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Prozessautomatisierung für China

Dienstleister entwickelt Lösung nach deutschen Standards
Prozessautomatisierung für China

Immer mehr deutsche Unternehmen sehen in der Volksrepublik China einen attraktiven Markt. Dennoch schrecken sie vor einer eigenen Produktion in China zurück. Zu groß sind die Unterschiede in Sprache, Kultur oder auch in der technischen Herangehensweise. Für den, der diesen Markt dennoch nicht verpassen will, bietet sich die Kooperation mit einem Dienstleister an. Ralph Rösberg, geschäftsführender Gesellschafter der Rösberg Engineering GmbH, sprach mit cav über seine Erfahrungen, Schwierigkeiten und Erfolgsgeschichten aus der Volksrepublik.

cav: Ihr Vater, Manfred Rösberg, hat die Rösberg Engineering GmbH 1962 gegründet. Heute unterstützen Sie Anlagenplaner in der Prozessindustrie nicht nur in Deutschland. Sie haben seit einigen Jahren zum Beispiel auch etliche Projekte in China realisiert. Wie kam es dazu?

Rösberg: Rösberg bietet umfassende Automations- und IT-Dienstleistungen für die gesamte Prozessindustrie. Erste Kontakte nach China gab es bereits 1985. Mein Vater reiste mit einer Wirtschaftsdelegation des damaligen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs Lothar Späth. Zu dieser Zeit erschienen uns die sprachlichen und kulturellen Barrieren aber noch eine Nummer zu groß. Als sich China Anfang der 90er-Jahre dann zu öffnen begann, wurde das Land für uns aber zunehmend interessanter, zumal wir bereits in Indien mit unserem PLT-CAE-System Prodok stark vertreten waren. 1997 haben wir erstmals in China an Messen teilgenommen und fingen an, die Kontakte zu unserem Partner in Dalian aufzubauen. Sehr früh schon haben wir Ingenieure unseres chinesischen Partners hier in Deutschland geschult und gemeinsam an Projekten gearbeitet. 2004 wurde dann das Joint Venture Rösberg Engineering Dalian (China) Co., Ltd. gegründet. Das Unternehmen sollte den Vertrieb von Prodok und Prodok-nahen Dienstleistungen vorantreiben und zugleich konnten wir so Engineering-Dienstleistungen in China anbieten.
cav: Welchen Herausforderungen muss man sich stellen, wenn man in China Anlagen für die Prozessindustrie plant?
Rösberg: Obwohl wir verschiedenste Projekte realisiert haben, gibt es doch einige Herausforderungen auf die man immer wieder stößt. Zum Beispiel unterscheiden sich Koordination und Projektmanagement stark davon, wie man typischerweise in Deutschland vorgeht. Gleichzeitig ist das Ingenieur-Know-how der Mitarbeiter vor Ort auf einem anderen Level. Dadurch kann es passieren, dass Lösungen geschaffen werden, die zwar aus technischer Sicht funktionieren aus wirtschaftlicher Sicht aber unnötig teuer sind. Weil wir es zudem immer mit individuellen Lösungen zu tun haben, gibt es keine Vorlagen, von denen man einfach kopieren könnte. Kreatives ingenieurmäßiges Denken ist gefragt, eine Art zu denken, die unter chinesischen Ingenieuren noch nicht so weit verbreitet ist. Hier haben unsere chinesischen Mitarbeiter in verschiedenen Projekten und Schulungen über die Jahre jede Menge Know-how gesammelt.
cav: Welchen Einfluss hat die Verständigung vor Ort?
Rösberg: Natürlich ist die Sprachbarriere alles andere als unerheblich. Arbeitet man mit einem Übersetzer, ist man voll von diesem abhängig. Das erfordert schon ein gewisses Grundvertrauen. Weil wir mit unseren chinesischen Mitarbeitern schon so lange zusammenarbeiten, weiß ich aber aus Erfahrung, dass das, was ich sage, auch richtig am anderen Ende ankommt. Problematisch ist auch das West-Ost-Gefälle Chinas, das sich nicht nur in der Bevölkerungsdichte und im Lebensstandard, sondern auch in der Bildung bemerkbar macht. Grob kann man sagen: Je weiter im Westen Chinas ein Projekt realisiert werden soll, desto schwerer wird es, an gut ausgebildetes Personal zu kommen.
cav: Wie sehen die Abläufe aus, wenn Sie deutsche Unternehmen beim Anlagenbau in China unterstützen?
