderständen sind die häufigsten Repräsentanten elektrischer Beheizungssysteme. Kunststoffe als Bestandteil des Heizelementes begrenzen jedoch die Betriebstemperatur auf 200 °C. PTFE-isolierte und -ummantelte Heizleitungen erscheinen als Alternative. Mit PTFE lassen sich Betriebstemperaturen bis ca. 230 °C erzielen. Die Leistungsausbeute mit höchstens 50 W/m ist ungleich besser als beim Heizband. In der Praxis können jedoch an Rohren Wärmeverlustleistungen von 600 W/m und mehr auftreten. In diesem Fall erzeugt die Installation von 12 Heizleitungen auf dem Rohrumfang einen erheblichen Aufwand. Zudem bleiben für Planer und Betreiber Mediumtemperaturen bis ca. 1000 °C nicht erfüllbar. Jenseits der 260 °C bedarf es anorganischer Werkstoffe wie Mineralien oder Metalle.
Aus dieser Überlegung heraus entstanden bereits in den 1940er-Jahren mineralisolierte Installationskabel, die bei Bränden die Funktionssicherheit elektrischer Installationen bis zu drei Stunden gewährleisten konnten. Sie bestanden aus einem massiven, metallischen Leiter mit einer Magnesiumoxidisolation und einem Metallaußenmantel. Zu den typischen Eigenschaften gehören hohe mechanische Festigkeit, hohe Temperaturbeständigkeit bis 1000 °C und Leistungsdichten bis zu 750 W/m.
Detaillierte Untersuchung
Obwohl mineralisolierte Heizkabel mittlerweile seit Jahrzehnten in industriellen Anlagen verwendet werden, finden sich bis heute kaum verlässliche und vollständige Daten aus Untersuchungen zur spezifischen Leistungsbelastung, der thermischen Belastbarkeit sowie der elektrischen Sicherheit bei höheren Betriebsspannungen in unterschiedlichen Netzformen.
Mit Forschungsaufträgen an unabhängige Institute in Deutschland wollte Kamet-Trading dazu beitragen, diese Wissenslücke wissenschaftlich belegt zu schließen. Die zur Untersuchung herangezogenen Heizkabelmuster stammen von der Firma Okasaki. Das Pflichtenheft dieser Prüfungen beinhaltete zwei Kernthemen:
  • Isolationswiderstand und Durchschlagfestigkeit mineralisolierter Heizkabel unter Temperatureinfluss
  • Leistungsbandbreite von mineralisolierten Heizkabeln bei unterschiedlichen Heizleiter- und Mantelmaterialien
Beide Aspekte sind Kernthemen bei der Auslegung von Heizsystemen zum Einsatz innerhalb von explosionsgefährdeten Anwendungsbereichen. Partielle und unkontrollierte Überhitzung führen zu unkontrollierten Betriebszuständen. Situationen die bei der Planung bereits verlässlich auszuschließen sind. Das Institut für Elektrotechnik und erneuerbare Energie sowie das Institut für Hochspannungstechnik an der Fachhochschule Köln erhielten 2011 den Auftrag für die Langzeitstudie zu diesen Themen.
Die Ergebnisse zeigten, dass der besondere Aufbau des Heizkabels aus anorganischen Stoffen erheblich mehr leisten kann als bisher am Markt dokumentiert. Geprüft wurden mineralisolierte Heizkabel mit klassischem Aufbau aus massiven Heizleiter, verdichtetem Magnesiumoxid und Metallaußenmantel. Die Heizleitermaterialien Kupfernickel und Chromnickel zeichnen sich durch einen niedrigen Temperaturwert aus. Mittels drei verschiedener Außenmantelmaterialien (Edelstähle: SS321/1.4541, SS825/2.4858 und Inconel 2.4816) sollte der Einfluss des Materials auf die Ergebnisse ermittelt werden. Vier Kabelabmessungen repräsentierten marktgängige Abmessungen.
Robuste Werkstoffpaarung
Die außergewöhnliche Werkstoffauswahl und Zusammensetzung kennzeichnen die Konstruktion mineralisolierter Heizkabel. Anorganische Werkstoffe bilden den Heizleiter, die elektrische Isolation sowie den Außenmantel. Der Heizleiter erzeugt auf Festwiderstandsbasis unabhängig von Umgebungseinflüssen eine konstante Wärme, deren Abgabe sehr differenziert mittels Temperaturregler dosierbar ist. Dies erlaubt enge Toleranzen des beheizten Mediums. Die Mineraloxidisolation leitet die Wärme und transferiert sie auf den metallischen Außenmantel. Bis zu 800 °C Betriebstemperatur und Heizleistungen bis 500 W/m sind Kennzeichen der untersuchten Leitungstypen. Sie besitzen zudem eine extreme Schlag- und Kerbfestigkeit sowie Formstabilität.
