Für viele chemische Prozesse, insbesondere auch solche mit aggressiven oder stark verunreinigten Medien, hat Endress+Hauser mit dem neuen Messsystem TopCal S eine Lösung geschaffen, um pH-Werte kontinuierlich zu messen und die Messung automatisch zu überwachen und zu kalibrieren. Ein gutes Beispiel hierfür ist die pH-Messung zur Produktion von Melaminharzen.
Axel Tischendorf
Bei der Herstellung von Harzen spielt der pH-Wert eine entscheidende Rolle. Die konstant hohe und zudem gleichbleibende Qualität eines Harzes wird durch eine kontinuierliche pH-Messung entscheidend bestimmt. Dies stellt für die pH-Elektrode und die Prozessadaption eine große Herausforderung dar, da die aggressiven Inhaltsstoffe bei der Kunstharzproduktion die Elektrodenstandzeit extrem verkürzen. Die stark adhäsive Wirkung von Harzen verklebt zudem rein mechanisch die Elektrode und die Prozessadaption.
Endress+Hauser hat mit dem vollautomatischen pH-Messsystem TopCal S und einer auf diese Messaufgabe zugeschnittenen Prozessanbindung die kontinuierliche pH-Messung in Harzen realisiert. Die Standzeit erhöht sich mit diesem System um ein Vielfaches, das Verkleben der Prozessadaption und der Elektrode wird zuverlässig verhindert.
Kunstharzproduktion
Die Produktion von Melamin-Kunstharzen besteht aus mehreren Stufen. Dabei wird im ersten Reaktor – Volumen meist ca. 50 m3 – das Vorprodukt aus Formalin, Harnstoff und herstellerspezifischen Additiven nach einer festen Rezeptur angesetzt. Der pH-Wert ist während dieses Prozessschritts bei 70 bis 80 °C die prozessführende Größe und somit entscheidend für die Qualität des Produktes. Bei Erreichen eines bestimmten pH-Wertes kann das Reaktionsprodukt dann weiterverarbeitet werden.
Qualitätsschwankungen des eingesetzten Harnstoffes setzen eine sehr genaue Dosierung von Natronlauge zur exakten pH-Wert-Einstellung voraus. Je nach Rezeptur werden verschiedene pH-Werte angestrebt. Weicht der pH-Wert allerdings nur um ±0,15 ab, beginnt das Produkt auszugelieren. Der gesamte Ansatz kann dann nicht mehr weiterverarbeitet werden. Die entstehenden Kosten beziehen sich dabei nicht allein auf das nicht mehr verkaufsfähige Produkt, sondern auch auf den hohen Rohstoffverlust mit Transportkosten, die aufwendige Reinigung der Tanks und den Terminverzug wegen begrenzter Anlagenkapazität.
Beispiellösung
Die österreichische Dynea, vormals Krems Chemie, hat diese Schwierigkeiten bei der Harzproduktion mit dem vollautomatischen pH-Messsystem TopCal S gelöst. Das inline-pH-Messsystem ermöglicht dabei die kontinuierliche pH-Messung während der Dosierung, die Reinigung und das Wässern der Elektrode nach Gebrauch für eine möglichst hohe Standzeit, eine hochgenaue automatische Kalibrierung um das geringe Toleranzband einzuhalten und die flexible Anbindung an das bestehende Prozessleitsystem.
Das Herz der Messwertaufnahme ist die Glaselektrode. Die Auswahl fiel auf die CeraLiquid P CPS 41, die Prozesselektrode mit pH-sensitivem Glas für hohe Temperaturen und einem flüssiggefüllten Referenzsystem. Eine längere Testphase hat zum wiederholten Mal bestätigt, dass die Elektrode einerseits durch die hervorragenden Glaseigenschaften und andererseits das spezielle Referenzsystem eine sehr lange Standzeit erreicht. Dies verbindet sich mit einer äußerst geringen Drift und einer schnellen Ansprechzeit. Die KCl-Nachfuhr des Referenzsystems ist sehr stabil über die Zeit, da das eingesetzte Diaphragma durch chemischen Angriff nahezu nicht verändert wird.
Um die Elektrode zum Schutz vor dem aggressiven Messmedium, zum Reinigen und zum Kalibrieren automatisch aus dem Prozess zu fahren, wurde die Prozesswechselarmatur CleanFit H CPA 465 mit Teflondichtungen eingesetzt. Sie hat sich in der Harzproduktion bereits mehrfach bestens bewährt. Eine Formdichtung aus Teflon hat bei diesem Prozess zwei große Vorteile: Teflon verklebt nicht, und die Formdichtung ermöglicht eine totraumfreie Abdichtung, was für die zuverlässige Funktion gerade bei stark viskosen und klebrigen Medien ausschlaggebend ist. Die Steuerung der Reinigungs- und Kalibrierabläufe wie auch die Messwertverarbeitung erfolgt über das TopCal S. Abbildung 2 zeigt den einfachen Aufbau des Systems zur Lösung dieser komplexen Messaufgabe.
Auf die Applikationzugeschnitten
Um an Elektrodenschaft und Elektrode anhaftendes Harz vor dem Zurückfahren des Elektrodenschafts zu entfernen, werden diese über den Sprühflansch vorgereinigt. Dazu wird über diesen Sprühflansch zuerst Luft und dann heißes Wasser unter Druck eingespült. Die Messkammer, hier besser Vorspülkammer, ist natürlich während dieser Zeit vom Prozess abgetrennt. Erst nach diesem Reinigungsprozess wird die Elektrode aus der Messkammer in die Spülkammer der Armatur zurückgefahren. Dies schont die Dichtungen. Ein Verbacken der Elektrodenführung durch abgekühltes Harz wird außerdem zuverlässig verhindert. Die Wechselarmatur kann dadurch nahezu wartungsfrei eingesetzt werden. Erst mit diesem speziellen Armaturenhandling wird der Einsatz einer kontinuierlichen pH-Messung in der Harzproduktion möglich.
Aber auch die Flexibilität des TopCal S in Bezug auf die Anbindung an das Prozessleitsystem und die Möglichkeit, Reinigungsabläufe völlig frei zu definieren, haben zur erfolgreichen Realisierung beigetragen. Die Reinigung und Kalibrierung wird über binäre Eingänge vom Prozessleitsystem aus gestartet. Eine schnelle Vorortkalibrierung oder Messung kann über Tasten am Gerät ausgelöst werden.
Reinigungsablauf
Der Standardreinigungsvorgang wird mit einem Startbit (1) vom Prozessleitsystem ausgelöst. Damit wird die Vorreinigung (2) in der Messkammer gestartet. Zeitverzögert fährt die Armatur anschließend aus dem Prozess (3) in die Spülkammer der Armatur, wo die eigentliche Reinigung und Kalibrierung (4) erfolgt. Nach der Kalibrierung bleibt die Elektrode in einer wässrigen Lösung geschützt in der Spülkammer stehen (5), bis das Signal zum Messen des nächsten Batches gesetzt wird (6) und die Elektrode wieder in den Prozess einfährt.
Die Messstelle amortisiert sich in dieser Anwendung schon innerhalb weniger Monate. Die Einsparungen durch Senkung des Ausschusses und der dadurch notwendigen Reinigungskosten sind enorm. Durch die Steigerung der Qualität und der Zuverlässigkeit in der Produktherstellung konnte die Position als Lieferant im Markt gefestigt und ausgebaut werden.
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