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Hohe Temperaturen kein Problem

Messtechnik für extreme Prozessbedingungen
Hohe Temperaturen kein Problem

In der Petrochemie sind Prozesse bei Temperaturen bis 300 °C keine Seltenheit. Für diese extremen Bedingungen werden in der chemischen Zulieferindustrie auch heute noch, neben den standardisierten mechanischen Verfahren, überwiegend klassische Messprinzipien, wie zum Beispiel Durchflussmessung mit Blenden und Füllstandmessungen mit Differenzdruck oder Verdränger, eingesetzt. Einzug halten jedoch auch bewährte Messverfahren wie Radar, TDR, Coriolis und Vortex.

Wolfgang Lubcke

Zur Erfassung der prozessrelevanten Parameter in Petrochemieanlagen wie zum Beispiel Füllstand, Durchfluss und Druck, werden meistens noch klassische, häufig auch mechanische Messprinzipien eingesetzt. Dabei sind die Anlagenbetreiber bestrebt, die Vielzahl der Parameter mit möglichst wenigen Messsystemen zu erfassen. Als Beispiel seien hier die Differenzdrucktransmitter erwähnt, die zur Durchfluss-, Füllstand- und zur eigentlichen Druckmessung eingesetzt werden. Trotz Transparenz und Standardisierung sind mechanische Verfahren, wie Verdränger, Schwimmer oder Ovalradzähler, jedoch wartungsintensiv und haben eine hohe Verschleißrate. Außerdem sind diese Messprinzipien in Bezug auf die Messgenauigkeit zum Teil von der Dichte und Temperatur des Mediums abhängig.
Weiterentwicklung von Sensoren
Um die bewährten Technologien – wie zum Beispiel Vibrationsmessprinzip, Coriolis-Massemessung, Vortex und Radar/TDR (Time domain reflectrometry) – auch für den Hochtemperatur- und Hochdruckbereich auszulegen, ist eine Weiterentwicklung und Adaptierung der Sensoren und Messumformer unumgänglich. Für diese Anpassungen ist viel technisches Know-how erforderlich, denn sie beginnen bei der Auswahl der Sensormaterialien, gehen über den Einsatz von optimierten Druckmittlerflüssigkeiten mit niedrigem Temperaturkoeffizienten bis hin zur elektrischen Verbindungstechnik. Diese stellt im Hochtemperaturbereich die eigentliche Herausforderung für die Zuverlässigkeit der Feldgeräte dar.
Klassik kontra Hightech
Ein modernes Coriolis-Durchflussmessgerät erfasst, neben dem Massedurchfluss, gleichzeitig folgende Medienparameter: Dichte, Temperatur, Volumen, Konzentration und die Viskosität. Diese vielfältigen Informationen können beispielsweise mit herkömmlichen Staudrucksonden oder Blendenmessgeräten nicht gewonnen werden. Daher muss bei einem direkten Kostenvergleich zwischen Coriolis-Massemessgeräten und klassischen, volumetrischen Verfahren der Nutzen dieser zusätzlichen Prozessführungsgrößen berücksichtigt werden. Die Hochtemperaturvariante der Coriolis-Familie steht in kompakter Bauform (DN 25 / 50 / 80) zur Verfügung und kann bis zu Temperaturen von 350 °C eingesetzt werden. Messrohrmaterialien wie Alloy C-22 und ein Temperaturdistanzstück zwischen Sensor und Elektronik gewährleisten den sicheren Einsatz bei diesen hohen Temperaturen.
Kapazitive DSC-Sensoren (Differential Switched Capacitance) bilden das Herzstück der Wirbeldurchflussmessgeräte (bis 400 °C). Der komplette Sensor besteht ausschließlich aus Edelstahl und hat so – gegenüber Sensoren mit Piezokristallen – keinerlei temperaturempfindliche Teile. Für den Vorverstärker, der am nächsten am Prozess liegt, werden spezifizierte Bauteile eingesetzt, die bei Temperaturen von bis zu 125 °C betrieben werden können. Vor allem bei Dampfanwendungen treten hohe Temperaturen meist im Zusammenhang mit hohen Drücken auf. Für diese Messstellen werden die mediumsberührten, drucktragenden Teile des Sensors aus Inconel, einem Werkstoff aus der Raumfahrttechnik, hergestellt. Neben dem Volumenstrom erfassen die Wirbelzähler mit integrierter Temperaturmessung auch den Masse- und Normvolumenstrom.
Spezielle Druckmittlersysteme
Bei Druck- oder Differenzdrucksensoren werden spezielle hochtemperaturtaugliche Druckmittleröle mit geringen Ausdehnungskoeffizienten eingesetzt. Da bei hohen Temperaturen bis zu 350 °C die Dichtung häufig die kritische Schwachstelle ist, wird diese voll verschweißt. Die prozessberührten Materialien erfüllen alle Anforderungen an die Korrosionsbeständigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen die Spannungsrisskorrosion bei Sauergasanwendungen. Differenzdruckmesssysteme aus speziellen Materialien, wie 15Mo3, die nach dem Wirkdruckverfahren arbeiten, werden vorkonfektioniert und einbaufertig für Durchflussanwendungen im Hochtemperaturbereich eingesetzt.
