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Bis zu 1000 Ansichten des Leitsystems auf eine Konsole aufschaltbar

Europas modernste Raffinerieleitwarte nimmt erfolgreich den Betrieb auf
Bis zu 1000 Ansichten des Leitsystems auf eine Konsole aufschaltbar

Jährlich verarbeitet die PCK Raffinerie GmbH etwa 12 Mio. t Rohöl zu Mineralöl- und petrochemischen Produkten. Bis 2016 wurden alle Produktionsanlagen über eine zentrale Messwarte aus dem Jahr 1993 überwacht und gesteuert, die im Laufe der Zeit jedoch zu klein geworden war. Daher entschieden sich die Verantwortlichen, sie durch einen hochmodernen, etwa 1000 m2 großen Kontrollraum zu ersetzen und ließen dafür in-house ein auf die speziellen Anforderungen des Unternehmens abgestimmtes Konzept erarbeiten.

Das Feintuning und die Umsetzung der neuen Leitwarte der PCK Raffierie GmbH in Schwedt erfolgte in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern; so wurde beispielsweise die Jungmann Systemtechnik mit der Inneneinrichtung und technischen Ausstattung betraut. Der Leitwartenexperte installierte neben sechs Fahrständen mit insgesamt 25 Bedienplätzen und 78 Monitoren auch Großbildwände mit 100 Displays, die proaktiv für die Steuerung der Anlagen eingesetzt werden

„PCK bemüht sich bereits seit den 1990ern um eine Zentralisierung der Messwarten. Damals haben wir elf Satellitenwarten im bisherigen alten zentralen Kontrollraum zusammengefasst. Jetzt gehen wir gerade den nächsten Schritt, indem wir diese Warte durch eine neue, modernere ablösen. Sie wird im Laufe der nächsten drei Jahre sukzessive die Aufgaben von vier weiteren Satelliten übernehmen“, erläutert Thomas Taube, Bereichsingenieur Instandhaltungsservice und Projektkoordinator bei PCK. Aktuell gibt es im Unternehmen noch insgesamt sieben Messwarten – einschließlich des neuen 1000 m2 großen Hauptkontrollraums, das Herzstück der Raffinerie. Hier wird die gesamte Prozesskette überwacht und gesteuert – vom Eingang des Rohöls mittels Pipeline aus Russland über die Schritte in den Produktionsanlagen bis hin zum auszuliefernden Fertigprodukt. Die Messwarte besteht aus sechs Fahrständen, die durch entspiegelte Glaswände akustisch voneinander getrennt und für den regulären Betrieb mit jeweils drei Bedienplätzen sowie einem Reservebedienplatz ausgestattet sind. Ist die gesamte Messwarte voll besetzt, arbeiten dort insgesamt 24 Mitarbeiter. Da PCK im 4-Schicht-Betrieb operiert, kommen somit regulär – inklusive Reservepersonal – 125 Anlagenfahrer zum Einsatz. Das wird voraussichtlich im Mai 2019 der Fall sein, wenn alle sechs Fahrstände voll besetzt sind.

Mit Partnern umgesetzt

Das Konzept für diese zentrale Messwarte hat PCK selbst erarbeitet und anschließend zusammen mit Partnern umgesetzt. „Wir hatten beispielsweise von Anfang an eine recht klare Vorstellung darüber, wie die Steuerung der Produktionsanlagen zukünftig erfolgen sollte“, so Taube. „Die grundlegende Anforderung war, dass die Anlagenbedienung über die Großbildwand realisiert wird, und zwar in Kombination mit kleineren Monitoren.“ Auf der Suche nach einer passenden Lösung wurde eine ausführliche Recherche und Marktanalyse durchgeführt. Nach der ausführlichen Erprobung eines Testarbeitsplatzes entschied sich PCK für eine ganzheitliche Lösung von Jungmann Systemtechnik (JST). Dazu zählen unter anderem Grundrisskonzeption, Möblierung, Großbildsysteme sowie Multiconsoling-Hard- und -Software.

Künstlicher Himmel

Die Leitwarteneinrichtung von JST befindet sich nun in einem neuen, fensterlosen Bunkergebäude, für das 3200 m3 Beton sowie 520 t Stahl verbaut wurden und das druck- sowie explosionsgeschützt ist. Da in diesem Zusammenhang auf Fenster im Kontrollraum verzichtet werden musste, wurde stattdessen der „Virtual Sky“ installiert – eine 105-m2-Lichtdecke, die PCK zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO Stuttgart entwickelt hat. Sie simuliert den Himmel zur jeweiligen Tages- und Nachtzeit, sorgt also für ein angenehmes Arbeitsklima.

