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Im Ernstfall betriebsbereit

Vollautomatisierte Ventilanlauftests erhöhen die Anlagensicherheit
Im Ernstfall betriebsbereit

Die Betreiber prozesstechnischer Anlagen stehen im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Wirtschaftlichkeit, denn der Anlagenbetrieb darf Mensch, Umwelt und Produktionseinrichtung nicht gefährden. Andererseits erfordern ökonomische Zwänge einen durchgehenden Betrieb. Der Partial-Stroke-Test bietet eine Methodik, die beiden Forderungen Rechnung trägt. Eine Implementierung des Verfahrens in das universelle Leitsystem Simatic PCS7 ermöglicht es, Prüfintervalle für Schutzeinrichtungen zu verlängern.

Dipl.-Ing. (FH) Volker Hirsch

Applikationen, Stoffe oder Reaktionen, die besondere Aufmerksamkeit erfordern, sind in der chemischen und pharmazeutischen Industrie häufig vorhanden. Jede Störung eines regulären Prozessablaufs könnte fatale Folgen haben und muss daher möglichst vermieden werden. Die IEC 61511 dient als Richtlinie für die Planung, Realisierung und das Betreiben von sicherheitstechnischen Systemen (Safety Instrumented System – SIS) in prozesstechnischen Anlagen. Diese Systeme bestehen aus Sensoren, Steuerungen und entsprechenden Stellgliedern/Aktoren. Sie führen den Prozess in einen sicheren Zustand, falls definierte Grenzwerte verletzt werden. Die Durchführung der Funktionsprüfung eines SIS ist immer mit organisatorischem Aufwand und mit einer Beeinträchtigung der Produktion verbunden. Die Forderung, die Prüfzyklen zu verlängern ohne den Sicherheitsaspekt zu vernachlässigen, steht damit im Gleichklang mit den immer höheren Anforderungen an Produktionszeiten und reduziertem Wartungsaufwand. Standards wie IEC 61511/IEC 61508 eröffnen Möglichkeiten die Prüfintervalle zu flexibilisieren, ohne dabei die sicherheitsbezogene Verfügbarkeit der PLT-Schutzeinrichtung zu verringern. Dieses Thema wird auch durch die Namur mit der NE 106 „Prüfintervalle von PLT-Schutzeinrichtungen“ behandelt.
Da Ausfallwahrscheinlichkeiten im Anforderungsfall (Probability of Failure on Demand – PFD) für Steuerungen und I/O-Module im Bereich größer als 10 Jahren liegen, müssen diese nicht manuell geprüft werden. Die Fehlererkennung bei Sensoren kann durch redundantes Systemdesign erhöht und somit die PFD reduziert werden. Entscheidend ist das Verhalten der Stellglieder (Aktoren) im Ernstfall, wenn diese aus einer Endlage heraus bewegt werden. Ein typisches Beispiel hierfür sind Absperrventile (Bild 1), die im Fehlerfall ein Austreten von gefährlichen Substanzen verhindern sollen. Der Partial-Stroke-Test (PST), auch Ventilanlauftest genannt, ist ein Testverfahren, bei dem geprüft wird, ob ein Stellgerät für eine Sicher-Schließen-Anforderung auf einen Testimpuls hin seine Offen-Position verlässt. Die Armatur wird bei laufender Anlage typischerweise um ca. 10 bis 15 % bewegt, dadurch wird der Betrieb der Anlage nicht beeinträchtigt, die Beweglichkeit der Armatur wird aber bewiesen. Damit lassen sich einige Fehlerursachen wie das Festfressen in der Endlage aufdecken. Andere Fehler, wie undichtes Schließen im Sitz, können jedoch nicht erfasst werden (siehe Tabelle). Um die Armatur kontrolliert zu verfahren, wird zusätzlich ein Stellungsregler an die Armatur angebracht. Durch diese zusätzlich Überprüfung der Aktoren, lassen sich die Prüfintervalle für einen vollständigen Test (Full Stroke Test – FST) verlängern (Bild 2).
In das System integriert