Magnesiumoxid weist eine starke Hygroskopie auf, die bei eindringendem Wasser blitzschnell zu einer leitfähigen Verbindung zwischen Heizleiter und Außenmantel führt. In der anschließenden Hochspannungsprüfung ist letzterer geerdet. Die Hochspannung zwischen Heizleiter und Mantel kann bei inhomogener Verteilung des Oxids zum Durchschlag führen. Die Forderung der IEC 60079–30–1 lautet deshalb: 1000 V + 2 x UN, bei Heizkabeln der Spannungsreihe U0/U gleich 750/450 V, also 2500 V Wechselspannung.
Selbst das im Durchmesser kleinste Heizkabel bestand mit seiner Isolationsschicht von 1,0 mm diese Prüfung bei 60 s Prüfdauer. Eine steigende Temperatur führt je 100 K mit Faktor 10–1 zu einem Verlust an Isolierfähigkeit. Doch lagen die Isolationswiderstände, gemessen mit 2500 V bei 800 °C noch wesentlich über 500 Mq. Voraussetzung ist eine trockene Isolierschicht. Bei Raumtemperatur waren sogar bis zu 2,9 TqΩ nachweisbar. Unterschiedliche Mantelmaterialien besitzen keinen Einfluss auf das zuvor dargestellte Verhalten.
Belastungsfähigkeit der Heizkabel
Im zweiten Schritt richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Ermittlung der Leistungskonzentration auf dem Außenmantel und dem damit verbundenen Temperaturniveau. Alle mineralisolierten Heizkabel besitzen hier natürliche Grenzen. Edelstähle wie SS321 (1.4541) und SS825 (2.4858) sind für 600 °C im Dauerbetrieb spezifiziert. Inconel 600 bzw. 2.4816 ermöglicht 800 °C. Zwei verschiedene Prüfaufbauten sollten unabhängig voneinander den Nachweis über die Belastungsfähigkeit der Heizkabel erbringen.
Prüfaufbau 1 folgte den Vorgaben in der IEC 60079–30–1 (Hot-Plate-Test). Dabei werden Heizleitungen auf einer Metalloberfläche montiert. Temperatursensoren messen im Laufe der kontinuierlichen Leistungserhöhung die Temperaturen der Metalloberfläche und der Oberfläche des Heizkabels. Die Vergleichsprüfung in einem langen Glaszylinder ist der Prüfung der Manteltemperatur nach dem Systemansatz vergleichbar, beide Vorgaben aus Abschnitt 5.1.13.2 ff der genannten IEC-Richtlinie, Ausgabe Entwurf 2012–5.
Ein Stelltransformator produzierte mit veränderlicher Betriebsspannung die Leistungswerte von Null beginnend bis zur Grenztemperatur an den vier Prüflingen je Kabeldurchmesser. Mit Erreichen der Grenztemperatur wurde die Prüfung jeweils beendet (Maximalwert der Belastung). Bei der wissenschaftlichen Auswertung der Messwerte ergaben sich überraschende und gleichzeitig unerwartete Ergebnisse.
Die Auswertung der beiden Diagramme zeigt deutlich die Abhängigkeit der höchstzulässigen Heizleistung bzw. die Oberflächenbelastung des Heizkabels von der Mantelfläche. Beim ausgewählten Heizkabel mit 3,2 mm Durchmesser und 20420 mm² Oberfläche je Meter Heizkabel erreicht diese 384 W/m (0,038 W/mm²). Das Heizkabel mit 6,5 mm zeigt bei 501 W/m eine Leistungsdichte von 0,0245 W/mm². Die Auswertungen der Messergebnisse über den marktgängigen Widerstandbereich von 100 bis 10 000 Ω/km weisen nach, dass die Belastbarkeit in einem festen Verhältnis zur Oberfläche des Heizkabels steht. Hieraus abgeleitet wurde deutlich, dass sich mineralisolierte Heizkabel bei Kenntnis der ermittelten Belastungswerte wesentlich höher belasten lassen als bisher angenommen und derzeit praktiziert.
Dies eröffnet neue Möglichkeiten der Verwendung in der Praxis. Aufgrund der Beschaffenheit unterliegen die Heizkabel auch keiner Alterung. Der Temperaturunterschied zwischen Heizleiteroberfläche und Außenmantel beträgt bei Durchmessern <4 mm ca. 25 bis 30 K, bei Abmessungen >4 mm ca. 15 bis 20 K. Dies ermöglicht gegenüber kunststoffisolierten Heizleitungen, die Werte bis zu 80 K aufweisen, die exakte und enge Anpassung der Heizleistung an den Wärmeverlust der Anwendung. In Kombination mit einem Temperaturregler lassen sich sehr enge Temperaturtoleranzen einhalten und auch sehr temperatursensitive Medien heizen, sowie genaue Angaben zu Heizkabeltemperaturen in Grenzbetrieb (Ex-Bereich) definieren.
prozesstechnik-online.de/cav1213422
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