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Mit Wärme kühlen

Energiesparendes Konzept auf Basis von Absorptionskälteanlagen
Mit Wärme kühlen

Überhitzte Räume zu kühlen gelingt in bestehenden Gebäuden häufig nur durch Kompressionskältemaschinen mit hohem Energieverbrauch. Eine interessante Alternative stellen die modernen Absorptions- kälteanlagen von Baelz dar, die deutlich kleiner und leichter sind als konventionelle Aggregate. Sie sind für nachträglichen Einbau geeignet und durch die thermische Kälteerzeugung mit Lithiumbromid und Wasser auch vergleichsweise umweltfreundlich.

Autoren Prof. Uwe Bälz Technischer Berater, Baelz Dr. Renate Kilpper Marketing, Baelz

Die Kühlung von Gebäuden und Räumen wird auch für uns in Mitteleuropa immer wichtiger. Nicht nur der Klimawandel, der wärmere Sommertage und immer häufiger Hitzewellen bringt, erfordert dies, sondern auch die heutige lichtdurchlässige Bauweise mit sehr viel Glas. Ganz besonders der technische Fortschritt mit modernen Rechenzentren, Telefonanlagen, Serverräumen, Produktionshallen und vielem mehr steigern die interne Wärmelast.
Deutschland hat im Vergleich zu vielen anderen Ländern bei der Kühlung noch großen Nachholbedarf, weil bei uns die natürliche Lüftung mit kühler Außenluft, vor allem bei Nacht, lange Zeit genügte. In einer Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes wird eine Steigerung des Kühlungsbedarfs von 25 % bei Wohngebäuden und 50 % bei Nichtwohngebäuden in den nächsten 20 Jahren geschätzt. Dabei ist der Kühlbedarf für Nichtwohngebäude um ca. 100-mal höher als für Wohngebäude.
Energieeinsparung beim Kühlen
Kompressionskältemaschinen, die den größten Anteil an Kühlungsapparaten haben, verbrauchen enorme Mengen an Strom und das meist zu Spitzenlastzeiten. Eine Alternative bieten Absorptionskältemaschinen. Sie verbrauchen eine vernachlässigbare Menge an Strom, können mit einem CO2-freien Kältemittel (Wasser) betrieben werden und produzieren Kälte durch Wärme. Geräte, die mit Überschusswärme betrieben werden können, sind hier Favoriten. Das ist besonders im Sommer interessant, wenn überschüssige Wärme aus Müllverbrennungs- und Blockheizwerken sowie Fernwärme und Solarwärme vorhanden sind, aber nicht benötigt werden. Vorhandene KWK-Kapazitäten können besser ausgenutzt werden und die Kraftwerke rentabler betrieben werden, wenn die anfallende Wärme Abnehmer findet. Ganzjährig vorhandene Überschusswärme wie die Prozesswärme hat meistens jedoch keine allzu hohen Temperaturen. Kühlanlagen, die Wärme auf niedrigem Temperaturniveau nutzen können, sind daher besonders gefragt. Ein solches Gerät ist die Absorptionskälteanlage (AKA) von Baelz. Hier dient das ungiftige Stoffpaar Lithiumbromid/Wasser der Kälteerzeugung. Die bei Kompressionskältemaschinen auftretende Problematik umwelt- und gesundheitsschädlicher gasförmiger Kältemittel fällt weg. Ein weiterer Vorteil ist, dass die AKA im Gegensatz zu Kompressionskältemaschinen praktisch lautlos laufen.
