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Mit künstlicher Intelligenz Datenwirrwarr die Stirn bieten

Intelligent Process Automation steigert die Effizienz in der chemischen Industrie
Mit KI Datenwirrwarr die Stirn bieten

Intelligent Process Automation (IPA) verbindet Automatisierungssoftware mit künstlicher Intelligenz (KI). Der Vorteil gegenüber Robotic Process Automation (RPA) liegt in der Erweiterung durch eine intelligente, kognitive Komponente. So lassen sich auch komplexere und auf unstrukturierten Daten basierte Prozesse für die Automatisierung erschließen.

Gerade in der Chemieindustrie sind Datenschnittstellen zwischen Kunde, Lieferant, Dienstleister und Hersteller nicht vollständig digitalisiert. Oftmals gibt es keine übergreifenden Standards, die definieren, wie Daten und Informationen strukturiert über Unternehmensgrenzen hinweg übertragen werden. Daher werden die meisten Informationen über E-Mail, PDF oder Telefon übertragen, wodurch sie nicht automatisiert ausgelesen, verarbeitet und abgespeichert werden können. Dennoch kommt Intelligent Process Automation (IPA) bisher eher selten zum Einsatz, während Robotic Process Automation (RPA) sich in vielen Unternehmen etablieren konnte. Die Softwareroboter sind in der Lage, jegliche Programme anzusteuern, die innerhalb eines Prozesses zum Einsatz kommen. Die Schwäche besteht aber darin, dass die RPA-Bots nur mit bestimmten Formaten zurechtkommen. Inhalte einer Textverarbeitungsdatei oder Tabellenkalkulation werden von RPA problemlos bearbeitet. Liegen die Informationen jedoch als PDF oder Scan vor, ist der RPA-Bot zunächst überfordert.

Unterschiedliche Bezeichnungen

Beispielsweise werden Preisanfragen in der Chemieindustrie häufig per E-Mail gestellt. Dabei wird selten direkt die entsprechende Produkt- oder Artikelnummer des Herstellers verwendet. Die Produkte haben unterschiedliche Bezeichnungen, die alle den gleichen Inhalt beschreiben, wie Handelsname, Markenname oder chemischer Name (Kurz- oder Langform). Der RPA-Roboter ist nicht in der Lage, solche Anfragen zu verarbeiten, da er nicht das richtige Produkt identifizieren kann.

Um eine solche Aufgabe meistern zu können, ist es notwendig, RPA mit weiteren Technologien zu verbinden. Durch die Kombination mit optischer Zeichenerkennung (OCR) und Natural Language Processing sowie Machine Learning erschließen sich deutlich mehr Abläufe der Automatisierung, und manuelle Prozesseingriffe werden minimiert. So lassen sich weitere Prozessvarianten automatisieren, wodurch die Prozesskosten reduziert und Belastungsspitzen abgefedert werden können.

Auftragsabwicklung beschleunigen

Intelligent Process Automation verbindet an dieser Stelle Automatisierungssoftware mit künstlicher Intelligenz (KI). Die Auftragserfassung und -nachverfolgung kann beschleunigt werden, indem E-Mails automatisch mithilfe von KI gelesen, verstanden und in spezifische Syntax-Felder übersetzt werden, sodass der Software-Roboter den Auftrag anschließend autark in SAP oder andere ERP-Systeme anlegen und anstoßen kann. Falls der Transport nicht bereits automatisiert vom System angelegt wird, kann IPA hier ebenfalls unterstützen.

Neben der klassischen Auftragsannahme und Abwicklung trägt IPA einen großen Beitrag zur Verbesserung und Einhaltung des Kunden-Service-Levels bei. Kurzfristige Kundenanfragen wie die Änderung des Lieferdatums oder des Lieferortes, Preis-Aktualisierungen, Mengenänderungen oder weitere Anfragen werden automatisiert aufgenommen, geprüft und abgewickelt. Anschließend kann der Kunde entsprechend informiert werden.

Auch beim Rechnungseingang gerät RPA an Grenzen. Rechnungen kommen meist als PDF-Datei in einem unterschiedlichen Layout an. Wichtige Informationen wie Auftragsnummer, Bestellnummer, Rechnungsnummer, Artikelbezeichnung, Menge, Rechnungshöhe, Stammdaten des Lieferanten stehen an unterschiedlichen Stellen im Dokument oder sind unterschiedlich formatiert. RPA ist nicht in der Lage, das Rechnungslayout zu erkennen und zu interpretieren, sondern jeder Rechnungstyp und jedes Rechnungslayout muss anhand von  Regeln definiert, erkannt und abgearbeitet werden. Darüber hinaus führen zukünftige Änderungen in den Rechnungen im Layout dazu, dass RPA diese nicht weiter verarbeiten kann. IPA unterstützt an dieser Stelle: Der Roboter kann trainiert werden, um entsprechende Informationen zu erkennen oder neue Begrifflichkeiten zu lernen und somit die automatisierte Bearbeitung des Rechnungseingangs zu übernehmen.