Das Vibrationsmessprinzip hat sich in fast allen Industriebereichen etabliert. Für den Einsatz bei hohen Dauertemperaturen bis 280 °C wurden folgende Modifikationen technologisch umgesetzt:
  • Für den Antrieb der Schwinggabel wird ein spezielles Piezo-Material eingesetzt. Die Adern der elektrischen Verbindung zum Antrieb sind in das Piezo-Material eingebacken.
  • Duplex-Stahl hat sich bei einer Belastung von 64 bar und 280 °C als gut geeignet erwiesen. Er verfügt über einen kleinen Ausdehnungskoeffizienten und eine hohe mechanische Belastbarkeit.
  • Für den notwendigen Abstand der Elektronik zum Prozess sorgt ein Temperaturdistanzstück, dessen gesamtes Innenrohr als druckgekapselter Raum ausgeführt ist.
Mit Radar ans Werk
Die berührungslose Radar-Technologie zeichnet sich vor allem durch die Unabhängigkeit von den vorherrschenden Prozessbedingungen aus. Heute kann mit den frei abgestrahlten, elektromagnetischen Wellen die kontinuierliche Erfassung der Füllstände von Flüssigkeiten in einem Temperaturbereich von –60 bis +400 °C bei Drücken von 0 bis 160 bar realisiert werden. Bei der Hochtemperaturvariante des Radarsensors ist die Hochfrequenzeinkopplung in der Antenne aus Keramik (Al2O3) und mit einer Graphitpackung abgedichtet; die weiteren Teile des Sensors sind aus hochwertigem Stahl gefertigt.
Eine zweite Version der Radartechnologie sind die an einem Stab geführten elektromagnetischen Impulse zur kontinuierlichen Füllstandsmessung von Flüssigkeiten bei höchsten Drücken bis 400 bar und Temperaturen von -60 bis +400 °C. In der Petrochemie kommen häufig Messstellen in Messkammern vor. Das praktisch wartungsfreie TDR bietet hier mit der Stabsonde sehr gute Voraussetzungen und gewährleistet eine zuverlässige Messung bis zum obersten Bereich der Kammer.
In Applikationen, wo extrem hohe Temperaturen und Drücke vorherrschen, oder wo für die Messtechnik keine zusätzlichen Prozessanschlüsse vorhanden sind, liegt das Haupteinsatzgebiet der Radiometrie. Die Gammastrahlen werden zur Erfassung von Füllständen immer dann eingesetzt, wenn andere Messverfahren, selbst in Hochtemperaturausführung, nicht mehr zufriedenstellend arbeiten. Das Messsystem detektiert Füllstände absolut berührungslos von außen durch die Behälterwand hindurch.
Thermoelemente für den Hochtemperaturbereich sind mit einem Metall- oder Keramik-Schutzrohr ausgestattet und gewährleisten so, auch bei extremen Prozessbedingungen, eine optimierte Standzeit. Die metallische Ummantelung wird je nach Temperatur aus Sonderlegierungen oder Stählen der Serien AISI 310, AISI 446 oder Inconel 600 (bis 1100 °C) gefertigt. Bei Temperaturbereichen über 1100 °C und bei im Medium vorhandenen Gasen, die die Thermoelemente verunreinigen könnten, kommen keramische Ummantelungen (KER530, KER610, KER710) zum Einsatz. Durch das Schutzrohr ist das Thermoelement optimal geschützt und der Austausch oder die Prüfung des Messeinsatzes ist ohne eine Unterbrechung des Betriebes möglich. Feldtransmitter mit redundanten Signaleingängen gewährleisten auch beim Ausfall eines Thermoelements weiterhin die Verfügbarkeit der Messstelle.
Redundante Prozessabdichtung
Durchfluss-, Druck-, Grenzstand-, Füllstand- und Temperaturmessstellen für den Hochtemperatur- und Hochdruckbereich haben in der Regel eine redundante Prozessabdichtung, um im Störfall den Austritt von Medium zu verhindern. Beispiele dafür sind gas- und druckdichte Kabeldurchführungen oder zusätzliche Schutzbehälter. Neben diesen Sicherheitsaspekten stehen bei der Entscheidung Klassik kontra Hightec immer mehr auch wirtschaftliche Faktoren im Fokus. Die inzwischen bewährten Hightec-Messprinzipien bieten deutliche Kostenvorteile nicht nur bei der Beschaffung, sondern gerade im laufenden Betrieb, da die regelmäßigen Wartungszyklen im Vergleich zu mechanischen Verfahren erheblich verlängert werden können.
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