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MES unter der Lupe

Vorteile und Nutzen beim Einsatz von Betriebsführungssystemen in der Prozessindustrie
MES unter der Lupe

Kürzere Lieferzeiten und abnehmende Losgrößen, gepaart mit Kostendruck und Qualitätsanforderungen, zwingen produzierende Unternehmen zur einer immer engeren Verzahnung von Produktionsplanung und -durchführung. Dazu dienen Betriebsführungssysteme (MES). Sie verbinden die Planungsebene und die Durchführungsebene. Aus der Fertigungsindustrie sind sie schon nicht mehr wegzudenken. Zunehmend treten diese Anforderungen auch in der chemischen oder der pharmazeutischen Produktion zutage. Die Umsetzung erfolgt jedoch zur Zeit noch etwas zögerlich.

Die Betriebe der Prozessindustrie sehen sich durch die Veränderungen an den Märkten gezwungen, ihre Geschäftsabläufe weiter zu automatisieren und damit transparent und dokumentierbar zu gestalten. Erst dadurch können Herstellhistorie und Qualitätseigenschaften von Produkten zurückverfolgt werden. „Dieser Trend wird sich fortsetzen und damit wird der Einsatz von MES zwingend notwendig“, erklärt Hans-Dieter Rulla, Produktmanager MES-Lösungen bei ABB Automation. Ein Grund für das langsame Vordringen von MES-Lösungen in der Prozessindustrie ist sicher auch die Tatsache, dass diese Lösungen Integrationsprojekte sind und meist extrem kundenspezifisch. Betriebliche Planungsziele und Funktionen müssen genauso sorgfältig beachtet werden wie existierende Infrastruktur. Dies erfordert ein sehr breites Spektrum an technischem Detailwissen.