Rösberg: Wenn deutsche Unternehmen eine Anlage in China bauen wollen, beginnt die Planung gewöhnlich in Deutschland. Zugleich sind aber Absprachen mit chinesischen Partnern notwendig. Zum Projektstart kommen bei uns daher ein oder, wenn nötig, mehrere chinesische Mitarbeiter an einen unserer Standorte nach Deutschland. Das reduziert die Reisekosten. Gleichzeitig sind unsere chinesischen Kollegen von Anfang an ins Projekt eingebunden, also von Erstellung des Pflichtenhefts über das Detail-Engineering für die Prozesstechnik, den Aufbau der Systemschränke sowie der Konfiguration des Prozessleitsystems bis hin zur Inbetriebnahmeunterstützung und Schulung von Mitarbeitern vor Ort. Gewöhnlich führen wir in einem solchen Projekt die Werksabnahme der Automatisierungslösung in unserer Niederlassung in Dalian durch. Die fertige Lösung wird dann transportsicher verpackt. Vor Ort muss sie nur noch angeschlossen werden und das System läuft. Der Anwender kann also sicher sein, eine Lösung nach deutschen Standards zu erhalten.
cav: Nennen Sie uns Beispiele von typischen Projekten, die Sie bislang realisiert haben?
Rösberg: Ein typisches Projekt haben wir für die RheinPerChemie für deren Persulfatproduktion in Luzhou realisiert. Das Unternehmen wollte in China eine Anlage zur Produktion von Waschmittelzusätzen aufbauen, ähnlich einer bereits bestehenden Anlage in Rheinfelden. Weil wir bereits dort gut zusammengearbeitet hatten, wurden wir auch mit der Automatisierungslösung für die chinesische Anlage beauftragt. Wir haben sehr früh im Projekt zwei unserer chinesischen Mitarbeiter nach Karlsruhe geholt, wo sie sehr eng mit unseren deutschen Kollegen und unserem Auftraggeber zusammenarbeiten konnten. Die Werksabnahme haben wir dann in Karlsruhe gemacht, danach die Automatisierungslösung verschifft und vor Ort angeschlossen. Alle anderen Komponenten der Anlage wie z.B. die Rohrleitungen wurden direkt vor Ort geplant und installiert.
Ein anderes Beispiel findet sich bei der Siemens Turbomachinery Equipment, die an den Standorten Frankenthal und Leipzig Dampfturbinen, Verdichter und Ventilatoren herstellt. Hier haben wir schon in mehreren Projekten die Steuerungstechnik und Visualisierung für Verdichter und Kompressoren realisiert, die dann nach China geliefert wurden. Auch hier wurde die Steuerung in Deutschland abgenommen und anschließend standen unsere Mitarbeiter in China unterstützend zur Seite.
cav: Haben Sie vor, Ihre China-Aktivitäten künftig weiter auszubauen?
Rösberg: Bei der vorhin beschriebenen Persulfatanlage hat uns der Auftraggeber im Nachhinein bestätigt, dass die Automatisierungslösung das Einzige war, was in dieser Anlage auf Anhieb funktionierte. Das sind natürlich Erfolgsgeschichten, die man jederzeit wiederholen kann. Wir zielen dabei vor allem auf kleine und mittelständische Unternehmen, die eine Produktionsanlage in China aufbauen wollen, die aber keine oder nur wenig Erfahrungen mit Projekten in diesem Land haben. Zudem haben wir auch schon erfolgreich mit deutschen Firmen zusammengearbeitet, die bereits vor Ort sind und weitere Anlagen aufbauen wollen. Auch in solchen Projekten wollen wir künftig gern vermehrt unser Know-how einbringen. Die in den Projekten gesammelte Erfahrung hat uns zudem nicht nur gelehrt, wie wir in China Projekte optimal abwickeln können, inzwischen kennen wir auch vor Ort weitere Firmen, mit denen wir in der Zusammenarbeit positive Erfahrungen gemacht haben. Wenn wir also in China mit weiteren Partnern zusammenarbeiten müssen, wissen wir wen wir ansprechen können.
cav: Bieten Sie neben Ihren Dienstleistungen auch spezielle Produkte für den chinesischen Markt?
Rösberg: Ja. Wir haben die chinesische Partnerschaft unter anderem begonnen, um den Vertrieb unseres Computer Aided Engineering Systems für die Prozessleittechnik Prodok voranzutreiben. Mittlerweile bieten wir nicht nur diese Software, sondern auch das elektronische Dokumentationssystem Livedok jeweils in einer chinesischen Version an. Gerade auch für die digitale Anlagendokumentation gibt es großen Bedarf. Die Fluktuation von Mitarbeitern ist in China sehr hoch. Damit mit den Mitarbeitern nicht auch das Firmen-Know-how verloren geht, ist eine Dokumentation ausgesprochen wichtig, die sehr einfach konsequent auf dem aktuellen Stand gehalten werden kann. Das Verständnis dafür wächst gerade mehr und mehr und somit auch der Bedarf.
cav: Vielen Dank für das Gespräch.
Online-Info www.cav.de/1209403
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