Biene und Hummel
Die Herstellung und Weiterentwicklung der Absorptionskältemaschine bei BS Nova, einer Tochtergesellschaft von Baelz, die dabei eng mit der TU Berlin, der AGFW, dem BTGA und der TU Dresden sowie dem Bayerischen Zentrum für angewandte Energieforschung zusammenarbeitet und die Anlagen in einem Demonstrationsprojekt bundesweit in 15 Installationen einsetzt, begann mit der Konzeption eines Gerätes für den mittleren Leistungsbedarf von ca. 50 kW und einem etwas größeren mit ca. 160 kW. Die Anlage sollte möglichst klein sein, damit sie auch für nachträglichen Einbau in schon bestehende Gebäude geeignet ist. Gewicht und Türgängigkeit waren ebenfalls zu berücksichtigen. Diese mittleren Leistungsbereiche gab es bis dahin auf dem Markt praktisch nicht. Es entstand eine kompakte Anlage mit vergleichsweise geringem Gewicht, die keine Schwierigkeiten beim Transport macht. Die wesentlich geringere Menge an Kälte- und Lösemittel im Vergleich zu anderen Geräten spart außer Gewicht auch Kosten. Angeboten wird die Anlage in zwei unterschiedlichen Größen, genannt Biene und Hummel. Die Namen beziehen sich zum einen auf die Farbgebung und zum anderen auf die unterschiedliche Größe. Teilmodulare Bauweise erlaubt dank der Neuentwicklung der Absorptionskältemaschinen mit 50 bzw. 160 kW einen Leistungsbereich von ca. 50 bis 320 kW. Das Konzept von Biene und Hummel auf eine 500-kW-Anlage (die Hornisse) zu erweitern, wird zurzeit geprüft.
Resultate der Forschungsphase
Während mehrjähriger Feldtests kommen 25 Anlagen zum Einsatz. Sie werden genau beobachtet und die Ergebnisse erfasst. Es zeigt sich, dass besonders beim Einsatz der AKA in Fernwärmenetzen stark variierende Volumenströme im Temperaturbereich von 55 bis 100 °C zu berücksichtigen sind. Diese sehr unterschiedlichen Voraussetzungen können von den modernen AKAs genutzt werden. Als eine sehr günstige Eigenschaft der AKAs zeigte sich ihre Fähigkeit in der lastabhängigen Fahrweise, sowohl mit unterschiedlichsten Temperaturen als auch unterschiedlichsten Volumenströmen umzugehen. Eine Volumenstromminderung kann bei Teillast für die Rücklauftemperatur ins Fernwärmenetz günstig sein. Auch die Temperaturspreizung im Antriebskreis von Biene und Hummel kann groß gewählt werden, und es können Kaltwassertemperaturen bis 5 °C erreicht werden. Bei der Kälteleistung im Verhältnis zur aufgewendeten Energie (COP) ergaben sich bei den Anlagen im Feldtest sehr gute Werte von bis zu 0,8.
Bei Integration von Biene und Hummel in vorhandene Nutzungsstrukturen, aber auch im Sanierungsfall und im Neubau können die Geräte nicht nur als Kälteanlage, sondern auch als Wärmepumpe verwendet werden, wobei sie bis zu 60 °C Nutzwärme zur Verfügung stellen können. Die Rückkühlungstemperaturen, deren oberes Limit in dieser Technologie bisher bei 35 bis 40 °C lag, konnten durch Reduzierung von Wärmebrücken und Optimierung der Wärmeübertrager bis auf ca. 50 °C erhöht werden. Das wiederum ermöglicht den Einsatz von trockenen Rückkühlwerken.