Einige Hersteller bieten intelligente Stellungsregler mit erweiterten Funktionen oder spezielle Stellungsregler, um einen Partial-Stroke-Test lokal auszuführen. Der Test lässt sich meist manuell, zeitabhängig oder über ein externes Signal starten. Sollten Probleme beim Test festgestellt werden, wird dies signalisiert und das Wartungspersonal kann anschließend die Diagnosedaten aus den Stellungsreglern auslesen. Siemens bietet neben dem PST mit dem Stellungsregler Sipart PS2 die integrierte Partial-Stroke-Test-Funktionalität für das Sicherheitssystem Simatic S7–400FH. Dazu wird für das Schutzsystem S7–400FH eine vorkonfigurierte Logik für die Durchführung des Partial-Stroke-Tests sowie des optionalen Magnetventil-Tests geliefert. Darin enthalten ist auch die Alarmierung und die Rückmeldung über die Ventilfunktion. Der dazugehörige Bildbaustein für das Bedienerinterface PCS7 OS gibt einen schnellen Überblick über Status/Alarme, ermöglicht den Zugang zu Konfigurationsparametern, liefert den Status des letzten Partial-Stroke-Tests und verfügt über eine Kommandoschnittstelle für den Start oder Abbruch des Tests. Die relevanten Analogwerte (Sollwert/Istwert) sowie die Meldungen bzw. Alarme werden archiviert. Mit dem Reportvorschlag können die Tests automatisch protokolliert werden. Eine Übersicht über den PST mit S7–400FH und PCS7 ist in Bild 3 dargestellt.
Testablauf in zwei Schritten
Der manuelle, automatische oder nach Aufforderung startbare Test besteht aus zwei Schritten. Im ersten Schritt, dem eigentlichen Ventilanlauftest, wird eine Sicherheitsabsperreinrichtung aus der Voll-Offen-Stellung (Betriebsstellung) über den zusätzlich angebrachten Stellungsregler vom Sicherheitssystem S7–400FH auf einen definierten Sollwert gefahren. Der Sollwert ist so zu wählen, dass in diesem Zustand keine signifikante Auswirkung auf den Prozessablauf vorhanden ist. Der Schließvorgang muss den Sollwert einschließlich der eingestellten Hysterese innerhalb der eingestellten Testzeit erreichen. Ist dies nicht der Fall, wird der Test negativ bewertet, und ein Alarm im Leitsystem gemeldet. Daraufhin ist eine manuelle Prüfung der entsprechenden Sicherheitsabsperreinrichtung notwendig. Nach Ablauf der Testzeit, erfolgt ein Aufsteuern der Sicherheitsabsperreinrichtung zurück in die Voll-Offen-Stellung (Betriebsstellung).
Ist im ersten Schritt das Stellglied und der Antrieb der Sicherheitsabsperreinrichtung erfolgreich getestet worden, kann optional im zweiten Schritt die zugehörige Steuereinrichtung, das Magnetventil, getestet werden. Hierzu wird verzögert das Magnetventil kurzzeitig abgeschaltet. Dabei muss eine eingestellte Wegänderung an der Sicherheitsabsperreinrichtung innerhalb der eingestellten Überwachungszeit erkannt werden. Ist der Test nicht erfolgreich, wird ein Alarm im Leitsystem ausgelöst. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Magnetventil nicht funktionsfähig ist, da die anderen Komponenten der Sicherheitsabsperreinrichtung vorher getestet wurden. Eine manuelle Kontrolle des Steuerventils ist dann erforderlich. Nach dem Test kann automatisch ein Protokoll erstellt werden. Der zusätzlich an der Sicherheitsabsperreinrichtung anzubringende Stellungsregler darf die Schließfunktion im Fehlerfall nicht beeinflussen, d. h. das Steuerventil zur Entlüftung des pneumatischen Stellantriebs muss in Fließrichtung hinter dem Stellungsregler in die Steuerluftleitung eingebaut werden. Der Partial Stroke Test kann unabhängig vom Typ des Stellungsregler ausgeführt werden.
Die Integration von Testverfahren für Ventile in die leittechnische Installation vereinfacht die Durchführung sicherheitsgerichteter Tests. Die Automatisierung des Ablaufs einschließlich der umfassenden Dokumentation des Verlaufes mündet in eine Steigerung der Qualität bei gleichzeitiger Reduktion der Kosten.
Halle 9, Stand A72
cav 401

Mehr zur Partial-Stroke-Test-Anwendungslösung
Namur NE 106
Hannover Messe 2007
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