IPA kommt ebenfalls zum Einsatz, um Datensätze aus den unterschiedlichsten Systemen zusammenzutragen. Dadurch sind KI-getriebene Analysen möglich, die dazu beitragen, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Abhängig von der Anzahl der Kunden und Aufträge können Kundenabwanderungsquoten (Customer Churn Rates), wiederkehrende Aufträge (Recurring Orders), Absatz-, Umsatz- und Preisvorhersagen (Forecasts) erstellt werden. Diese Prognosen und Analysen sind die Basis, um das operative Geschäft weiter zu optimieren und fungieren als Entscheidungsgrundlage für weitere IPA-gestützte Abläufe. Letztlich steht dahinter das Ziel, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, die Kundenbindung zu steigern und Warnsignale aus dem Markt frühzeitig wahrzunehmen, um rechtzeitig geeignete Maßnahmen ergreifen zu können.

Sprung in die Produktion

Der Sprung von RPA in die operativen Bereiche scheiterte in der Vergangenheit insbesondere an drei Herausforderungen:

  • viele Prozessausnahmeregelungen
  • nicht digitalisierte/strukturierte Daten
  • geringe Fallzahlen

Dadurch gelang es oft, nur Teilprozesse zu automatisieren, wobei der Automatisierungsgrad häufig unter 50 % lag. IPA hingegen kann einen großen Beitrag zur Steigerung der Prozesseffizienz leisten und eröffnet darüber hinaus neue Möglichkeiten, den Kunden-Service-Level zu erhöhen. Dennoch zeigt sich in der Praxis, dass nicht einmal die Hälfte aller IPA-Projekte auch in die Produktion gehen. Woran liegt das?

Einer der Hauptfaktoren ist: Das Management und die Entscheider im Projektteam sind sich vorab nicht über die elementaren Unterschiede eines IPA-Projekts im Vergleich zu anderen IT-Projekten bewusst. Häufig fehlen Erfahrungswerte im Team, um Unterschiede ableiten zu können.

Während ein RPA-Roboter immer zu 100 % den Prozess durchläuft, der ihm beigebracht wurde, weist ein IPA-Roboter hingegen nur eine „Accuracy“ von beispielsweise 80 % auf. Die restlichen 20 % müssen manuell nachgearbeitet werden, da der IPA-Roboter z. B. bestimmte Daten aus unstrukturiertem Text zunächst ebenfalls nicht verarbeiten kann. Durch Machine-Learning-Algorithmen ist der Bot in der Lage, durch Training mehr und mehr zu verstehen. Geht die Projektleitung mit der Erwartung heran, die Automatisierung erst in Betrieb zu nehmen, wenn annähernd 100 % Genauigkeit durch ausreichendes Training erreicht sind, so führt dies zu starken Verzögerungen und häufig zum Projektabbruch. Dies gilt insbesondere für IPA-Projekte im Bereich Kundenservice, da eine negative Auswirkung auf die Kundenzufriedenheit bei nicht voll funktionierender Automatisierung befürchtet wird.

Erfolgreicher Einsatz von IPA

Leadvise Reply ist spezialisiert auf Managementberatungen für die Herausforderungen der Digitalisierung in Branchen wie Chemi- und Pharmaindustrie. Das Beratungsunternehmen unterstützt beim Einsatz von Robotic Process Automation genauso wie bei Intelligent Process Automation. Der Fokus liegt dabei auf einer ganzheitlichen End-to-End-Prozesstransformation. Die folgende Aufgabenliste von Leadvise Reply zeigt, wie die relevanten Bereiche Business, IT und Betrieb zum erfolgreichen Einsatz von IPA in der Chemiebranche beitragen können:

  • Business: Klare Evaluation der Potenziale und erweiterte Dokumentation der Prozessschritte unter Berücksichtigung der Datenströme, Beschaffung der notwendigen KI-Fähigkeiten und Vergleich der jeweiligen Lizenzmodelle und Anbieter, Berücksichtigung von Änderungen am bestehenden Set-up des Automation Service Centers/Center of Excellence, Definition und Abstimmung von Kriterien zur Inbetriebnahme des IPA-Roboters.
  • IT: Definition der initialen und zukünftigen, skalierbaren IT-Infrastruktur, Erfassung des notwendigen Wartungs- und Pflegeaufwands
  • Betrieb: Berücksichtigung und Umsetzung von Richtlinien zur Datenspeicherung (Cloud versus On-Premises) und Definition notwendiger Service-Level-Agreements, Einführung von Prozessen zur regelmäßigen Überprüfung des bestehenden Set-ups inklusive regelmäßiger Überprüfung der Regeln zur Handhabung von Prozess-Ausnahmen

Diese Liste macht auch deutlich, dass die Einführung von IPA eine unternehmensweite Herausforderung ist. Dabei zeigt sich immer wieder, dass die erfolgreiche Umsetzung weniger von technischen Faktoren als von menschlichen abhängt. Entscheidend ist, dass alle Stakeholder und involvierten Akteure mit realistischen Erwartungen an die Sache herangehen und dass die Einführung einer robotischen Intelligenz in bisher rein von menschlichen Kollegen beherrschte Prozessketten als Change-Prozess begriffen und begleitet wird. Dann aber profitieren die Mitarbeiter von deutlicher Entlastung von weitgehend routinemäßigen Aufgaben und Unternehmen von deutlichen Steigerungen der Prozesseffizienz und letztlich von höherer Kundenzufriedenheit.

Leadvise Reply GmbH, Frankfurt am Main


Autorin: Sarah Lewandowski,

Manager,

Leadvise Reply


Autor: Alexander Beeck

Manager,

Leadvise Reply

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