Einbau einer Hummel in der Praxis
Ein aktuelles Beispiel für die Anwendung einer Baelz-AKA ist ihr Einsatz bei den Stadtwerken Gießen. Hier wurde eine Anlage im mittleren Leistungsbereich benötigt, während die marktüblichen meist im Bereich von 300 bis 500 kW lagen und entsprechend groß und schwer waren. Sie wären nicht in die bestehenden Gebäude zu integrieren gewesen, hatten hohe Anforderungen an die Rückkühlung und waren auch zu teuer. Die Entscheidung der Stadtwerke Gießen fiel daher zugunsten der Baelz-AKA, die auch durch besonders niedrige Heißwassertemperaturen angetrieben werden kann. Die Stadtwerke brauchten eine neue Kühlanlage für ein Bürogebäude, zwei Rechenzentren und eine Telefonanlage. Die bisherige Kühlung mit Trinkwasser über Plattenwärmeübertrager reichte nicht mehr aus. Zu kühlen waren insgesamt 68 kW. Um auch für Spitzenlast ausreichend Kapazität zu haben, fiel die Wahl auf eine Hummel, die auch 75 bis 100 kW leisten kann. Interessant war außer dem niedrigen Leistungsbereich der sehr gute COP-Faktor von 0,73 (Teillast bei ca. 30 %). Die Wärme, die von BHKWs erzeugt wird und mit der die AKA betrieben wird, kommt aus dem Fernwärmenetz. Der Heißwasserein- bzw. -austritt liegt normalerweise bei 80 °C/60 °C. Ein trockener Rückkühler kühlt im Sommer die Restwärme der AKA und im Winter nach Abschaltung der AKA direkt die entsprechenden Räume. Im Winter kühlt die Außenluft einen Plattenwärmeübertrager. Ein weiterer Faktor, der für die AKA spricht, ist ihre schnelle Reaktionszeit. Bei plötzlichem Temperaturanstieg steigert sich die Anlage in weniger als 10 Minuten von 25 auf 100 % Leistung. So kann eine sich sehr rasch erhöhende Raumtemperatur schnell wieder herunter gekühlt werden.
Kühlen in Industriebetrieben
Die chemische Industrie gehört mit ihrem enormen Verbrauch an Prozesswärme zu den größten Energieverbrauchern in Deutschland. Sie benötigt etwa 12,5 % der gesamten Primärenergie des Landes. Bei Produktionsanlagen, besonders bei Industrieöfen fallen dort entsprechend große Mengen an Abwärme an. Letztere finden sich beispielsweise bei der Produktion von Kunststoffen, Verbundwerkstoffen und zahlreichen anderen Stoffen, bei denen eine Wärmebehandlung notwendig ist. Aus wirtschaftlichen Gründen, aber auch hinsichtlich Umwelt und Image, nehmen in den letzten Jahren die Anstrengungen zur Nutzung von Abwärme zu. Es gibt schon vermehrt Anlagen zur Gewinnung von Strom, was jedoch erst ab einer Temperatur von 120 bzw. 140 °C möglich ist. Die Abwärmemengen unterhalb dieser Temperaturen sind jedoch ebenfalls beträchtlich und fallen auch in anderen Industrien an. Beispiele sind Abwässer aus Wasch-, Färbe- und Kühlungsprozessen, Motoren, Abluft aus Produktionshallen, Absauganlagen oder Kühlanlagen. Es gibt daher diverse weitere Techniken, um die sonst verschwendete Energie nutzbar zu machen. Ein Beispiel ist, die Temperatur von Abwärme über Wärmepumpen so zu erhöhen, dass sie in Fernwärmenetze oder Nahwärmenetze eingespeist werden können, eine vergleichsweise energieintensive Methode. Über Wärmetauscher wird mancherorts Abwärme auch in zu erwärmende Medien geführt. Immer noch wird jedoch nur ein sehr kleiner Teil des nutzbaren Abwärmepotenzials sowohl in großen als auch in kleineren und mittleren Unternehmen tatsächlich genutzt. Die Gründe dafür sind häufig die fehlende zeitliche Übereinstimmung von Wärmebedarf und Angebot, räumliche Hindernisse, Zweifel an der Rentabilität, Bedenken hinsichtlich der Produktionssicherheit usw. Häufig fehlt es jedoch auch an der Information über die technischen Möglichkeiten von Wärmenutzung. Im Hinblick auf steigende Energiepreise sollte jedoch der Chance, auf diese Weise Energie einzusparen, mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht werden. Die AKA, die Wärme bereits ab 55 °C nutzen kann, könnte auch in der Industrie bei der Wärmerückgewinnung sehr viel Energie einsparen. Im Sommer, wenn keine Wärme für Heizung und Warmwasser benötigt wird, sondern die Kühlung von Büroräumen, Produktionshallen, Serverräumen, Abwässern und vielem mehr interessant ist, können die AKAs aus zahlreichen Wärmequellen Kälte produzieren.
Halle 8.0, Stand D94
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