Hohe Flexibilität

Außerdem war für uns wesentlich, dass wir die Verfügbarkeit der Prozesstechnik erhöhen konnten und bei der Nutzung des Leitsystems eine hohe Flexibilität erreichen“, so Taube. „Das Ziel war es ja auch, dass möglichst von jedem Platz aus auf jede Stelle in den Anlagen zugegriffen werden kann.“ Neben der Prozessleittechnik ist dafür vor allem eine von JST entwickelte Hard- und Software zur Steuerung von Arbeitsplätzen und Großbildsystemen verantwortlich: Multiconsoling korreliert Monitore, das heißt, der Anlagenfahrer holt sich immer die Anzeige auf einen der eigenen Bildschirme, die er gerade braucht. An einem Arbeitsplatz können auf diese Weise bis zu 1000 verschiedene Prozessbilder aufgeschaltet werden. So ließ sich die Anzahl der Monitore am Arbeitsplatz reduzieren. Gleichzeitig konnte die Visualisierungsfläche, über die eine Anlage wahrgenommen werden kann, insgesamt verfünffacht werden.

Zudem lassen sich die unterschiedlichen Sichten pro Arbeitsplatz mit jeweils einer Tastatur und Maus bedienen. „Früher hatten wir pro Arbeitsplatz vier Tastaturen und sind zwischen ihnen immer hin und hergerutscht“, so Taube. Das war nicht nur ineffizient und unbequem, der Messwartenfahrer hatte auch nicht sofort einen Überblick darüber, zu welchem Monitor das jeweilige Gerät gehörte – eine potenzielle Fehlerquelle, die nun entfällt. Dazu trägt auch das Mousehopping, eine weitere Bedienfunktion des Multiconsolings, bei: Der Operator kann den Cursor mit der Maus zum Beispiel über alle Bildschirme an seinem Arbeitsplatz sowie hoch auf die Monitorwand ziehen. Insgesamt ermöglicht dieses besondere Fahrstandkonzept eine Bedienübersicht über alle wesentlichen Vorgänge in der Anlage.

Großbildwände in Anlagensteuerung eingebunden

Voraussetzung für die optimierte Steuerung der Prozessgrafiken war, dass PCK jeweils ein Übersichtsbild über den einzelnen Bedienbereich erstellt und diese drei Ansichten auf die Großbildwand gelegt hat, sodass sich in Kombination eine Gesamtübersicht ergibt. „In der Praxis wird in der oberen Displayreihe der Großbildwände im Regelfall immer die Übersicht des jeweiligen Bedienbereichs angezeigt“, erklärt Taube. „Damit hat man sofort im Blick, was in der Anlage gerade passiert, wo es eine Störung gibt beziehungsweise wo ein Eingreifen notwendig ist.“ Die primäre Anlagenbedienung erfolgt meist über die unteren Monitore der Großbildwand. Das heißt, im Gegensatz zur oberen Reihe steht hier der spezielle Anlagenbereich im Fokus, an dem aktuell gearbeitet wird.

Auf die Monitore am Messwartenpult sind meistens Detaildarstellungen oder Alarmfolgen aufgeschaltet. Geht ein Alarm ein, unterstützt den Messwartenfahrer eine spezielle Beleuchtung der Leitwartenarbeitsplätze und Großbildwände, die die akustische Warnung ergänzt: Es handelt sich um das AlarmLight von JST, das sich vom Monitoringsystem ansteuern lässt und bei einer eingehenden Fehlermeldung blinken oder die Farbe wechseln kann.

Vollredundanz erreicht

Die gesamte Lösung in der Schwedter Raffinerie ist darauf ausgelegt, auch in kritischen Fällen eine sichere Anlagensteuerung zu gewährleisten: Bei PCK ist das Multiconsoling-System in einer hohen Ausbaustufe im Einsatz, das heißt mit einer Vollredundanz. Die Multiconsoling-Anlagen sind pro Fahrstand so ausgelegt, dass beim Ausfall einer Systembaugruppe in wenigen Sekunden ein zweites Cluster deren Funktionen mit übernimmt. Dieses ist im Hot Standby, läuft also jederzeit parallel mit. „Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass alle vier Bedienplätze eines Fahrstands in einem System zusammenlaufen. Es ist daher entscheidend, dass diese Komponente ausfallsicher ist. Würde sie versagen, wäre der gesamte Leitstand blind, die Operatoren hätten keine Informationen mehr über die Anlage“, erläutert Taube. „Daher war es für uns eine grundlegende Anforderung, dass dieses Herzstück zu 100 % redundant ist.“

Zusätzlich sind für alle Signalquellen und -ausgänge – also sowohl für jede Bedienstation aus dem Prozessleitsystem als auch für jeden Monitor, der etwas ausgeben muss – redundante Ein- und Ausgänge vorhanden. Jeder Monitor ist immer doppelt mit der Komplettanlage verbunden. Wenn ein Kanal ausfällt, passiert nichts. Die redundanten Körper sorgen dafür, dass die Kommunikation weitestgehend aufrechterhalten wird. Darüber hinaus wurde auch die allem übergeordnete Ebene, also das Komplettsystem, mit einem vollständigen Redundanzsystem ausgelegt. So bietet die Leitstelle maximale Sicherheit.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: cav1018jungmann

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