Leistungen eines MES
Anwendungsorientiert strukturierte MES-Lösungen optimieren Produktionsabläufe u.a. durch:
  • Online-Umsetzung der Produktionsplanung bei gleichzeitiger Reduzierung fehleranfälliger manueller Abläufe
  • hohe Termintreue
  • bessere Flexibilität bei Planungsänderungen
  • Online-Bestandsführung und Materialverfolgung, Minimierung von Beständen und Durchlaufzeiten
  • erhöhte Maschinenauslastung
Vor allem die regulierten Industrien profitieren von der Einführung eines MES, aber auch andere Prozesse eignen sich für die MES-Anwendungen. Erster Ansatzpunkt für übergeordnete MES-Lösungen sind Batch- oder Semi-Batch-Prozesse. Besteht die Produktionsanlage aus miteinander vernetzten Fertigungsinseln, die einerseits entkoppelt voneinander betrieben werden sollen, andererseits aber die Produktdurchläufe der Inseln synchronisiert werden müssen, so ist dies ein klassischer Fall für den Einsatz eines MES.
Auswahlkriterien
Bei der Auswahl des geeigneten MES spielen unterschiedliche Kriterien eine wichtige Rolle. Zunächst muss die Frage geklärt werden, ob die Prozesse automatisiert sind und welche Typen von Automatisierungssystemen oder Geräten im Einsatz sind. Bei den Anforderungen an ein MES und dessen Funktionalitäten bestehen ganz wesentliche Unterschiede, je nachdem, ob der Prozess lediglich mit einem Steuerungssystem (SPS), einem Leitsystem (PLS) mit integriertem Batch-System oder nur mit Einzelgeräten ausgerüstet ist. Die Systeme müssen in jedem Fall mit dem MES verbunden werden. Hier stehen an erster Stelle standardisierte Schnittstellen wie OPC und Profibus zur Verfügung. Leider existieren solche Standards noch nicht in anwendbarer Form für Batch-Systeme. Hier muss auf proprietäre Schnittstellen zugegriffen werden, wodurch sich logischerweise die Auswahl bei den MES-Produkten begrenzt. Die Verwendung eines Batch-Systems bietet aber auch eindeutige Vorteile, da die übergeordnete Automatisierungsintelligenz nun nicht allein im MES vorliegen muss. Der eigensichere Betrieb eines Prozesses kann meist nur so sichergestellt werden. Die Schnittstellenproblematik ist aber nur eine Seite der Medaille. Die Daten müssen auch verarbeitet werden. Hier lässt sich eine ganze Palette von Anforderungen an ein MES aufzählen. Einige Beispiele sind:
  • konfigurierbare Ablaufsteuerung ähnlich einem Batch-System, um Synchronisationsabläufe zu ermöglichen, aber auch um Anweisungssysteme mit Leben zu erfüllen
  • lokale Lager- und Materialverwaltung, geeignet um die Lagerstruktur in der Anlage detailgenau nachzubilden
  • Feinplanungswerkzeuge, mit deren Hilfe auch Hilfsprozesse wie Reinigung oder Auswahl von Transportwegen in Rohrleitungssystemen bewältigt werden können
  • LIMS-Anbindung mit direkter Rückkopplung in die Prozesssteuerung.
Durchgängige Systeme sind in der Chemie- und Pharmaindustrie bislang wenig verbreitet. Für Rulla ist diese Entwicklung historisch bedingt, da die Anlagen in der Chemie- und Pharmaindustrie als die klassischen PLS-Anwendungen schlechthin zu betrachten sind. Die heutigen Prozessleitsysteme, besonders wenn in ihnen auch noch Batch-Systeme integriert sind, bieten einen hohen Standard für die Automatisierung. Dies ist in der Stückgutfertigung so nicht der Fall. Hier war man schon immer gezwungen MES-Lösungen einzusetzen, da die hier üblichen Subsysteme eine weitaus geringere Funktionalität aufweisen. Mittlerweile geht jedoch auch die Chemie- und Pharmaindustrie einen Schritt weiter und betrachtet die einzelne Produktionsanlage im Verbund mit Zulieferern und Kunden. Diese existieren aber nicht nur extern, eine Vorproduktion ist ebenso interner Lieferant wie eine nachfolgende Verarbeitung interner Kunde sein kann. Durch diesen Trend wird eine informationstechnische Anbindung der Produktionsanlagen an die Warenwirtschaft erforderlich. Diese Diskussion ist nun aber nicht neu, sondern wird bereits seit einigen Jahren geführt, jedoch war die Anzahl der tatsächlichen Projekte bislang eher gering. „Wir befinden uns derzeit im Umschwung, d.h. die Nachfrage der Anwender nimmt deutlich zu und damit auch die Bereitschaft der Lieferanten, in die Entwicklung von MES zu investieren“, so der ABB-Experte.
Integration mit ERP
Weitere Entwicklungen werden auf jeden Fall in Richtung Integration mit den Enterprise Ressource Planning(ERP)-Systemen, allen voran natürlich SAP, voranschreiten, dessen ist sich Rulla sicher. Nicht alle Betriebe werden auf den SAP-Zug aufspringen, nicht selten sind auch proprietäre Lösungen anzutreffen. Für die PLS-Hersteller bedeutet dies, dass flexible Werkzeuge nötig sind, mit deren Hilfe sowohl die Kommunikation zu dem ERP als auch die Modellierung der Geschäftsprozesse, die zwischen ERP und PLS erforderlich sind, in den Griff zu bekommen sind. Hier existieren bereits einige Lösungen wie Microsoft BizTalk Server, IBM WebSphere oder SAP NetWeaver. Allen gemein ist, dass das Erlernen des Umgangs mit diesen Werkzeugen ein Full-Time-Job ist. Deshalb müssen sich die Integratoren auf ein System konzentrieren, um die erforderlichen Ressourcen im wirtschaftlichen Rahmen zu halten.
Daneben setzt natürlich auch eine Entwicklung von Seiten der ERP-Anbieter ein, die Module entwickeln, die auch Teile der Betriebsführung übernehmen können. Speziell mit R/3 ist der Anwender in der Lage, Geschäftsprozesse und Anlagenstrukturen detailliert zu modellieren. Aus dieser Sicht ist das ERP eine Konkurrenz zum MES. Ist aber eine Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit gefragt, wird die Sache kritischer, gleiches gilt für die Reaktionsgeschwindigkeit. Hier haben die MES klare Vorteile. Ein anderer Aspekt ergibt sich, wenn das ERP unternehmensweit, d.h. für mehrere Produktionsanlagen und Standorte eingesetzt wird. Sollen z. B. in der Planung Entscheidungen getroffen werden können, ob eine bestimmte Charge lieber in Ludwigshafen oder besser in Antwerpen produziert werden soll, so ist es wenig ratsam, die Detailmodellierung der beteiligten Anlagen im ERP zu hinterlegen. Stattdessen modelliert man eine anwendungsgerechte Lösung im ERP für die einzelnen Produktionsanlagen im Verbund generisch und stellt die erforderlichen Detailmodellierungen vor Ort, an den einzelnen Anlagen mit Hilfe von MES zur Verfügung.
Fremdsysteme einbinden
Die meisten PLS-Hersteller bieten auch MES oder MES-ähnliche Systemerweiterungen an. Rulla warnt jedoch, dass nicht überall darauf geachtet wird, auch Fremdsysteme mit einbinden zu können. Dafür gäbe es unterschiedliche Gründe, möglicherweise soll dem Wettbewerb der Einstieg ins „eigene Haus“ erschwert werden. Die Kehrseite ist aber, dass man sich so auch ausgrenzt für den Verbund mit existierender Infrastruktur. ABB bietet seinen Kunden eine konsequente Migrationsstrategie. „Das heißt, unser MES ist zur einen Seite auf die speziellen Anforderungen der Automatisierungssysteme von ABB zugeschnitten, andererseits tragen wir dem Integrationsgedanken Rechnung, indem wir Standard-Schnittstellen anbieten, mit dessen Hilfe auch Systeme anderer Hersteller in das MES eingebunden werden können.“
cav 474

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